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Expertise

Klimaschutz durch Wiedervernässung von Mooren – wie und zu welchen Kosten?

Christoph Buschmann, Thomas de Witte, Johannes Wegmann, Bernhard Osterburg | 03.05.2023


LV Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen
BW Institut für Betriebswirtschaft KB Stabsstelle Klima und Boden

Entwässerte Moorböden machen einen großen Teil der Emissionen aus, die mit der Landwirtschaft in Deutschland verbunden sind. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Thünen-Instituts ermitteln, welche Kosten entstehen, wenn die konventionelle entwässerte Bewirtschaftung eingeschränkt oder aufgegeben wird und bewerten emissionsarme Alternativen der Landnutzung.

Moore bilden das effizienteste terrestrische Ökosystem für Kohlenstoffspeicherung. Aufgrund der nassen Bedingungen wachsen Pflanzen schneller nach als sie zersetzt werden. In der Folge bildet sich Torf, der Kohlenstoff speichert. Werden Moore entwässert, zum Beispiel um sie agrarisch zu nutzen, wandeln sie sich jedoch von Kohlenstoffsenken zu Treibhausgasquellen.

Entwässerte Moore werden in Deutschland in erster Linie als Grünland für Rinderhaltung genutzt und zu einem kleineren Anteil für den Ackerbau (v. a. für den Futterbau). Die Emissionen entsprechen etwa 7,5 % der deutschen Gesamtemissionen und 44 % der Emissionen aus Landwirtschaft und landwirtschaftlich genutzten Böden. Wegen des hohen Vermeidungspotenzials rücken Emissionen aus Moorböden immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit sowie der deutschen und europäischen Politik.

Emissionsarme alternative Landnutzungssysteme gehen immer mit einer Vernässung von Moorböden einher, aber es bestehen unterschiedliche Optionen, wie stark der Wasserstand angehoben wird. Flächen können vollständig, d.h. bis kurz unter der Geländeoberfläche oder auch darüber hinaus, vernässt werden. Diese Flächen werden entweder restauriert oder es bestehen verschiedene Optionen der nassen Nutzung, die unter dem Begriff „Paludikulturen“ zusammengefasst werden. Zu den Paludikulturen zählen zum Beispiel Schilf und Rohrkolben, die perspektivisch zu Baustoffen wie Dämmmaterialien oder Konstruktionsplatten veredelt werden können. Weitere Informationen zu potentiellen Verwertungsketten von Paludiulturen sind hier zu finden.

Neben der vollständigen Vernässung existieren verschiedene Ansätze, den Wasserstand nur teilweise anzuheben und die Flächen als extensives Grünland für die Fütterung von Rindern zu nutzen (Stauhaltung). In dieser Variante werden jedoch weniger Emissionen eingespart als bei der vollständigen Vernässung. Zudem wird in Versuchen erprobt, ob eine intensive Grünlandnutzung mit einer Anhebung des Wasserstandes durch unterirdische Be- und Entwässerung mit Rohren (Unterflurbewässerung) möglich ist und sich dabei Emissionen mindern lassen.

Regionale Faktoren bestimmen die Umsetzungschancen der Moorvernässung

Die Rahmenbedingungen für die konventionelle landwirtschaftliche Nutzung von Moorböden variieren je nach Region. Ausschlaggebende Faktoren sind z. B. die Produktivität der Flächen oder auch Bewirtschaftungsauflagen in Schutzgebieten. Günstige Gebiete für Moorschutzmaßnahmen liegen u. a. in Regionen, in denen die Moorbodenanteile und die Produktivität der Flächen vergleichsweise gering sind. Im Forschungs- und Entwicklungsvorhaben „Grundlagen zur Umsetzung einer nationalen Moorschutzstrategie“ wurden anhand ökonomischer und anderer Indikatoren Flächen ermittelt und in Stufen eingeteilt, je nachdem wie hoch die Umsetzungschancen der Moorvernässung sind und je nachdem wie viel Emissionen sich einsparen lassen. Auf europäischer Ebene zeigte sich im Projekt CAOS, dass vor allem ökonomische Faktoren wie der Pachtpreis darüber bestimmen, welche Landnutzungsalternativen sich in welchen Regionen anbieten. Zum Beispiel empfiehlt sich auf Flächen mit mittlerer bis geringer Produktivität der Anbau von Paludikulturen oder extensive Beweidung. Andere Faktoren, wie die Heterogenität der Landbesitzer und Bewirtschafter, bestimmen hingegen die Umsetzungschancen von Moorschutzprojekten.
 

Moorvernässung ist als Klimaschutzmaßnahme vergleichsweise kostengünstig

Einer der wesentlichen und vergleichsweise sicher zu bestimmenden Kostenfaktoren der Moorbodenvernässung sind die Opportunitätskosten, die entstehen, weil die Flächen nicht mehr wie bisher bewirtschaftet werden können. Mit den mathematischen Simulationsmodellen RAUMIS und FARMIS wurden die Opportunitätskosten der Moorvernässung auf aggregierter Ebene (Landkreis, Bundesland, landwirtschaftlicher Sektor) geschätzt und mit den Kosten anderer Klimaschutzoptionen in der Landwirtschaft verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Kosten pro Tonne vermiedener Emission bei der Moorvernässung am geringsten sind.

In den Projekten CAOS und BEWAMO zeigte sich, dass die Spannbreite an möglichen Opportunitätskosten deutlich höher ist, wenn einzelne Betriebe betrachtet werden. Die Spannbreite hängt unter anderem davon ab, wie gut sich Betriebe an den Verlust der vernässten Flächen anpassen können.

Im Projekt RoVer sollen diese Arbeiten fortgesetzt werden. Vorgesehen ist, Nutzungsoptionen wie Freiflächen-PV auf vernässten Mooren und Paludikulturen einzubeziehen und auf Bundeslandebene hoch zu skalieren, sodass sich verschiedene Umsetzungsszenarien der Moorvernässung volkswirtschaftlich bewerten lassen.

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