Europäischen Wäldern geht es nicht gut – und das ist keineswegs ein neues Phänomen: Bereits in den frühen 1980er Jahren wurde vor allem in Nord-, Mittel- und Osteuropa eine zunehmende Kronenverlichtung, d.h. sichtbare Nadel- und Blattverluste von Baumkronen, beobachtet. Zu der Zeit stiegen die Emissionen von Schadstoffen aus Verkehr, Landwirtschaft, Energieerzeugung, Industrie und Haushalten sehr stark an. Ein Zusammenhang zwischen dem Zustand der Bäume und Luftverschmutzung lag nahe. Das Problem: Luftschadstoffe breiten sich flächendeckend aus und werden so zu einer überregionalen Herausforderung, die kein Land im Alleingang lösen kann. Vor diesem Hintergrund wurde 1985 das International Co-operative Programme on Assessment and Monitoring of Air Pollution Effects on Forests (ICP Forests) im Rahmen der Genfer Luftreinhaltekonvention der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) etabliert. Aktuell nehmen 42 Länder an dem Programm teil.
Wissenstransfer rund um die Herausforderungen europäischer Wälder
Die FORECOMON-Konferenz dient dem Austausch zwischen den europäischen Mitgliedsstaaten – und darüber hinaus. Dieses Jahr wurde sie zusammen mit dem Task Force Meeting vom tschechischen Forestry and Game Management Institute mit Unterstützung des Progammkoordinierungszentrums von ICP Forests (PCC), das am Thünen-Institut für Waldökosysteme ansässig ist, organisiert.
In mehr als fünfzig Vorträgen und Postern wurden einerseits neueste Ergebnisse zum Einfluss von Luftverschmutzung und extremen Witterungsereignissen auf die langfristigen Prozesse in Waldökosystemen und andererseits neuen Monitoring-Ansätzen vorgestellt. Eine der Teilnehmer:innen war Lena Wohlgemuth, Wissenschaftlerin am Thünen-Institut. Ihr Poster zeigte anhand von langjährigen Blatt- und Nadelanalysen Trends im Ernährungszustand europäischer Wälder und diskutierte die Ergebnisse im Zusammenhang mit Nährstoffungleichgewichten, die durch langjährig hohe Stickstoffdepositionen hervorgerufen werden.
Neben Wissenschaftler*innen, die bereits seit mehreren Jahren ein fester Bestandteil des ICP-Forests-Netzwerks sind, zog die diesjährige FORECOMON auch Doktorand*innen und Postdocs an, die ihre vielversprechenden Beiträge präsentierten und so neue Impulse für Diskussionen setzten. So etwa Eva Gril von der Université de Picardie Jules Vernes (Amiens in Frankreich), die über die Potenziale von Mikroklimauntersuchungen im Wald sprach. Auch Dinusha Nikagolla war in diesem Jahr erstmalig auf der FORECOMON. Die gebürtige Sri-Lankerin ist Doktorandin an der University of South Bohemia und stellte in einem Poster vor, wie sich Wälder nach Borkenkäferbefall entwickeln und welchen Einfluss mineralischer Stickstoff im Waldboden dabei einnimmt.
Borkenkäfer stellt große Gefahr für europäische Wälder dar
Der Borkenkäfer richtet europaweit großen Schaden an. Durch die Trockenperioden der vergangenen Jahre sind viele Bäume geschwächt, wodurch sich der Borkenkäfer leicht vermehren kann. Das ist auch auf der Böhmisch-Mährischen Höhe passiert, die auf dem Exkursionsprogramm der FORECOMON stand. Das Gebiet war in der Zeit von 2017 bis 2023 tschechienweit mit am stärksten vom Borkenkäfer befallen. Gemeinsam mit einem örtlichen Förster stellte das Forestry and Game Management Institute Methoden zur effizienten Wiederaufforstung vor. Dabei sollen Wälder generiert werden, die gegen den Klimawandel resistent sind, eine ausreichende Holzproduktion gewährleisten und komplexe Ökosystemfunktionen wie den Schutz der biologischen Vielfalt und die Kohlenstoffspeicherung erfüllen.
Anschließend stand die Besichtigung der ICP-Level-II-Fläche in Tschechien auf dem Programm. Derzeit gibt es im Rahmen von ICP Forest 640 Flächen, auf denen das intensive Level-II-Monitoring durchgeführt wird. Hierbei werden Daten in repräsentativen Waldökosystemen gewonnen. Die Erhebungen umfassen u.a. Luftqualität, atmosphärische Deposition, Boden- und Kronenzustand sowie Baumwachstum. Die ermittelten Ursache-Wirkungs-Beziehungen helfen dabei, den Einfluss von Luftschadstoffen sowie den Klimawandel auf den Zustand der Wälder und deren räumliche wie zeitliche Veränderung zu erfassen.
Resistente Wälder nur durch Zusammenarbeit möglich
Erfolgreich implementierte Luftreinhaltemaßnahmen haben zwar zu einer drastischen Verringerung der Schwefeleinträge geführt, aber die zunehmende Häufigkeit klimatischer Extreme belasten die Vitalität unserer Wälder weiterhin. Die FORECOMON hat gezeigt, dass sich das ICP-Forests-Netzwerk der heutigen und zukünftigen Herausforderungen in den Wäldern bewusst ist und durch einen länderübergreifenden Wissensaustausch dazu beiträgt, die Zukunft unserer Wälder aktiv mitzugestalten.