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Projekt

NOAH1: Sedimentprovinzen der Deutschen Bucht – Eigenschaften, Leistungen, Risiken


Federführendes Institut SF Institut für Seefischerei

Seezunge (Solea solea)
© Thünen-Institut/Daniel Stepputtis
Die Seezunge (Solea solea) ist mit Ihrer Tarnung am Meeresboden kaum zu erkennen.

Wie bedeutsam ist der Zustand des Meeresbodens für das Ökosystem Nordsee? Wir erforschen die benthischen Lebensräume in der Deutschen Bucht und bewerten den Zustand und die Ökosystemleistungen des Meeresbodens.

Hintergrund und Zielsetzung

Das Projekt NOAH erstellt ein georeferenziertes Inventar der Eigenschaften des Meeresbodens in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Nordsee in Form eines interaktiven „Habitatatlas“. Darin fließen Erkenntnisse aus folgenden Quellen ein:

  1. Analysen existierender Daten zu physikalischen, sedimentologischen, geochemischen und biologischen Eigenschaften sowie menschlichen Einflüssen,
  2. gezielte Felduntersuchungen zur Beschreibung von dynamischen Prozessen in identifizierten Sedimentprovinzen,
  3. numerische Modelle zur räumlichen und zeitlichen Interpolation dieser Prozesse.

Die kompilierten Daten sind Grundlage für die Beschreibung des Umweltzustandes und seiner räumlich-zeitlichen Variabilität. Wir leiten Ökosystem-Indikatoren ab und testen sie hinsichtlich ihrer Operationalität. Des weiteren führen wir Risikoanalysen durch: Wie sensibel reagieren Ökosysteme und ihre Leistungen auf zukünftige klimatische Änderungen und verschiedene Nutzungsszenarien? Das Projekt NOAH schafft damit Grundlagen für eine ökologische Zustandsbewertung, die sowohl wissenschaftliche als auch umweltpolitische Ansprüche für die Umsetzung der Europäischen Meeresstrategierahmenrichtlinie erfüllen.

Zielgruppe

Politische Entscheidungsträger im Bereich Meeresumweltpolitik; Meereswissenschaftler; interessierte Öffentlichkeit

Vorgehensweise

Das Projekt gliedert sich in vier übergeordnete Arbeitspakete:

  1. Datenerfassung und Habitatkartierung;
  2. Beobachtung benthischer Prozesse;
  3. Integration dynamischer Prozesse und Modelle;
  4. Bewertung von Zustand, Leistung und Belastung des Ökosystems.

Das Thünen-Institut ist für das vierte Arbeitspaket verantwortlich. Im Fokus stehen dabei die Entwicklung von operationellen Indikatoren (z.B. für die Belastung des Meeresbodens durch die Fischerei) und die darauf basierende Bewertung des Ökosystemzustandes. Es soll eine Risikoabschätzung verschiedener Managementszenarien erfolgen, um eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen. Inwertsetzungen von Ökosystemleistungen sind dabei ein potentielles Entscheidungshilfewerkzeug für die Politik. Das Thünen Institut liefert außerdem Informationen z.B. zur Zusammensetzung benthischer Fischgemeinschaften und zur Verteilung des Fischereiaufwandes, und trägt zur Entwicklung eines Nahrungsnetzmodells der benthischen Lebensgemeinschaften in der Deutschen Bucht (Nordsee) bei.

Unsere Forschungsfragen

  • Wie ist der Zustand des Meeresbodens und seiner Bewohner in der Deutschen Bucht (Nordsee)?
  • Welchen Belastungen ist er ausgesetzt und wie wirken sie?

Ergebnisse

Das zentrale Produkt von NOAH ist der interaktive Habitatatlas, in dem verschiedenste Datensätze zur Beschreibung der Eigenschaften des Meeresbodens zusammengetragen wurden. Das Thünen-Institut trug dazu unter anderem Daten und detaillierte Karten des internationalen Fischereiaufwandes in der Deutschen Bucht bei, mit deren Hilfe der Einfluss der bodenberührenden Fischerei auf benthische Organismen untersucht wurde. Es konnte allerdings kein direkter statistischer Zusammenhang zwischen der fischereilichen Belastung und den benthischen Gemeinschaften nachgewiesen werden. Dieses liegt unter anderem in der starken räumlichen Korrelation zwischen Umweltparametern (z.B. der Schubspannung) und Fischereiaufwand, aber auch in der möglichen Anpassung der Gemeinschaften auf die chronischen Belastungen begründet. Es bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass die Bodenfauna durch die Fischerei unbeeinflusst ist.

Das Thünen Institut identifizierte und bewertete außerdem Indikatoren, die der Beschreibung des Meeresbodenzustands dienen. Es zeigte sich, dass direkt zu erfassende Indikatoren wie die Aufwandsverteilung oder die Häufigkeit von Arten am ehesten operationalisierbar waren. Wie der Zustand eines Ökosystems mit Hilfe von Indikatoren methodisch bewertet werden kann, ist im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) bisher nicht klar definiert. Hierzu wurden im Projekt verschiedene Ansätze entwickelt (Probst und Stelzenmüller, 2015; Fock und Kraus, 2016).

Des Weiteren wurde ein Konzept zur Modellierung von Managementszenarien mit Hilfe von wahrscheinlichkeitsbasierten Netzwerken (Bayes’sche Netze) entwickelt und für das Beispiel des Disturbance Indicators DI parametrisiert (siehe Abbildung). Der DI spiegelt die relative lokale Störung der benthischen Gemeinschaften durch die bodenberührende Fischerei wider. Mit Hilfe des Modells konnte der Einfluss von Gebietsschließungen (z.B. aufgrund der Einrichtung von Windparkanlagen) und der damit einhergehenden räumlichen Verschiebung des Fischereiaufwandes auf das benthische Ökosystem untersucht werden (Stelzenmüller et al., 2015).

Der Abschlussbericht mit einer detaillierten Ergebnisdarstellung ist über die Projektseite als Download verfügbar. Die Arbeiten von NOAH werden in einer zweiten Phase fortgeführt (NOAH2). Der Fokus des Thünen-Instituts liegt dabei auf der ökosystembasierten Risikobewertung, um Strategien für das Management anthropogener Belastungen des Meeresbodens zu entwickeln.

Beteiligte externe Thünen-Partner

Geldgeber

  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
    (national, öffentlich)

Zeitraum

4.2013 - 3.2016

Weitere Projektdaten

Projektstatus: abgeschlossen

Publikationen

  1. 0

    Stelzenmüller V, Diekmann R, Bastardie F, Schulze T, Berkenhagen J, Kloppmann MHF, Krause G, Pogoda B, Buck BH, Kraus G (2016) Co-location of passive gear fisheries in offshore wind farms in the German EEZ of the North Sea: a first socio-economic scoping. J Environ Manag 183(3):794-805, DOI:10.1016/j.jenvman.2016.08.027

  2. 1

    Fock HO, Kraus G (2016) From metaphors to formalism: a heuristic approach to holistic assessments of ecosystem health. PLoS One 11(8):e0159481, DOI:10.1371/journal.pone.0159481

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn057051.pdf

  3. 2

    Neumann H, Diekmann R, Kröncke I (2016) Functional composition of epifauna in the south-eastern North Sea in relation to habitat characteristics and fishing effort. Estuar Coast Shelf Sci 169:182-194, DOI:10.1016/j.ecss.2015.12.011

  4. 3

    Probst WN, Stelzenmüller V (2015) A benchmarking and assessment framework to operationalise ecological indicators based on time series analysis. Ecol Indic 55:94-106, DOI:10.1016/j.ecolind.2015.02.035

  5. 4

    Stelzenmüller V, Fock HO, Gimpel A, Rambo H, Diekmann R, Probst WN, Callies U, Bockelmann F, Neumann H, Kröncke I (2015) Quantitative environmental risk assessments in the context of marine spatial management: current approaches and some perspectives. ICES J Mar Sci 72(3):1022-1042, DOI:10.1093/icesjms/fsu206

  6. 5

    Emeis KC, Beusekom J van, Callies U, Ebinghaus R, Kannen A, Kraus G, Kröncke I, Lenhart H, Lorkowski I, Matthias V, Möllmann C, Pätsch J, Scharfe M, Thomas H, Weisse R, Zorita E (2015) The North Sea - a shelf sea in the Anthropocene. J Mar Syst 141:18-33, DOI:10.1016/j.jmarsys.2014.03.012

  7. 6

    Probst WN, Rau A, Diekmann R, Dorrien C von, Seidel H, Fock HO, Kraus G, Stelzenmüller V (2014) Eine Thünen-Evaluierung von fisch- und fischereibezogenen Indikatoren der EU Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL). Hamburg: Johann Heinrich von Thünen-Institut, 106 p, Thünen Working Paper 25, DOI:10.3220/WP_25_2014

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/bitv/dn053653.pdf

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