Für die Teilnehmer des zweitägigen Symposiums zur Nutzung mariner Ressourcen aus der Umgebung von Offshore-Windparks im Thünen-Institut für Seefischerei hatten sich die Organisatorinnen Antje Gimpel und Vanessa Stelzenmüller gemeinsam mit Kollegen vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) etwas Besonderes einfallen lassen: Zum Abschluss des ersten Konferenztages versammelten sie die internationalen Wissenschaftler und weitere geladene Gäste in der Showküche des Seefischkochstudios Bremerhaven.
Hier krempelten Institutsleiter Gerd Kraus und Matthias Keller, Geschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels, die Hemdsärmel hoch und griffen höchstpersönlich zu Kochschürze und Filetiermesser. Unter fachkundiger Anleitung von Kochprofi Ralf Harms verwandelten sie vor den Augen ihres Publikums Fisch und Meeresfrüchte in raffinierte Gaumenfreuden. Die Hauptrolle spielten dabei neben dem Kabeljau Arten, die bisher eher selten auf dem Teller landen: Taschenkrebs, Miesmuschel und europäische Auster. Diese standen auch im Mittelpunkt von Vorträgen, Posterpräsentationen und Diskussionen der Symposiumsteilnehmer aus Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Großbritannien und den USA.
Angesichts des zunehmenden Ausbaus von Offshore-Windkraftanlagen in der Nordsee beschäftigen sich die Wissenschaftler schon seit einigen Jahren mit Forschungsfragen wie diesen: Welchen Einfluss hat das Einbringen künstlicher Strukturen auf marine Ökosysteme? Können die Windparks Taschenkrebs, Miesmuschel, Kabeljau und Co. langfristig eine neue Heimat bieten? Eignen sich die Randgebiete der Parks für verschiedene Formen der Aquakultur? Wie können erfolgreiche Strategien zum Schutz der Ressourcen, zu deren nachhaltiger Nutzung und Vermarktung aussehen?
Kabeljau und Taschenkrebs fühlen sich wohl im Windpark
Nun trugen die Wissenschaftler in Bremerhaven erstmals die bisher gewonnenen Erkenntnisse zusammen. So zeigten erste Forschungsergebnisse, dass der Kabeljau sich in den Gebieten aufhält, die für die Fischerei gesperrt sind. Ob er die Fläche zwischen den Windturbinen auch als Laichgebiet annimmt, soll zeitnah geklärt werden.
Der Taschenkrebs hat sich ebenfalls in Offshore-Windparks in der Nordsee angesiedelt, und die Tiere scheinen sich hier wohl zu fühlen. Sollten sich Fische und Krustentiere in den geschützten Gebieten der Parks überdurchschnittlich gut vermehren und anschließend in die Umgebung abwandern, würde davon auch die Fischerei profitieren. Eine weitere mögliche Nutzung der unmittelbaren Umgebung der Parks könnte auf lange Sicht auch marine Aquakultur beinhalten. Die Forscher gehen davon aus, dass beispielsweise Austern und Miesmuscheln hier gute Wachstumsbedingungen vorfinden.
Sind die wissenschaftlichen Grundlagen erst einmal gelegt, geht es im nächsten Schritt vor allem darum, den konstruktiven Dialog zwischen Windparkbetreibern, Fischerei und Politik zu fördern. Aus diesem können für die Zukunft tragfähige Konzepte einer ökosystemverträglichen und für alle Beteiligten nutzbringenden Kooperation erarbeitet werden.
Angeregte Diskussion mit Interessenvertretern
Im Rahmen des Symposiums fand auch ein Workshop mit Interessenvertretern aus Fischerei, Handel, Gastronomie, Verwaltung, Verbänden und der Offshore-Windenergie statt. Gemeinsam mit den Wissenschaftlern von Thünen-Institut und AWI beleuchteten sie neue Wege einer integrierten Meeresraumnutzung und diskutierten über Chancen und Risiken der Vermarktung fischereilicher Ressourcen aus der Umgebung von Windparks.
Die Veranstaltung war Teil des Projekts „Offshore-Windparks im Kontext ökosystembasierter Raumplanung und Nutzung“, das Wissenschaftler des Thünen-Instituts für Seefischerei gemeinsam mit Kollegen des AWI und dem Windparkbetreiber WindMW bearbeiten. Gefördert wird es durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).