Institut für
OF Ostseefischerei
Projekt
Markierung von Ostseedorschen (TABACOD)
TABACOD (Tagging of Baltic Sea Cod - Markierung von Ostseedorschen) – Zur Lösung der Alters- und Bestandsabschätzungproblematik der Dorsche der östlichen Ostsee mit Hilfe modernster Markierungsmethoden.
Wie alt ist ein Fisch und wie schnell wächst er? Diese einfache Frage ist für die Dorsche der östlichen Ostsee nur schwer zu beantworten – mit enormen Konsequenzen für das Fischereimanagement. Ein internationales Großprojekt zur Markierung von Dorschen könnte der Schlüssel zur Lösung dieses Problems sein.
Hintergrund und Zielsetzung
Das Alter eines Fisches ist eine zentrale Variable in der Fischereibiologie. Bestandsabschätzungen, welche als Basis für Fangquotenempfehlungen dienen, nutzen das Alter von Fischen als einen Schlüsselparameter in der Abschätzung von Fangmengen, Abundanzen und Rekrutierung. Für den Bestand des Ostdorsches wird das Alter der Fische gegenwärtig anhand der traditionellen Methode der Alterslesung bestimmt, d.h. durch visuelle Bestimmung der „Jahresringe in den Otolithen“. Otolithen (Gehörsteine im Innenohr der Fische) wachsen das ganze Leben eines Fisches hindurch, wobei Jahresringe geformt werden welche, ähnliche denjenigen von Bäumen, zur Altersbestimmung genutzt werden können. Allerdings sind die bei Ostdorschen ausgebildeten Jahresringe notorisch schwer zu interpretieren, da sie oft unregelmäßige Wachstumsmuster sowie einen geringen Kontrast zwischen den saisonalen Wachstumszonen aufweisen. Diese Schwierigkeiten haben sich in den letzten Jahren dramatisch verschärft. Die derzeitige Methode der Alterslesung des Ostdorsches gilt mittlerweile als so unzuverlässig, dass die traditionelle alters-basierte Bestandsabschätzung in 2014 aufgrund unzuverlässiger Eingangsdaten bis auf weiteres ausgesetzt wurde.
Zuverlässige Altersinformationen sind nicht nur für die Bestandsabschätzung wichtig sondern auch für unser Verständnis des gegenwärtigen Bestandszustandes. Seit 2013 fehlen große Dorsche in der östlichen Ostsee. Das Fehlen großer Individuen wird mit hoher Wahrscheinlichkeit entweder durch eine erhöhte Mortalität älterer Individuen, einem langsameren Wachstum oder einer Kombination dieser beiden Prozesse angetrieben. Allerdings ist es ohne genaue Altersabschätzungen nicht möglich, die Einflüsse von Wachstum und Mortalität auf den Bestandszustand zuverlässig zu entflechten. Diese Unsicherheit wiederum erschwert die Auswahl von geeigneten Bewirtschaftungsmaßnahmen, welche geeignet sind, auf diese beunruhigende Bestandsentwicklung zu reagieren.
Gegenwärtig gibt es einen dringenden Bedarf an genauen Abschätzungen des Wachstums und Alters von einzelnen Ostdorschen für die aktuelle und zukünftige Bewirtschaftung des Bestandes. Das Ziel des TABACOD Projektes ist es daher, die erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen, um belastbare Wachstumsraten für den Bestand zu berechnen und um die nutzbare Werkzeuge zu entwickeln, um in Zukunft objektiv und dauerhaft Wachstums- und Altersdaten abzuleiten.
Vorgehensweise
Die Aufgabe genaue Wachstums- und Altersabschätzungen für den Ostdorsch zu erhalten wird durch zwei miteinander verbundene Methoden in Angriff genommen: die Markierung und den Wiederfang von Einzelfischen und die Analyse der chemischen Zusammensetzung ihrer Otolithen.
Die Markieren-und-Wiederfang-Methode ist eine weitverbreitete und vergleichsweise genaue Methode, um die Wachstumsraten von Wildfischen zu bestimmen. Diese Methode beinhaltet das Markieren von Fischen mit leicht zu identifizierenden Markierungen, sogenannten ‚Tags‘ und das Freilassen in die Wildnis. Wenn diese Fische wiedergefangen werden, kann die Wachstumsrate anhand der der Änderung der Länge des Fisches während der Zeit in Freiheit berechnet werden. Drei Arten von Markierungen werden im Rahmen des TABACOD-Projektes verwendet, um Ostdorsche zu markieren. (1) Äußerliche Markierungen werden verwendet, um Einzelfische zu identifizieren und Informationen über Zeit und Ort des Wiederfangs zu liefern. (2) Datenspeichertags (Data Storage Tags – DSTs) sammeln Daten über die Tiefen und Temperaturen von Einzelfischen. Dies sind wichtige Faktoren, die das Wachstum von Fischen beeinflussen können. (3) Fische werden auch innerlich mit einer Chemikalie gekennzeichnet, dass ein permanentes, taggenaues und optisch leicht sichtbares Band in den Otolithen hinterlässt, welches dem Zeitpunkt der Markierung entspricht. Da Otolithen proportional zum Fisch wachsen, kann das Wachstum zurückberechnet werden indem der Abstand zwischen dem markierten Teil und der äußeren Kante des Otolithen mit dem Abstand zwischen markiertem Teil und der Mitte des Otolithen verglichen wird. Während der 4 Jahre des TABACOD Projektes werden in einer großen Internationalen Anstrengung von Deutschland, Dänemark, Schweden und Polen Tausende von Dorschen markiert werden. In Kombination mit historischen Daten über das Wachstum von Ostseedorschen stehen große Mengen an Daten zur Verfügung, mit denen zuverlässig Wachstumsraten berechnet werden können.
Zusätzlich werden an den Otolithen modernste mikro-chemische Analysen durchgeführt, um neue Methoden zur Altersbestimmung für diesen Bestand zu entwickeln, bei dem die Altersbestimmung so schwer ist. Da bestimmte Spurenelemente über die gesamte Lebenspanne eines Fisches als physiologische Reaktion mit in die Otolithen eingebaut werden, besteht das Potential, die Otolithen als „chemischen Kalender“ zu nutzen. Die durch die Markierung in den Otolithen eingebrachte Markierungsbande wird genutzt, um Hypothesen bezüglich saisonalen Schwankungen in der Spurenelementzusammensetzung in den Otolithen zu testen.
Ergebnisse
siehe Abschlussbericht (bei den Publikationen unten) und Publikationen
Links und Downloads
Weitere Informationen finden Sie auf der TABACOD Webseite
Weitere Informationen vom Thünen Institut:
Projekt TABACOD zur Dorschmarkierung startet
Altersbestimmung und Wachstum - Markierte Dorsche
Informationen zum Projekt beim Geldgeber Baltic 2020
Thünen-Ansprechperson
Thünen-Beteiligte
Beteiligte externe Thünen-Partner
- Danish Technical University (DTU)
(Kopenhagen, Hirtshals, Charlottenlund, Dänemark) -
Swedish University of Agricultural Science - SLU
(Uppsala, Lysekil, Schweden) -
National Marine Fisheries Research Institute
(Gdynia, Polen)
Geldgeber
-
BalticSea2020
(international, öffentlich)
Zeitraum
3.2016 - 5.2020
Weitere Projektdaten
Projektstatus:
abgeschlossen
Publikationen
- 0
Hüssy K, Haase S, Mion M, Hilvarsson A, Radtke K, Thomsen TB, Krüger-Johnsen M, Casini M, Sturrock AM (2024) Into the wild: coupling otolith and archival tag records to test assumptions underpinning otolith chemistry applications in wild fish. Front Mar Sci 11:1365023, DOI:10.3389/fmars.2024.1365023
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Mion M, Griffiths CA, Bartolino V, Haase S, Hilvarsson A, Hüssy K, Krüger-Johnsen M, Krumme U, Carlstedt Lundgreen RB, Lövgren J, McQueen K, Plikshs M, Radtke K, Raitaniemi J, Casini M (2022) New perspectives on Eastern Baltic cod movement patterns from historical and contemporary tagging data. Mar Ecol Progr Ser 689:109-126, DOI:10.3354/meps14047
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