Der Dorschbestand der östlichen Ostsee bereitet Wissenschaft und Fischerei seit Jahren großes Kopfzerbrechen. Da sichere Daten zu Wachstum, Alter und Vermischung fehlen, sind die Einschätzungen zum Zustand des Bestandes unklar. Diese Unsicherheit kann jetzt überwunden werden. Finanziert durch die schwedische Stiftung BalticSea2020, hat dieses Jahr das internationale Dorschmarkierungsprojekt „Tagging Baltic Cod (TABACOD)“ begonnen. Das Projektvolumen beträgt ca. 2,7 Mio €, davon gehen knapp 500.000 € an das Thünen-Institut für Ostseefischerei. Ende April fand nun in Rostock das erste Projekttreffen mit den Partnern der anderen drei Forschungsinstitute statt: dem dänischen DTU-Aqua in Kopenhagen, der schwedischen Universität für Agrarwissenschaften (SLU) mit dem Fischereiforschungslabor in Lysekil, und dem polnischen Nationalen Fischereiforschungsinstitut in Gdynia. In diesem Rahmen konnten die Gäste im Labor und im Rahmen einer Exkursion nach Fehmarn das Taggen von Dorschen lernen und dabei von unserer Erfahrung bei der Markierung von Westdorsch profitieren. Das Institut für Ostseefischerei führt diese Versuche schon seit Herbst 2014 durch.
In den kommenden vier Jahren wollen die Projektpartner 18.000 lebende Dorsche in der östlichen Ostsee fangen, markieren und wieder freisetzen. Für den Fang und die Ablieferung jedes ganzen Dorsches ist eine Belohnung von 20 € ausgesetzt. Die Fische sind äußerlich mit einer Farbmarke versehen, damit Fischer und Angler die Tiere erkennen können. Zusätzlich wird den Tieren ein Farbstoff injiziert, der in den Gehörsteinen einen tag-genauen Ring hinterlässt. Anhand des Farbringes können die Fischereibiologen dann das Alter der Fische untersuchen. 1000 weitere Tiere werden mit Datenspeicher-Tags markiert, die zusätzlich kontinuierlich die Temperatur und Wassertiefe aufnehmen. Für die Ablieferung von Fischen mit diesen Sensoren (markiert durch zwei Farbmarken) wird eine Belohnung von sogar 100 € bezahlt.
Hauptziele von TABACOD sind die Erforschung von Wachstum, Verteilung und Alter der Dorsche. Dafür werden Zuwachs, Fangort und Ringbildungsmuster in den Gehörsteinen zwischen Aussetzen und Wiederfang jedes Fisches untersucht. Dies liefert hoffentlich bald die vom Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES) in Kopenhagen dringend benötigten Daten, um beim Ostdorsch zu einer analytischen Bestandsberechnung zurückkehren zu können.
An Bord des deutschen Forschungsschiffes SOLEA wurden Ende März in der südlichen Arkonasee die ersten 1000 Dorsche markiert; es gibt bereits 4 Wiederfänge: zwei von polnischen, einer von einem deutschen und einer von einem schwedischen Fischer. Auch Dänemark hat mittlerweile die ersten 800 markierten Dorsche in der Bornholmsee ausgesetzt. Gespannt warten die Wissenschaftler auf die Wiederfänge der Fischer und Angler. Je mehr ganze Dorsche gefangen und an die Institute gemeldet werden, umso besser fallen die Ergebnisse aus.
Im Rahmen von TABACOD werden im September eine Doktorandin und ein Technischer Assistent ihre Arbeit am Thünen-Institut beginnen. Leiter des deutschen Projektbeitrages ist Dr Uwe Krumme.
Weitere Informationen finden Sie unter