Beim Thema Bodenversauerung denken viele zunächst an den „Sauren Regen“, der im Zuge der Waldsterben-Debatte über die vergangenen Jahrzehnte die mediale Berichterstattung bestimmte. Doch eine gewisse Versauerung der Böden ist ein natürlicher Prozess. Bereits das Niederschlagswasser weist natürlicherweise einen leicht sauren pH-Wert von 5,6 auf, da sich das in der Luft befindliche Kohlendioxid (CO2) in den Regentropfen löst. Die hierdurch entstehende Kohlensäure wird als schwache Säure über den Niederschlag in den Boden eingetragen. Im Verlauf der Umsetzung organischer Substanz durch die Bodenfauna entstehen ebenfalls Säuren.
Allerdings werden seit der Industrialisierung deutlich mehr Säurebildner in unsere Wälder eingetragen, sodass die Prozesse schneller ablaufen. Daher erfolgen seit den 1980er-Jahren im Sinne eines vorsorgenden Bodenschutzes Kompensationskalkungen. In der Regel werden Dolomitgesteinsmehle verabreicht (ca. 3 t/ha), die auch die wichtigen Makronährelemente Kalzium und Magnesium liefern. Wo gekalkt wird und wo nicht Da forstliches Management in der Hoheit der Länder liegt, hat jedes Bundesland eigene Vorschriften zur Kalkung entwickelt. Je nach Standortbedingungen unterscheiden sich diese zum Teil deutlich voneinander. Es gibt Bundesländer, die gar nicht kalken, andere kalken sehr häufig.
Die offiziell von den Bundesländern ausgewiesenen versauerungsempfindlichen Standorte umfassen jene, die entsprechend bestimmter Kriterien gekalkt werden können. Von den insgesamt 1.859 Inventurpunkten der Bodenzustandserhebung im Wald (BZE II) wurden 749 Standorte als versauerungsempfindlich eingestuft. Seit der ersten Bodenzustandserhebung (BZE I) sind 385 dieser Standorte mindestens einmal gekalkt worden. Die Auswertung der BZE zur Kalkung bezieht sich somit lediglich auf den Vergleich von gekalkten und nicht gekalkten Inventurpunkten, die als versauerungsempfindlich eingestuft wurden. Was im Boden passiert Beim Vergleich beider Erhebungen (BZE I und BZE II) zeigt sich, dass die pH-Werte und die Basensättigung als Indikator für die Nährstoffverfügbarkeit auf den gekalkten Böden stärker zugenommen haben als auf den ungekalkten. Gleichzeitig sank die Aluminiumkonzentration. Gekalkte Böden weisen eine deutlich höhere Zunahme auf. Im Mineralboden unterhalb von 30 cm schritt bei nicht gekalkten Standorten die Versauerung weiter fort, während dies an vielen gekalkten Standorten verringert bzw. aufgehalten werden konnte. Die Zunahme der Kalziumgehalte, aber auch ein höherer pH-Wert auf den gekalkten Standorten stimuliert die mikrobielle Aktivität und erhöht das Auftreten sogenannter Primärzersetzer wie Regenwürmer, Tausendfüßer und Asseln. Dadurch wird in der Auflage mehr organische Substanz umgesetzt. In Folge nimmt dort die organische Substanz ab, während im darunter liegenden Mineralboden die organische Substanz zunimmt. An der organischen Substanz, die ca. zu 50 % aus Kohlenstoff besteht, sind viele Stoffe wie Stickstoff und Schwermetalle gebunden.
Die Kalkung wirkt sich also auf die Kohlenstoff-, Stickstoff- und Schwermetallvorräte der Böden aus. Zwar speichern bundesweit gesehen alle Böden Kohlenstoff, die gekalkten Standorte speichern aber deutlich mehr. Bei Stickstoff sind die Vorratsverluste auf gekalkten Standorten deutlich niedriger. Die in den Mineralboden verlagerten Schwermetalle werden dort vergleichsweise fest gebunden, sodass eine Gefährdung des Grundwassers grundsätzlich nicht zu befürchten ist. Die Bodenschutzkalkung führt auch zu einer veränderten Artenzusammensetzung der Vegetation. In Hainsimsen-Buchenwäldern und in Fichtenforsten auf bodensauren Festgesteinen wiesen gekalkte Flächen höhere Artenzahlen auf.
Allerdings handelt es sich gehäuft um standortuntypische Arten der Waldsäume und Waldlichtungen. Weitere Anstrengungen nötig Die Bodenschutzkalkung soll als vorsorgender Bodenschutz für funktionstüchtige und stabile Waldökosysteme sorgen. Mit der Kalkung werden zwar Säuren im Boden kompensiert und die Versorgung mit Nährelementen erhöht, allerdings ohne den ursprünglichen Zustand der Waldböden wiederherstellen zu können. Neben dem Faktor Trockenheit ist vor allem die Überversorgung mit Stickstoff, die zu Ungleichgewichten in der Waldernährung führt, als Hauptursache für die Veränderungen der Wälder zu sehen. Daher ist die Luftreinhaltung, insbesondere die Minderung der Stickstoffemissionen als eigentliche Ursache der Bodenversauerung, die wohl wichtigste Maßnahme, um gesunde Wälder zu erhalten. KONTAKT: nicole.wellbrock@thuenen.de