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Expertise

Kontingente Bewertung

Marie von Meyer-Höfer und Peter Elsasser | 29.06.2022


MA Institut für Marktanalyse
WF Institut für Waldwirtschaft

Die kontingente Bewertungsmethode ist eine von mehreren Möglichkeiten, Präferenzen und Zahlungsbereitschaften von Verbrauchern für Produkte und bestimmte Produkteigenschaften zu ermitteln.

In der Umweltökonomie wurde diese Methode zur Bewertung öffentlicher Güter bzw. zur Ermittlung der monetären Werte von Umweltgütern entwickelt. Zum Einsatz kam sie z. B. , um die Umweltschäden des Tankerunglücks der Exxon Valdez 1989 vor der Küste Alaskas zu bewerten.

Der Begriff „Kontingente Bewertung” fußt in der umweltökonomischen Geschichte dieser Methode und ist eine Übersetzung des englischen Begriffs Contingent Valuation Method. Contingent (bedingt) bezieht sich darauf, dass für die Bewertung eine hypothetische Marktsituation konstruiert werden muss, in der für das jeweils zu bewertende Gut gezahlt werden müsste. Die Bewertungen werden also durch diese hypothetische Marktsituation bestimmt.

Ein Beispiel:

Stellen Sie sich bitte einmal vor, die Kosten für den Wald würden nicht so wie heute finanziert, sondern müssten aus Eintrittsgeldern gedeckt werden. Jeder, der einen Wald besuchen will, müsste also eine Jahreskarte kaufen.

Bitte überlegen Sie einmal genau, wie viel Sie gerade noch bereit wären pro Person für eine solche Jahreskarte zu bezahlen. Suchen Sie sich einen Euro-Betrag aus der nebenstehnden Grafik aus.

Haben Sie 0 Euro gewählt, weil Sie:

  • lieber auf Waldbesuche verzichten würden als Eintritt zu bezahlen
  • zu selten in den Wald kommen
  • die Frage unsinnig finden
  • finden, dass Walderholung nicht mit Geld bewertet werden kann
  • Sonstige Gründe

Wenn eine Jahreskarte teurer wäre als der Betrag, für den Sie sich entschieden haben, würden Sie lieber ganz auf Waldbesuche in der Nähe Ihres Wohnortes verzichten?

  • ja
  • nein, dann würde ich mehr bezahlen

Wie viel würden Sie im äußersten Fall bezahlen?

Im Gegensatz zu Umweltgütern kann der Wert von privaten oder Marktgütern unproblematisch über ihren Preis an der Ladentheke ermittelt werden. Allerdings gibt es auch bei Marktgütern Situationen, in denen Marktpreise nicht verwendet werden können – etwa, weil sie noch nicht im Markt verfügbar sind (Produktneuheiten). Über ermittelte Zahlungsbereitschaften kann die Markteignung eines Produkts und seine voraussichtliche Profitabilität vor seiner Einführung ermittelt werden. Ähnlich verhält es sich mit Produktverbesserungen. Die Ermittlung von Zahlungsbereitschaften ist in der Marktforschung relevant, wenn es um die Frage geht, welchen Preis Verbraucher wohl bereit sind für ein verändertes, verbessertes Produkt zu bezahlen.

 

Zur Ermittlung von Zahlungsbereitschaften für bestimmte Güter werden den Befragten Szenarien vorgelegt, die das zu bewertende Produkt möglichst genau beschreiben. Daraufhin werden sie nach ihrer Zahlungsbereitschaft gefragt. Das kann im Detail auf verschiedene Weise erfolgen:

  • mit offene Fragen („Wie viel sind Sie bereit, für das beschriebene Produkt zu bezahlen?”)
  • mit geschlossenen Fragen („Wären Sie bereit, 10 Euro für das beschriebene Produkt zu bezahlen?”)
  • mit Hilfe von Bezahlkarten,
  • durch auktionsartige Formate.

Zusätzlich werden noch andere Fragen gestellt, z.B. nach dem Einkommen, dem Alter oder auch zum allgemeinen Einkaufsverhalten. Warum? Um die Plausibilität der Antworten zu überprüfen. Menschen mit höheren Einkommen haben normalerweise auch höhere Zahlungsbereitschaften; Menschen, denen der Umweltschutz wichtig ist, dürften eine höhere Zahlungsbereitschaft für Umweltgüter haben. Lassen sich solche Beziehungen in den analysierten Daten nicht auffinden, so ist das ein Warnsignal, dass bei der Untersuchung etwas falsch gelaufen sein könnte.

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