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Öko-Regelungen: „Bedingt einsatzfähig“

Seit 2023 stehen rund eine Milliarde Euro jährlich für die Öko-Regelungen in Deutschland zur Verfügung. Honoriert werden damit Leistungen der Landwirt*innen für den Umwelt- und Klimaschutz. Bisher wurden die Mittel nur wenig in Anspruch genommen. Eine Analyse des Thünen-Instituts nennt Gründe.

Eine Wiese mit in gelb und rosa blühenden Pflanzen.

Artenreiches Grünland wird durch die Ökoregelungen gefördert.

Die Öko-Regelungen sind seit 2023 eines der Kernelemente der sogenannten Grünen Architektur der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU. Mit ihnen sollen Leistungen von Landwirtinnen und Landwirten für den Umwelt- und Klimaschutz honoriert werden. Die Öko-Regelungen ähneln den bekannten Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) der sogenannten 2. Säule der GAP. Dazu zählen etwa Blühstreifen entlang von Äckern zur Förderung der Artenvielfalt oder Maßnahmen zur Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes. Im Gegensatz zu den AUKM sind die Öko-Regelungen deutschlandweit einheitlich ausgestaltet. Zudem binden sich Landwirtinnen und Landwirte an eine Maßnahme nur für ein Jahr statt für fünf Jahre. Allerdings zeigt sich: Die elf verschiedenen Öko-Regelungen werden regional, betrieblich und in ihrer Vielfalt sehr unterschiedlich angenommen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Thünen-Instituts haben im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) eine erste Bewertung des Förderinstruments vorgenommen. Der Bericht des Forschungsprojektes „Weiterentwicklung der Öko-Regelungen (ÖR+)“ befasst sich vor allem mit der Inanspruchnahme der Ökoregelungen im Jahr 2023. Er bildet eine wesentliche Grundlage für die gesetzlich vorgeschriebene Evaluierung, die aktuell im Bundeskabinett vorgestellt wird.

Für den Bericht des Thünen-Instituts konnten vor allem die Daten zu Förderanträgen aus Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen (inkl. Bremen und Hamburg) und Rheinland-Pfalz und somit für 46 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche Deutschlands ausgewertet werden. In diesen Bundesländern nahmen 2023 33 Prozent und 2024 56 Prozent aller Betriebe an mindestens einer Öko-Regelung teil.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler attestieren den Öko-Regelungen erschwerte Startbedingungen: Sie wurden mitten im Anbaujahr und damit zu spät für 2023 eingeführt. Zudem werden neue Förderinstrumente immer zurückhaltend angenommen. Und: Einige Flächen waren noch in Altverträge der vorangegangenen Förderperiode gebunden. Zum Jahreswechsel 2023 haben sich weiterhin das Düngerecht und die Anforderungen der Konditionalität geändert, hier etwa Auflagen zur Fruchtfolgegestaltung. Daher ist es wahrscheinlich, dass Landwirtinnen und Landwirte ihre freien Management-Kapazitäten vorrangig für die Anpassung an diese neuen Verpflichtungen eingesetzt haben. Hinzu kommen die Folgen des Ukraine-Krieges: Dieser führte vor allem 2022 und 2023 zu deutlich höheren Erlösen in der Landwirtschaft und reduzierte zugleich die Planungssicherheit. In seiner Folge wurden auf europäischer Ebene Ausnahmeregelungen erlassen, die die wirtschaftliche Attraktivität der Öko-Regelungen weiter deutlich reduzierten.

Die Studie der Thünen-Forschenden zeigt: Die Flächenausstattung der Betriebe wirkt sich deutlich auf die Inanspruchnahme des Förderinstrumentes aus. „Bei den meisten Öko-Regelungen nehmen große Betriebe deutlich öfter die Öko-Regelungen in Anspruch als kleine“, sagt Christoph Duden vom Thünen-Institut für Betriebswirtschaft, einer der Autoren der Analyse. „Allerdings bringen kleine Betriebe, wenn sie teilnehmen, meist einen viel größeren Anteil ihrer Fläche ein.“ Vergleichsweise sehr gut wurde die Öko-Regelung zur Förderung artenreicher Dauergrünlandflächen angenommen. Dabei handelt es sich um die einzige ergebnisorientierte Maßnahme. Die Betriebe müssen regionaltypische Kennarten auf den Grünflächen nachweisen, um die Förderung zu bekommen. „Die Landwirte beantragten die Öko-Regelung auf deutlich mehr Flächen als erwartet. Dies ist ein Hinweis, dass es doch noch mehr Grünland als angenommen mit einer gewissen Vielfalt an Kräutern gibt“, erläutert Norbert Röder vom Thünen-Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen, der ebenfalls an der Analyse mitgewirkt hat. Bei allen anderen Öko-Regelungen wurden deutlich weniger Flächen beantragt als erwartet.

Die Ökoregelungen wurden insgesamt vor allem von Mutterkuh- und schafhaltenden Betrieben sowie von Betrieben mit einem geringen Viehbesatz umgesetzt. Diese Betriebe können insbesondere die Programme zur Förderung einer extensiven Grünlandnutzung gut in ihre Flächenbewirtschaftung integrieren. Ökologisch wirtschaftende Betriebe nahmen deutlich öfter an den Öko-Regelungen teil als konventionelle. Maßnahmen, die weniger Änderungen in den Betrieben nach sich ziehen und somit den Status quo erhalten, werden eher angenommen, als solche, die die Agrarlandschaft tatsächlich verändern könnten.

Neben konkreten Vorschlägen zu den einzelnen Öko-Regelungen machen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einige generelle Vorschläge für Weiterentwicklungen, unter anderem:

  • Änderungen in der aktuellen Förderperiode vor allem auf die Behebung konkreter Umsetzungshemmnisse (z.B. technische Vorgaben) beschränken
  • ergebnisorientierte Maßnahmen (z.B. in Hinblick auf die Förderung von Ackerbrachen und artenreichen Grünlandbeständen) ausbauen
  • mehrjährige Umsetzung der Öko-Regelungen auf den Betrieben fördern
  • die Abstimmung der Öko-Regelungen des Bundes mit den AUKM der Länder deutlich verbessern
  • Transaktions- und Risikokosten berücksichtigen, insbesondere wenn Fördermaßnahmen neu eingeführt werden
  • einen stärkeren Fokus auf Maßnahmen legen, die zu einer Verbesserung des ökologischen Wertes der Flächen führen.

Einig sind sich die Autor*innen in ihrer Forderung an den Bund und die Länder: Um das Potenzial der Ökoregelungen wirklich zu heben, muss ihre Rolle in der Grünen Architektur besser definiert werden. Hierfür ist ein sofortiger Einstieg in die Diskussionen zur Europäischen Agrarpolitik nach 2027 notwendig.


Service zum Download

Kontakt:

Norbert Röder
Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen
Frank Offermann
Institut für Betriebswirtschaft
Christoph Duden
Dr. Christoph Duden
Telefon
+49 531 2570 1181
c.duden@thuenen.de
Institut für Betriebswirtschaft
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