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Interview

„Der Verbrauch von Alternativen zu tierischen Produkten steigt in allen Altersstufen“

Nicole Silbermann mit Martin Banse (forschungsfelder 2023/2)


MA Institut für Marktanalyse

Welche proteinhaltigen Lebensmittel kaufen die Menschen in Deutschland am häufigsten? Wie hat sich der Konsum entwickelt und welche Trends zeichnen sich ab? Das Thünen-Institut für Marktanalyse führt dazu im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) eine Studie durch. Institutsleiter Prof. Dr. Martin Banse erläutert die bislang vorliegenden Ergebnisse.

Herr Banse, worum ging es in Ihrer Marktstudie?

Immer mehr Menschen in Deutschland verzichten auf tierische Produkte und hier besonders auf Fleisch. Wir wollten wissen, ob und wie sich der Konsum von Lebensmitteln tierischer Herkunft, also zum Beispiel von Milchprodukten sowie Fleisch- und Wurstwaren, mengenmäßig verändert hat – und zwar in direktem Vergleich zum Konsum vegetarischer oder veganer Alternativen. Dafür haben wir in einer Studie im Auftrag des BMEL Daten aus dem Haushaltspanel der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) der Jahre 2017 bis 2021 genutzt. 13.000 Haushalte in Deutschland führen hierfür regelmäßig Buch über die Art und Menge der von ihnen konsumierten Produkte. Diese Daten werden von der GfK dann auf ganz Deutschland hochgerechnet.

Welche proteinhaltigen Lebensmittel kommen zu Hause am häufigsten auf den Tisch?

Das sind ganz klar Milchprodukte, also Käse, Quark, Joghurt, Milchrahmprodukte und natürlich Milch und Milchgetränke. Im Untersuchungszeitraum kauften die Menschen pro Jahr durchschnittlich sechs Millionen Tonnen dieser Produkte. Pflanzliche Alternativen – etwa Getränke auf Getreidebasis – wurden im Vergleich zwar deutlich weniger konsumiert. Es gab aber zwischen 2017 und 2021 eine Steigerung um das Zweieinhalbfache: von 145.000 Tonnen im Jahr 2017 auf 360.000 Tonnen im Jahr 2021. Zwei Drittel waren Alternativen zu Milch. Hier greifen Verbraucherinnen und Verbraucher also durchaus öfter mal zu den pflanzenbasierten Produkten.

Wie sieht es bei Fleisch und Wurst und ihren rein pflanzlichen Alternativen aus?

Auch hier zeigt sich eine deutliche Zunahme bei den pflanzlichen Produkten: Von 19.000 Tonnen im Jahr 2017 hat sich die jährlich konsumierte Menge an Fleischalternativen auf über 50.000 Tonnen im Jahr 2021 fast verdreifacht. Bei Fleisch- und Wurstwaren war im Untersuchungszeitraum eine leicht abnehmende Tendenz festzustellen: Durchschnittlich wurden pro Jahr etwa drei Millionen Tonnen Fleisch- und Wurstwaren konsumiert.

Konnten Sie herausfinden, ob die Menschen pflanzliche Alternativen regelmäßig gekauft haben oder ob es eher einmalige Testkäufe waren?

Viele Menschen haben diese pflanzlichen Produkte nur einmal zum Testen gekauft. Doch der Trend geht zum Wiederkauf. Zum Beispiel griffen fast 65 Prozent der Haushalte innerhalb eines Jahres mindestens ein zweites Mal zu Milchalternativen. Diese sogenannte Wiederkaufsrate stieg bei pflanzlichen Fleischersatzprodukten im Untersuchungszeitraum um elf Prozentpunkte auf insgesamt 70 Prozent an. Unsere Studienergebnisse deuten darauf hin, dass sich diese Entwicklung in Zukunft weiter fortsetzen wird.

Im zweiten Teil der Studie schauen Sie sich verschiedene Haushaltstypen näher an. Können Sie Unterschiede beim Konsum pflanzlicher Produkte erkennen?

Wir untersuchen den Konsum von zwölf unterschiedlichen Haushaltstypen – von jungen Singles über Familien mit Kindern und Paaren mittleren Alters bis hin zu Seniorinnen und Senioren. Erwartet haben wir einen besonders dynamischen Trend in der jungen Altersgruppe. Doch das ist nicht der Fall: Der Verbrauch von Alternativen zu tierischen Produkten steigt in allen Altersstufen. Auch beim Vergleich von städtischen mit ländlichen Haushalten können wir keine ausgeprägten Unterschiede feststellen. Der Anteil pflanzlicher Produkte in der Ernährung zu Hause nimmt zu – ganz unabhängig von Alter oder Wohnort.

Warum sind solche Studien wie Ihre wichtig?

Auch wenn wir über die Gründe für die individuellen Kaufentscheidungen mit unserer Studie keine Aussagen treffen können, ist Marktforschung ein Instrument, um den Status quo des Konsums zu ermitteln sowie Trends aufzuspüren. Wir können detaillierte und vielschichtige Studienergebnisse liefern, die beispielsweise auch dabei helfen können, Maßnahmen oder Strategien im Bereich Ernährung zu entwickeln und zu gestalten.

Herr Banse, vielen Dank für das Gespräch.

Für die Marktstudie zum Konsum vegetarischer oder veganer Lebensmittel als Alternative zu tierischen Erzeugnissen nutzte das Team des Thünen-Instituts Daten aus dem Haushaltspanel der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Dieses besteht aus 13.000 Haushalten, die repräsentativ für die in Deutschland lebende Bevölkerung sind und deren Einkäufe erfassen. Es ging in der Studie ausschließlich um die Einkäufe für die Ernährung zuhause, nicht etwa um das Essen außerhalb, zum Beispiel in Kantinen oder Restaurants.

Die Kaufentscheidungen werden über mehrere Jahre hinweg detailliert erfasst, was auch eine Unterscheidung zwischen einmaligen – also vermutlich testweisen – oder wiederholten Käufen ermöglicht. Die GfK rechnet die Angaben dieses Panels für sämtliche Haushalte in Deutschland hoch, sodass deutschlandweit repräsentative Konsumtrends sichtbar werden.

Für seine Analyse betrachtete das Thünen-Institut Produktkategorien, weshalb es keine Aussagen über spezifische Produkte, etwa einer bestimmten Marke, treffen kann. Im zweiten Studienteil untersuchte das Forschungsteam dann die Kaufentscheidungen unterschiedlicher Haushaltstypen und verglich diese miteinander.

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