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Seetagebuch

Meteor, 185. Reise

Vom Thünen-Team (Klaus Wysujack, Marko Freese, Lasse Marohn, Jan-Dag Pohlmann, Tina Blancke, Reinhold Hanel)


FI Institut für Fischereiökologie

Dauer der Reise: 29. Oktober bis 27. November 2022

Fahrtgebiet: östlicher Nordatlantik; Hamburg ► Biskaya ► Iberische Halbinsel ► Straße von Gibraltar ► Mittelmeer ► Lissabon

Zweck der Reise: Untersuchungen zur Abundanz und Verteilung der Larven des Europäischen Aals

Fahrtleiter: Reinhold Hanel, Thünen-Institut für Fischereiökologie

Im Fokus dieser Forschungsfahrt steht die Abundanz und Verteilung der Larven des Europäischen Aals (Weidenblatt- oder Leptocephalus-Larven) sowie die Struktur des pelagischen Nahrungsnetzes im Verbreitungsgebiet der ankommenden Larven, bevor diese ihre erste Metamorphose, die Umwandlung für ein Leben in Süß- und Brackwassergebieten, vollenden.

Proben gefangener Aal-Larven sollen auf verschiedene Parameter hin analysiert werden. Abgerundet wird das Forschungs-Portfolio durch

  • Untersuchungen zum marinen Kohlenstoffkreislauf,
  • die Erfassung mesopelagischer Fische dieser Region mittels DNA-Spuren im Wasser und vergleichenden Netzfängen,
  • die Aufnahme von Mikroplastik durch vertikal migrierende Fischarten und
  • evolutionsbiologische Anpassungen bestimmter mesopelagischer Arten.

Im Zentrum des Programms stehen Untersuchungen zur Häufigkeit und Verteilung von Larven des Europäischen Aals. Der Lebenszyklus der Art sieht es vor, dass die sogenannten Weidenblatt- oder Leptocephalus-Larven als Teil des marinen Planktons nach einer mehrjährigen transatlantischen Reise von ihrem Laichgebiet in der zentralen Sargassosee an den Kontinentalrändern Europas und Nordafrikas ankommen. Dort, am Rand der Schelfgebiete, beginnt die Umwandlung oder Metamorphose zum Glasaal.

Glasaale bilden ein Zwischenstadium im Leben der Aale. Sie wandern aus dem Meer in die Brack- und Süßwassergebiete Europas und Nordafrikas ein, wo sie bis zum Erreichen der Geschlechtsreife verbleiben. Anhand dieser Glasaal-Ankunft wurde der dramatische Einbruch des europäischen Aalbestands Ende der 1970er Jahre deutlich. Seit damals ist die Anzahl der jährlich ankommenden jungen Wanderfische um 90-99 % zurückgegangen. Die Ursachen für diese Entwicklung sind noch nicht vollständig verstanden, reichen aber von zu hohen Sterblichkeiten von Aalen in den Binnengewässern bis hin zu Veränderungen im Meer.

Das Thünen-Institut für Fischereiökologie unternimmt regelmäßig wissenschaftliche Expeditionen, um auch die größtenteils unbekannten Larvenphasen des Aals besser zu verstehen und ozeanische Einflussfaktoren zu analysieren. Neben den Untersuchungen zu den Aallarven und der restlichen Planktongemeinschaft sind für diese Fahrt unter anderem auch Untersuchungen zu Umwelt-DNA, Mikroplastik, dem Sehvermögen von Tiefseefischen sowie zum marinen Kohlenstoffkreislauf geplant.

++29.10.2022++ Alle Tests sind negativ, das Gepäck ist an Bord – die Reise kann beginnen

Nachdem die internationale wissenschaftliche Besatzung im Laufe des Samstags in Hamburg, nahe der Elbphilharmonie, an Bord des Forschungsschiffes angekommen ist und alle notwendigen Gesundheitstests durchgeführt wurden, beginnt nun die 185. Reise der „Meteor“ in den Atlantik.

Nach einer ruhigen abendlichen Fahrt die Elbe hinunter, durch die bunt beleuchtete Hamburger Hafenstadt, sind bald schon die ersten Wogen der Nordsee zu spüren. Die Expedition soll durch den Ärmelkanal in die Biskaya, entlang der iberischen Halbinsel bis durch die Straße von Gibraltar ins Mittelmeer führen.

In diesem Seetagebuch möchten wir Sie mitnehmen und unsere Erlebnisse und unser Leben an Bord mit Ihnen teilen.

++01.11.2022++ Ärmelkanal: Wind, Wetter und Wellen

Silvia Blum berichtet: Wie fühlt sich das an, das Leben an Bord eines Forschungsschiffes? Wie werden die Stationsarbeit und die Arbeit im Schichtdienst aussehen? Wird mein Magen der rauen Novembersee standhalten? Ich bin Studentin an der Uni Bremen und wissenschaftliche Assistentin am Thünen-Institut für Fischereiökologie. Das hier ist meine erste Forschungsfahrt auf einem Schiff wie „METEOR“, und vor unserer Abfahrt häuften sich bei mir die Fragen. Jetzt sind wir schon seit ein paar Tagen unterwegs und ich kann Euch, liebe Leser*innen, bereits einiges berichten.

Wir befinden uns gerade im Ärmelkanal, auf der Höhe von Brighton. Ich sitze im „Geolabor“ zwischen Labortischen, verschiedenen Bildschirmen, einer Kaffeemaschine und allen möglichen Gerätschaften, die wir schon am Sonntag aufgebaut und verzurrt haben. Auf dem Tisch liegen Rutschmatten, die verhindern sollen, dass uns beim Arbeiten alles davon rutscht. Im Moment gibt es noch keine Proben zu bearbeiten, denn wir befinden uns seit unserer Abfahrt im Transit, also auf dem Weg zu unserer ersten Forschungsstation.

Momentan wird das Geolabor also vor allem als Aufenthaltsraum genutzt, und das Arbeitsdeck, das man von hier aus betreten kann, dient als Terrasse (wenn die Wellen nicht zu hoch sind). Die letzten Tage stand dort meistens der Großteil unseres Teams versammelt, zum Kaffee trinken, kennenlernen, Windparks angucken. Heute allerdings sind alle Schotten dicht und das Arbeitsdeck gesperrt, denn wir nähern uns dem Atlantik und das Wetter wird schlechter. Die Wellen hier im Ärmelkanal messen um die 4 m Höhe und das wackelt dann schon ordentlich. Heute habe ich deshalb nur wenige der rund 25 Wissenschaftler*innen und Studierenden an Bord zu Gesicht bekommen. Man könnte meinen, die Seekrankheit habe die METEOR in ein Zombieschiff verwandelt…

++03.11.2022++ Atlantik: Jetzt rollt’s

Silvia Blum berichtet: Wetterbedingt können wir heute nicht wie geplant mit der Stationsarbeit beginnen. Gestern Nacht haben wir den Ärmelkanal endgültig passiert und unseren Kurs nach Südwest – in Richtung unserer ersten Stationen – geändert. Das hatte allerdings zur Folge, dass uns die Wellen jetzt nicht mehr von vorne, sondern von der Seite erwischen. METEOR rollt nun fleißig von rechts nach links (und mit ihr alles, was in unseren Kabinen nicht niet- und nagelfest ist).

Die gute Nachricht ist, dass sich inzwischen fast alle von ihrer Seekrankheit erholt haben. Auch Masken müssen wir nicht mehr tragen, nachdem wir die ersten fünf Tage auf See Covid-frei überstanden haben. Ich sehe also endlich wieder andere (meistens ziemlich müde) Gesichter. Die freie Zeit, die wir jetzt noch haben, verbringen wir mit Kreuzworträtseln, Karten spielen oder auf der Brücke, wo wir uns in die Grundlagen der Schifffahrt einführen lassen.

Einige von uns Studierenden arbeiten auch an ihren Bachelor- oder Masterarbeiten, oder wir „schlafen schon mal vor“. Heute Nacht soll es nämlich Wellenberge bis 6 m Höhe geben…

++11.11.2022++ „Auf Station!“ – Die Untersuchungen beginnen

An den ersten Stationen auf einem Nord-Süd-Transekt, entlang 6°12’W, wurden die für diese Reise wichtigen wissenschaftlichen Beprobungsgeräte getestet und erfolgreich eingesetzt. Seit ein paar Tagen haben wir gutes Wetter und ruhige See. Die Arbeiten entlang unserer geplanten Forschungsroute gehen nun zügig voran. Die Netzfänge mit einem Isaacs-Kidd Midwater Trawl (IKMT) zeigten ein weites Spektrum pelagischer Wirbelloser und auch einige, zumeist mit Leuchtorganen ausgestattete Fische. Ruderfußkrebse, Leuchtgarnelen, Flügelschnecken, Appendicularien und auch Staatsquallen prägen das Bild.

Ein am Schiffsrumpf montiertes Echolot wird während der Stationsarbeit eingesetzt, um Echo-Schichten zu detektieren, die von dichteren Ansammlungen von Fischen, Tintenfischen und Zooplankton-Organismen gebildet werden. War die Suche nach Leptocephalus-Larven des Europäischen Aals auf den ersten Stationen noch negativ, so fanden sich Exemplare der etwa 7 cm langen und durchsichtigen frühen Lebensstadien dieser rätselhaften Art doch bald in unseren Netzen und bestätigten damit ihre Fängigkeit. Flankierende Multinetzfänge und der erste Einsatz eines „Marine Snow Catchers“ für die Messung der Partikelsinkgeschwindigkeiten und Partikelgrößen des organischen „Meeresschnees“ (absinkende Überreste und Ausscheidungen mariner Organismen) lieferten erste Daten.

Für den Einsatz schallgebender Geräte wie des Echolots und des ADCP werden Walbeobachter*innen einen Sicherheitsabstand zu Meeressäugern gewährleisten. Zur Freude aller an Bord leisteten uns an zwei Stationen Delphine Gesellschaft, die neben dem Schiff Hornhechte an der Meeresoberfläche jagten. Trotz des zeitweise herausfordernden Wetters ist die Stimmung an Bord motiviert und gut. Wir freuen uns auf die weitere Reise.

++15.11.2022++ 24h-Stationen der internationalen Kooperationspartner

Bei der ersten 24-Stunden-Station kamen zwei Netztypen zum Einsatz: Mit dem Multinet nahmen wir Proben von Zooplankton und mit dem Mittelwasser-Schleppnetz Proben von Mikronekton (= kleine, aktiv schwimmende Meeresorganismen), und zwar zweimal am Tag und einmal in der Nacht. Auch die Sensoren wurden mehrmals am Tag und in der Nacht eingesetzt, um Veränderungen in der Tiefenverteilung der Organismen zu beobachten und die Kohlenstoffflüsse von der Meeresoberfläche in die Tiefsee zu messen.

Die tägliche vertikale Wanderung vieler Plankton-Organismen (u. a. Copepoden, Krill, Pteropoden) und kleiner Fische (u. a. Laternenfische) aus einer Tiefe von 300 bis 400 m während des Tages zur Meeresoberfläche in der Nacht ist die bei weitem größte Tierwanderung und Biomassenverschiebung auf unserem Planeten. Wenn diese Organismen nachts Mikroalgen an der Meeresoberfläche fressen und einen Teil der aufgenommenen Nahrung tagsüber in großen Tiefen als Kot ausscheiden oder als Kohlendioxid ausatmen, tragen sie zum Kohlenstofffluss in die Tiefsee bei und entziehen so dem direkten Austausch zwischen Atmosphäre und Ozean klimaschädliches Kohlendioxid. Diese biologische Kohlenstoffpumpe ist ein wichtiger Prozess, der dem Treibhauseffekt und der globalen Erwärmung entgegenwirkt.

++17.11.2022++ Gravitationsfluss

An der ersten von zwei 24-Stunden-Stationen (Station 14) wurden zum ersten Mal die Marine Snow Catcher (MSCs; Erfassungsgeräte für „Meeresschnee“) und der Red Camera Frame (RCF), bestückt mit einer Reihe von In-situ-Kameras, eingesetzt. Nachdem die erste Station wegen schlechten Wetters vom Golf von Biskaya verlegt worden war, setzte das SUMMER-Team diese Ausrüstung nordwestlich von Galicien ein. Marine Schneefänger bieten die Möglichkeit, absinkende organische Partikel in großen Wasservolumina zu erfassen. Die Bezeichnung „Meeresschnee“ für diese Partikel rührt von ihrer äußerlichen Ähnlichkeit zu Schneeflocken. Meeresschnee spielt eine große Rolle in der sogenannten Kohlenstoffpumpe beim Austausch von Kohlenstoff zwischen Atmosphäre und der Meerestiefe. Mit den MSCs lässt sich der Abwärtsfluss von Kohlenstoff bestimmen, also die Rate des sinkenden Materials in einem bestimmten Gebiet und in verschiedenen Tiefen der Wassersäule.

Der Red Camera Frame ist mit vier bildgebenden Kamerasystemen und mehreren Sensoren für die hydrografischen Bedingungen ausgestattet. Mit ihm können kontinuierliche Messungen in der gesamten Wassersäule durchgeführt werden. Durch die Kombination von MSC-Messungen mit neuartigen, hochmodernen Kamerasystemen auf dem RCF sind wir in der Lage, sinkende Partikel in sehr hoher Auflösung von der Oberfläche bis in 600 m Tiefe zu untersuchen.

Im Folgenden einige Beispielbilder, die die Kamerasysteme aufgenommen haben.

++18.11.2022++ Hydroakustische Strömungsmessungen

Die Strömungsgeschwindigkeiten im oberen Ozean (von der Meeresoberfläche bis in 1600 m Tiefe) wurden entlang der Fahrtroute mit einem auf dem Schiff montierten 38 kHz Acoustic Doppler Current Profiler (ADCP) gemessen und aufgezeichnet. Das Gerät ähnelt einem Sonar und nutzt den Dopplereffekt von Schallwellen, die von Partikeln in der Wassersäule zurückgestreut werden. Der Messwertgeber befand sich 5 m unter der Wasserlinie. Das Gerät wurde im Schmalbandmodus mit 16-m-Bins und einem Austast-Abstand von 16 m betrieben, während 100 Bins mit einem Impuls von 2,89 s aufgezeichnet wurden.

++ 19.11.2022++ Probenahme von Umwelt-DNA (eDNA)

Zusätzlich zu den Netzproben wurden mithilfe der CTD-Schöpferrosette (englische Abkürzungen für Leitfähigkeit, Temperatur, Tiefe) Wasserproben für die anschließende Analyse der Umwelt-DNA (eDNA) genommen. Mit der CTD lassen sich in den Meeresgebieten vertikale Profile der Umweltbedingungen wie Salzgehalt, Sauerstoffkonzentration, Chlorophyllgehalt oder Temperatur über die gewünschten Tiefenbereiche erstellen. Der Wasserflaschenkranz an der CTD ermöglicht ferngesteuert das Schließen von offenen Flaschen und damit das Entnehmen von Wasserproben an gewünschten Tiefen.

Die erste Beprobung fand in der Mitte der Bucht im Golf von Biskaya statt, die zweite Beprobung wurde vor der galizischen Küste an der 24-Stunden-Station durchgeführt. Um die Zusammensetzung und das Verhalten unterschiedlicher Arten zu ermitteln, wurden auch eDNA-Proben bei Tag und Nacht entnommen. Insgesamt wurden sechs verschiedene Tiefen beprobt, um eine repräsentative vertikale Struktur zu erhalten.

++20.11.2022++ Die letzte 24-Stunden-Fluxstation

Die internationalen Arbeiten der beteiligten Arbeitsgruppen aus Bremen (DE), Las Palmas und Bilbao (ES) sowie Southampton (UK) beschäftigen sich mit einem besonders wichtigen Prozess im Meer: der Kohlenstoffpumpe.

Hier geht es darum, die Stoffflüsse zwischen Atmosphäre, den an der Meeresoberfläche Kohlenstoff-bindenden Mikroalgen und den sich davon ernährenden Planktonorganismen besser zu verstehen. Durch diese Prozesse wird klimaschädliches CO2 zu Biomasse und Sauerstoff umgewandelt. Deshalb sind weitere Erkenntnisse auf diesem Gebiet von großer Bedeutung, auch außerhalb der Meeresforschung.

Der Ablauf unserer interdisziplinären Arbeiten an der zweiten 24-Stunden-Fluxstation verlief – nicht zuletzt aufgrund des guten Wetters und der Erfahrungen aus der ersten Station – reibungslos. Wie erwartet waren die Tagesfänge mit dem hinter dem Boot geschleppten IKMT und dem vertikal eingesetzten Multinetz recht übersichtlich und bestanden hauptsächlich aus Quallen und Siphonophoren. Interessanter für unsere Forschung waren die wesentlich vielfältigeren Nachtfänge. Zu den wichtigsten Forschungsfragen gehören: Was sind die Schlüsselarten des Zooplanktons für den Energiefluss durch das pelagische Nahrungsnetz? Wie sehen deren Nahrungsspektren und trophische Rollen aus? Gibt es regionale Unterschiede rund um die Iberische Halbinsel bis ins Mittelmeer?

Da wir die Menge an Kohlenstoff messen möchten, die von vertikal wandernden Organismen in die tiefen Schichten des Ozeans verlagert wird, konnten daraus wertvolle Proben für spätere Respirationsmessungen entnommen werden. Endlich, nach 24 Stunden Arbeit, können wir mit Freude sagen, dass die Station erfolgreich abgeschlossen werden konnte.

Darüber hinaus sammelten wir auch Krebstiere von anderen Stationen, um Häufigkeit, Biomasse und Biodiversität dieser Organismen entlang der Iberischen Halbinsel abschätzen zu können. Im letzten Transekt in der Straße von Gibraltar und dem Alboranmeer wurden weitere Mittelmeer-assoziierte Organismen gesammelt. Auch der Marine Snow Catcher und die In-Situ-Kamerasysteme des „Red-Camera-Frame“ wurden ein weiteres Mal eingesetzt. Alle Systeme auf dem Kamerasystem lieferten gute Daten. Auch erste Hinweise aus der Meeresschnee-Beprobung sind vielversprechend.

++23.11.2022++ Tiefseefische

Den Fischereibiologen im Team geht es nicht nur um das Vorkommen von Aal-Larven – von Interesse sind auch Tiefseefische, denen wir u.a. mithilfe von Umwelt-DNA-Proben molekularbiologisch auf die Spur kommen wollen. Entlang der Westküste der Iberischen Halbinsel wurden vier vertikale Profile beprobt (vor Galizien, vor Lissabon und vor Kap St. Vincent), ergänzt von vertikalen Profilen im gesamten Kontinentalhang Portugals.   

In dieser Woche haben wir zudem entlang der portugiesischen und spanischen Küste weitere Tiefseefische beprobt, um mit molekularbiologischen Methoden die Funktion und evolutionäre Entwicklung des Sehapparats bei Fischen in der dunklen Tiefsee zu untersuchen.

In einem weiteren Projekt sollen Häufigkeit und Ursprung kleinster Plastikpartikel in ausgewählten Tiefseefischen untersucht werden. Neben den dafür genommenen Fischen wurden auch Proben für die Analyse von Effekten durch Exposition gegenüber Mikroplastik und möglicherweise enthaltenen persistenten Schadstoffen vorgenommen. Unter den beprobten Fischen waren Borstenmäuler der Gattung Cyclothone, Schlankschwänzige Laternenfische (Myctophum punctatum) sowie Lachsheringe (Maurolicus muelleri). Die Probennahme ist nun abgeschlossen, aber wir werden erst in einigen Wochen sehen, ob und wie Mikroplastik den physiologischen Zustand insbesondere der Kiemenmuskeln und des Nervensystems der Fische beeinflusst. Die Lipidzusammensetzung und oxidative Stress‐Indikatoren werden uns hoffentlich ebenfalls neue Erkenntnisse dazu bringen.

++25.11.2022++ Aal-Larven

Nach fast vierwöchiger Fahrt von Hamburg durch den Englischen Kanal in die Biskaya, entlang der Iberischen Halbinsel, durch die Straße von Gibraltar bis in die Alboransee im Mittelmeer und zurück in den Atlantik nähert sich die „Meteor“ nun der portugiesischen Hauptstadt Lissabon. Ein wesentlicher Punkt unsere Forschung waren Untersuchungen zur Abundanz, Verteilung und Ökologie später Weidenblatt-Larven des Europäischen Aals und anderer Aal-artiger am europäischen und nordafrikanischen Kontinentalrand.

Unser Hauptgerät, das Isaacs-Kidd Midwater Trawl (IKMT), wurde während dieser Reise 60-mal eingesetzt und brachte neben Larven des Europäischen Aals (Anguilla anguilla) aufregende Fänge ans Licht: So wurden auch Weidenblatt-Larven anderer Aal-ähnlicher Arten wie etwa des Meeraals (Conger conger) oder verwandter Grubenaale (Synaphobranchidae) gefangen. Wie beim Europäischen Aal ist auch der Fortpflanzungszyklus des Europäischen Meeraals und vieler anderer Aal-artiger weitgehend unbekannt.

Aber nicht nur die Häufigkeit und Verteilung im Vergleich zu den Daten zurückliegender Untersuchungen sind hier von Interesse. Auch Untersuchungen zur Ernährungsökologie und den ozeanischen Verteilungsmechanismen im Untersuchungsgebiet werden vorgenommen.

Wir hoffen also, dass wir mit unseren Fängen dazu beitragen können, einige Geheimnisse auch für Meeraale, Grubenaale, Schnepfenaale und andere Arten zu lüften. Anschließende Laboranalysen durch Expert*innen unseres multidisziplinären Expeditionsteams werden unser Verständnis über die Lebensweise dieser faszinierenden Meeresbewohner erweitern.

Mit einem letzten Gruß von Bord verabschiedet sich das Team des Thünen-Instituts für Fischereiökologie. Der maritime Teil der Reise geht für uns zu Ende, aber die Auswertung der zahlreichen Probenahmen und Fänge wird uns in Bremerhaven noch eine ganze Zeitlang beschäftigen. Unser herzlicher Dank geht an den Kapitän und die Crew der „Meteor“ und das internationale Wissenschaftsteam für die gute Zusammenarbeit!

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