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WI Innovation und Wertschöpfung in ländlichen Räumen

Zahlen & Fakten 01/2024

Fachkräfteengpässe in ländlichen Räumen

Jan Cornelius Peters | 14.06.2024 | PDF-Download

  • Ähnlich wie in urbanen Räumen hat sich der Anteil offener Stellen auch in ländlichen Räumen zwischen 2013 und 2022 fast verdoppelt. Hier liegt er mittlerweile bei 4,9 Prozent.
  • Ausgeprägte Unterschiede zwischen ländlichen und urbanen Räumen bestehen insbesondere innerhalb Ostdeutschlands.
  • Besonders hoch ist der Anteil offener Stellen mit 5,5 Prozent in sehr ländlichen Regionen mit weniger guter sozioökonomischer Lage.

Fachkräfteengpässe und deren wirtschaftliche Folgen werden vielfach diskutiert. Probleme bei der Stellenbesetzung spiegeln sich u. a. in einem gestiegenen Anteil offener Stellen wider. Diese sogenannte Vakanzrate hat sich sowohl in ländlichen als auch in urbanen Räumen von 2013 bis 2022 in etwa verdoppelt. In ländlichen Räumen war der Anteil offener Stellen dabei stets höher.[1] Inzwischen liegt die Vakanzrate hier bei 4,9 Prozent (Abbildung 1).

Innerhalb Ostdeutschlands ist die stärkere Betroffenheit ländlicher Räume besonders ausgeprägt. Hier sind 5,3 Prozent der Stellen unbesetzt. Allerdings sind Fachkräfteengpässe in ostdeutschen ländlichen Regionen nicht immer größer als in westdeutschen: Neun der zehn Regionen mit den höchsten Anteilen offener Stellen (7,2 bis 7,9 Prozent) sind ländliche Regionen gemäß Thünen-Typologie. Davon liegen sieben in West- und nur zwei in Ostdeutschland (obersteKategorie in Karte 1).

Wie ausgeprägt der Fachkräfteengpass in einer Region ist, hängt unter anderem mit der demografischen Alterung, Löhnen, Arbeitslosigkeit sowie Berufs- und Betriebsgrößenstrukturen zusammen. Diese Faktoren tragen wesentlich dazu bei, dass die Fachkräfteengpässe in ländlichen Räumen größer sind als in urbanen Räumen.[1] Außerdem ist es daher wenig überraschend, dass die Vakanzraten in wirtschaftlich strukturschwächeren Regionen höher sind als in strukturstärkeren (Abbildung 1). Gerade in strukturschwächeren ländlichen Regionen ist der demografische Wandel häufig fortgeschritten. Zudem ist hier beispielsweise das regionale Lohnniveau eher niedrig.

Dass Probleme bei der Stellenbesetzung nicht nur davon abhängen, ob bzw. zu welchem Grad eine Region ländlich ist, bestätigt eine weitere Differenzierung. In eher ländlichen und sehr ländlichen Regionen ist die Vakanzrate höher, wenn diese eine weniger gute sozioökonomische Lage aufweisen. Dazu zählen geringe Löhne, viele Abwanderungen und relativ viele Schulabgänger ohne Abschluss. Mit 5,5 Prozent ist der Anteil offener Stellen in sehr ländlichen Regionen mit weniger guter sozioökonomischer Lage am höchsten.

Wie es zu bewerten ist, dass gerade in (sozio-) ökonomisch schwächeren Regionen größere Probleme bei der Stellenbesetzung bestehen, hängt von der Perspektive und den damit verbundenen Zielvorstellungen ab. Einerseits droht ihre stärkere Betroffenheit bestehende regionalwirtschaftliche Disparitäten zu vergrößern. Andererseits kann die geringere Betroffenheit strukturstärkerer Regionen aus gesamtwirtschaftlicher Sicht auch positiv bewertet werden, denn im Durchschnitt sind Arbeitsplätze in strukturstärkeren Regionen produktiver. Höhere Vakanzraten in diesen Regionen könnten daher negativere Folgen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung haben als höhere Anteile unbesetzter Stellen in strukturschwächeren Räumen.

Ausblick: Probleme bei der Stellenbesetzung sind deutschlandweit gestiegen und Fachkräfte werden voraussichtlich noch knapper. Dadurch wird der Wettbewerb um sie weiter zunehmen. Gerade strukturschwächeren ländlichen Regionen fällt es jedoch häufig schwer, junge Arbeitskräfte zu halten bzw. anzuziehen. Zudem dürfte ein Anwerben aus anderen Regionen bestehende Engpässe zum Teil nur verlagern und nicht auflösen. Um Probleme bei der Stellenbesetzung zu verringern, sollten daher das regional vorhandene Arbeitskräftepotenzial besser ausgeschöpft und Arbeitskräfte produktiver eingesetzt werden. Unternehmen, Kammern und Verbände sowie politische Entscheidungsträger könnten wie von Buch et al. diskutiert, beispielsweise Weiterbildungen intensivieren, verstärkt arbeitssparende neue Technologien und mobiles Arbeiten einsetzen, stärker in die Bildung künftiger Arbeitskräfte investieren und Maßnahmen zur Steigerung der Erwerbsbeteiligung im Alter ergreifen.


Weiterführende Informationen

Für die Bestimmung der Zahl offener Stellen wurden die der Bundesagentur für Arbeit (BA) je Region gemeldeten offenen Stellen anhand von Meldequoten hochgerechnet, weil Betriebe der BA nicht alle zu besetzenden Stellen melden. Die Meldequoten wurden auf Basis der Stellenerhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ermittelt. Bei der Hochrechnung wurden Unterschiede im Meldeverhalten zwischen ländlichen und urbanen Räumen sowie zwischen Anforderungsniveaus berücksichtigt. Der untersuchte Anteil offener Stellen entspricht dem Verhältnis von offenen Stellen zur Gesamtnachfrage nach Fachkräften, d. h. oberhalb von Hilfs- und Anlerntätigkeiten, je Region. Die Gesamtnachfrage wurde als Summe aus hochgerechneten offenen Stellen und sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gemessen.[1]

[1]  Buch T, Fuchs M, Helm J, Niebuhr A, Peters JC, Sieglen G (2024) Zunehmende Fachkräfteengpässe – Warum sind ländliche Räume besonders betroffen? Wirtschaftsdienst 104(5): 323-328, DOI: 10.2478/wd-2024-0088

Peters JC (2024) Fachkräfteengpässe in ländlichen Räumen. Zahlen & Fakten zur Wirtschaft in ländlichen Räumen 01/2024. Thünen-Institut für Innovation und Wertschöpfung in ländlichen Räumen. DOI: 10.3220/ZF1717062498000

Projekt

Regionale Muster von Fachkräfteengpässen und deren Ursachen

Unternehmen fällt es zunehmend schwerer, freie Arbeitsplätze zu besetzen. Gerade in vielen ländlichen Regionen geht das Arbeitskräfteangebot zurück. Daher untersuchen wir das regionale Ausmaß von Fachkräfteengpässen mit besonderem Fokus auf der Situation in ländlichen Räumen.

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