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Expertise

Aufgemischt: Die genetische Vielfalt der Buche

Pascal Eusemann | 26.01.2023


FG Institut für Forstgenetik

Genetische Vielfalt ist die Voraussetzung für die Anpassung an den Klimawandel. Insbesondere in bewirtschafteten Wäldern ist es unverzichtbar, zu verstehen, wie sie erhalten und gefördert werden kann.

Die Buche ist einer der wichtigsten Bäume für die Wälder in Deutschland. Unter den Laubbäumen ist sie sowohl wirtschaftlich als auch ökologisch unsere wichtigste Baumart. Das liegt daran, dass sie fast überall in Deutschland vorkommt und natürlicherweise in den meisten Gegenden die Hauptbaumart stellen würde. Entsprechend hoch ist auch das Interesse daran, die Biologie der Art zu verstehen und zu untersuchen, wie stark der Mensch in seiner langen Nutzung Einfluss auf die Buchenwälder in Deutschland genommen hat.

Die genetische Vielfalt spielt hierbei eine wichtige Rolle, da sie die Grundlage für die Anpassung an Änderungen der Umweltbedingungen darstellt. Das ist insbesondere für Baumarten wichtig, die überwiegend natürlich verjüngt werden, bei denen also die nächste Waldgeneration nicht neu gepflanzt, sondern durch die Altbäume der aktuellen Generation produziert wird. Bei dieser Verjüngungsart kann ein Verlust an genetischer Vielfalt zur Verschlechterung der Anpassungsfähigkeit in Folgegenerationen führen. Die Buche wird in Deutschland fast ausschließlich natürlich verjüngt, daher ist eine Untersuchung ihrer genetischen Vielfalt sowie der Prozesse, wie diese von einer Generation auf die nächste übertragen wird, von großem Interesse.

Zunächst ist es wichtig zu verstehen, wie die Vielfalt innerhalb eines Buchenbestandes von einer Generation auf die nächste übertragen wird. Die Buche ist windbestäubt, der Pollen eines Baumes könnte also durch den Wind über weite Strecken auf weit entfernte Bäume übertragen werden. Gleichzeitig besitzt sie mit den Bucheckern schwere Samen, die sich aufgrund ihres Gewichts nicht weit von ihren Elternbäumen entfernt ausbreiten.

In vergleichenden Untersuchungen zeigte sich, dass die Bucheckern überwiegend im Umkreis von nur 5-15 Meter um ihren Elternbaum herum ausgebreitet werden. Mit nur etwa 20 Metern fliegt auch der Großteil des Pollens in den für die Buche typischen dichten Wäldern mit geschlossener Kronendecke nicht viel weiter. Natürlich verbreiten sich die Bucheckern und der Pollen zu kleineren Teilen auch deutlich weiter um ihren Elternbaum herum, der Pollen kann unter günstigen Bedingungen sogar kilometerweit fliegen. Hierdurch entstehen bei natürlicher Entwicklung und naturnaher Bewirtschaftung typische genetische Strukturen, bei denen sich lokale Populationen in ihrer genetischen Zusammensetzung deutlich voneinander unterscheiden, aber dennoch auch über größere Distanzen hinweg in genetischem Austausch bleiben. So kann sich die Art an lokale Umweltbedingungen anpassen, während gleichzeitig verhindert wird, dass sie über ihr europaweites Verbreitungsgebiet hinweg in verschiedene Lokalformen zerfällt.

Interessant ist, dass in einem einzelnen Jahr offenbar jeweils nur ein kleiner Teil der Bäume an der Vermehrung beteiligt ist. Im Durchschnitt kann in der Naturverjüngung lediglich etwa ein Drittel der Altbäume als Eltern nachgewiesen werden. In den bisherigen Untersuchungen stammen die untersuchten Jungpflanzen allerdings vermutlich aus nur einem einzigen bis sehr wenigen Jahren. Es bleibt daher eine spannende Frage für künftige Forschungen, zu klären ob die an der Reproduktion beteiligten Eltern in unterschiedlichen Jahren dieselben bleiben oder wechseln.

Durch diese grundlegenden Eigenschaften der Reproduktionsbiologie haben menschliche Nutzung und Eingriffe unmittelbare Auswirkungen auf die genetische Vielfalt in Buchenwäldern.

Buchenwälder werden traditionell meist natürlich verjüngt. In natürlich verjüngten Wäldern hängt die genetische Vielfalt insbesondere mit der Anzahl für die Verjüngung verwendeter Samenbäume zusammen. Je größer die Anzahl der beteiligten Elternbäume, desto höher ist auch die genetische Vielfalt in der nachfolgenden Generation. Aus genetischer Sicht ist in bewirtschafteten Wäldern daher eine Art der Nutzung vorteilhalft, bei der immer nur wenige Bäume auf einmal entnommen werden. Die entstehenden Lücken werden dann durch Nachkommen aus dem verbleibenden Bestand aufgefüllt. Durch die langen Zeiträume der Nutzung wird so auch ausgeglichen, dass sich in einem einzelnen Jahr nur ein Bruchteil der Bäume an der Verjüngung beteiligt.

Im Zuge des Waldumbaus allerdings werden großflächig Nadelholzwälder in klimastabilere Mischwälder umgewandelt. In diesen spielt die Buche oft eine bedeutende Rolle. Diese neuen Buchenwälder müssen dabei durch Pflanzung oder Saat neu geschaffen werden. Entgegen vielleicht verbreiteter Meinung, ist die genetische Vielfalt in solchen künstlich begründeten Beständen häufig sehr hoch. Das liegt daran, dass bei der Saatgutgewinnung bei Buchen nicht einzelne Bäume beerntet werden, sondern die Bucheckern mit Netzen aufgefangen werden, wenn sie zu Boden fallen. Hierdurch gehen Bucheckern von zahlreichen verschiedenen Elternbäumen in das gewonnene Saatgut ein. Wird dann für die Pflanzung in einem neuen Bestand noch Saatgut aus unterschiedlichen Erntebeständen verwendet, entsteht ein Bestand mit höherer genetischer Vielfalt, als sie in einem natürlich verjüngten Bestand vorkommen könnte.

Die genetische Vielfalt in natürlichen und naturnah bewirtschafteten Beständen stellt immer auch eine Anpassung an den jeweiligen Standort und seine Umweltbedingungen dar. Dies ist bei einem gepflanzten Bestand in der ersten Generation noch nicht im selben Maß der Fall. Hier muss der Anpassungsprozess erst noch stattfinden. Daher ist gerade bei der Pflanzung oder Saat neuer Bestände eine hohe genetische Vielfalt Grundvoraussetzung dafür, dass aus den jungen Buchen durch natürliche Selektion jene ausgelesen werden können, die an die Umweltbedingungen am neuen Standort am besten angepasst sind.

Wenn ein solcher neuer Bestand sich in der Folge natürlich weiterverjüngt, wird dieser erste Anpassungsschritt fortgeführt und die genetische Vielfalt wird sich an Wälder angleichen, die sich schon seit mehreren Generationen natürlich verjüngen. Dabei kann sie im Vergleich zum erstmalig gepflanzten Bestand durchaus abnehmen, stellt im Gegensatz zu diesem aber eine an den lokalen Standort angepasste Vielfalt dar.


Projekte

GenMon

Einrichtung eines Genetischen Monitorings für Buche und Fichte in Deutschland zur Bewertung der genetischen Anpassungsfähigkeit der Baumarten gegenüber Umweltveränderungen

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