Dossier
Aktuelle Trends der deutschen Ökobranche
Heike Kuhnert | 13.03.2023
Die ökologische Lebensmittelwirtschaft in Deutschland hat in den letzten Jahrzehnten ein stetiges Wachstum erlebt. Für das Jahr 2022 hat die erfolgsverwöhnte Branche erstmals einen Umsatzrückgang zu verzeichnen.
Im Jahr 2022 wirtschaftete in Deutschland jeder siebte Landwirtschaftsbetrieb ökologisch, insgesamt 36.548 Ökobetriebe. Dies entspricht einem Anteil an allen deutschen Betrieben von etwa 14 %. Die ökologisch bewirtschaftete landwirtschaftliche Fläche umfasst inzwischen etwas mehr als 1,86 Millionen Hektar, anteilig gut 11 %. Gegenüber 2021 wuchs die ökologisch bewirtschaftete Fläche um knapp 4 %.
Das Marktvolumen von Biolebensmitteln liegt 2022 bei 15,3 Milliarden Euro und damit knapp 4 % unter dem von 2021. Es umfasst die Umsätze im Lebensmitteleinzelhandel, im Naturkosteinzelhandel und in sonstigen Einkaufsstätten, zu denen unter anderem Drogeriemärkte, Reformhäuser, Hofläden und Handwerksbetriebe wie Bäckereien gehören. Der Außer-Haus-Verzehr ist nicht inbegriffen. Zu bedenken ist, dass der Ökomarkt zu den Gewinnern der Corona-Pandemie gehörte. So herum betrachtet ist es durchaus ein Erfolg, dass die Zugewinne aus den beiden Vorjahren weitgehend gehalten werden konnten.
Große Lücke zwischen Status quo und politischen Zielen
Aus den aktuellen Zahlen wird deutlich: Trotz stetigen Wachstums ist die Branche Anfang des Jahres 2023 noch weit von den ambitionierten Zielen der Bundesregierung entfernt: Bis 2030 soll sich der ökologische Landbau auf 30 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche erstrecken und der Anteil regionaler und ökologischer Erzeugnisse am Warenangebot für den Endverbraucher entsprechend erhöhen.
Vor diesem Hintergrund stellen sich Fragen: Welches Wachstumspotenzial steckt noch im ökologischen Landbau? Was müsste sich ändern, damit die ökologische Lebensmittelwirtschaft in Deutschland weiter und deutlich stärker in Richtung der politischen Ziele wächst? Welche Bedeutung hat dabei die Entwicklung der ökologischen Erzeugung in europäischen Nachbarländern und weltweit? Ist die ökologische Wirtschaftsweise in Deutschland wettbewerbsfähig?
Antworten für mehr Wachstum finden
Um diese Fragen zu beantworten, werten wir regelmäßig die verfügbaren Branchendaten aus. Darüber hinaus untersuchen wir spezifische Aspekte der bisherigen Entwicklung des Ökolandbaus, beispielsweise den Umfang und die Gründe einer Rückkehr zur konventionellen Bewirtschaftung oder die agrarstrukturellen Veränderungen im ökologischen Landbau insgesamt und auf einzelbetrieblicher Ebene.
Unsere Analysen zeigen: Die Entwicklung wird in einem erheblichen Maß von der politischen Förderung der ökologischen Wirtschaftsweise und der Nachfrage nach Biolebensmitteln beeinflusst. Ebenso spielen andere Faktoren, wie die Preisentwicklung für konventionelle Erzeugnisse oder die Förderpolitik für erneuerbare Energieträger, eine entscheidende Rolle. Eine weitere substantielle Ausdehnung des ökologischen Landbaus in Deutschland und Europa wird ohne eine kohärente Politik für die Agrar- und Lebensmittelwirtschaft nur schwer zu erreichen sein – es gilt nachzusteuern und neue Wege zu erarbeiten.