Deutsch-niederländische Studie zur atmosphärischen Stickstoff-Belastung von Mooren übergeben
Hochmoore sind wertvolle und gleichzeitig sehr empfindliche Ökosysteme. Daher gelten sie als besonders schützenswert. Wie stark Moore im deutsch-niederländischen Grenzgebiet durch den Stickstoffeintrag aus der Luft belastet werden, hat ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Thünen-Instituts in einem zweijährigen Projekt untersucht. Die Ergebnisse wurden jetzt den politischen Verantwortlichen im Landkreis Emsland und der niederländischen Provinz Drenthe übergeben. Sie sind überregional bedeutsam.
Stickstoff ist ein Pflanzennährstoff, der sowohl über die Wurzeln als auch direkt aus der Luft über das Blatt aufgenommen wird und das Pflanzenwachstum anregt. In empfindlichen Ökosystemen wie Mooren kann er aber schnell zum Schadstoff werden. Übermäßige Stickstoff-Einträge führen dort zu Nährstoff-Ungleichgewichten und machen Pflanzen anfälliger gegen Schädlinge und Frost, was auch zu einem Verlust an biologischer Vielfalt führen kann. Gerade die Stickstoffverbindungen Ammoniak (NH3) und sein Reaktionsprodukt Ammonium (NH4+) stehen hier im Fokus.
Ammoniak-Emissionen stammen aus der Landwirtschaft, vor allem aus der intensiven Tierhaltung, bei der viel Wirtschaftsdünger (Gülle, Mist) anfällt. „Stickstoff, der als Ammoniak aus den Ställen oder beim Düngen entweicht, wird in der Luft verfrachtet und kommt dann oft an der falschen Stelle wieder runter“, sagt Christian Brümmer, Wissenschaftler am Braunschweiger Thünen-Institut für Agrarklimaschutz. Und so kommt es im Untersuchungs-gebiet, das sich durch eine hohe Viehdichte auszeichnet, zu einem strukturellen Zielkonflikt zwischen Landwirtschaft und Naturschutz. Denn hier liegen die Moore des internationalen Naturparks Bourtanger Moor – Bargerveen. Die Schwelle der Stickstoffbelastung, bei deren Überschreitung eine Schädigung nicht ausgeschlossen werden kann (der sogenannte Critical Load), wird vom Umweltbundesamt für das Bourtanger Moor mit 5 kg Stickstoff-Eintrag pro Hektar und Jahr angegeben.
Moorschützer waren alarmiert, weil nach bisherigen Schätzungen sogar rund 35 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr auf die Flächen niedergehen sollten. Doch verlässliche Daten gab es nicht. Daher wurde das deutsch-niederländische Konsortium aus Landwirtschaftskammer Niedersachen, dem niederländischen Forschungsinstitut Alterra und dem Braunschweiger Thünen-Institut beauftragt, belastbare Werte zu ermitteln. Bei der Übergabe der Studie stellte Miriam Hurkuck, Doktorandin am Thünen-Institut, zwei Messverfahren1 vor, mit denen sie den Stickstoff-Eintrag in das geschützte Rühler Moor unabhängig voneinander bestimmt hatte. Beide Verfahren ergaben einen durchschnittlichen Eintrag von 25 kg Stickstoff pro Hektar und Jahr – zwar weniger als bislang geschätzt, aber immer noch eine fünffache Überschreitung der angegebenen Schädigungsgrenze. Dieser Wert wurde von anderen Arbeitsgruppen im Konsortium bestätigt. Je nach Methode und Standort schwankten die Ergebnisse zwischen 15 und 36 kg pro Hektar und Jahr. Doch nicht nur die Belastung, auch Lösungsansätze wie Abluftfilter in Ställen und geeignete Ausbringungsmethoden von Gülle wurden in der Studie aufgezeigt.
Luftverschmutzung kennt weder Kreis- noch Ländergrenzen. Deshalb ist es wichtig, dass es auch künftig länderübergreifende Forschungs- und Lösungsansätze geben wird. Das gilt für die Politik wie für die Wissenschaft: Der Landrat des Kreises Emsland, Reinhard Winter, wünschte sich bei der Übergabe der Studie, dass der Kreis in seiner Suche nach einvernehmlichen Lösungen Modellcharakter für andere Regionen haben könnte. Die Wissenschaftler des Thünen-Instituts werden ihre Untersuchungen auch nach Abschluss des Projekts fortsetzen und auch weiter mit Alterra und der Landwirtschaftskammer Niedersachsen kooperieren.
Weitere Informationen
1Mit dem sog. KAPS-Denuder-Verfahren wurde die Konzentration verschiedener Stickstoff-Verbindungen kontinuierlich gemessen. Mit Hilfe von mikrometeorologischen Messungen konnte darauf aufbauend dann der Eintrag berechnet werden. Das zweite Verfahren (ITNI) nutzt das stabile Stickstoff-Isotop 15N, das in der Natur kaum vorkommt. Werden Pflanzen während der Anzucht verstärkt mit 15N gedüngt und dann im Gelände exponiert, so kann aus der Verdünnung des 15N die Gesamtdeposition bestimmt werden.