Institut für
BW Betriebswirtschaft
Projekt
Liquiditätsmanagement in niedersächsischen Milchviehbetrieben
Liquiditätsmanagement in landwirtschaftlichen Unternehmen: Analyse der Bedeutung, Einflussfaktoren und Handlungsoptionen am Beispiel von niedersächsischen Milchviehbetrieben
Milchviehbetriebe und deren Betriebsleitungen sehen sich zunehmend schwankenden Zahlungsströmen in ihrem laufenden Geschäftsbetrieb ausgesetzt. Wir untersuchen, welche milchviehhaltende Landwirte in Niedersachsen Liquiditätsmanagement betreiben. Wie wird es durchgeführt und welches sind die Gründe für die Wahl von Liquiditätsmanagementmaßnahmen?
Hintergrund und Zielsetzung
Zunehmend schwankende Zahlungsströme für Milchviehbetriebe haben verschiedene Gründe. Auf der Seite der Mittelzuflüsse sind im Wege der Liberalisierung des Milchmarktes seit 2006 die volatilen Milcherzeugerpreise zu nennen. Auf der Seite Auszahlungen schwanken insbesondere die Preise für Futtermittel. Dies erfordert ein gezieltes Steuern der Zahlungsströme, um die jederzeitige Zahlungsfähigkeit des Betriebes, die Liquidität, zu sichern. Insbesondere in längeren Phasen niedriger Milcherzeugerpreise, in denen keine Deckung der Auszahlungen bei der Milchproduktion erreicht wird, rückt das Liquiditätsmanagements in den Blickpunkt der Betriebsführung.
Zielgruppe
Wissenschaft, Politik, Beratung und Praxis
Vorgehensweise
In der vorliegenden Arbeit wird mittels eines Mixed-Methods-Forschungsdesigns der Status quo des Liquiditätsmanagements und seiner Einflussfaktoren in landwirtschaftlichen Unternehmen am Beispiel von niedersächsischen Milchviehbetrieben analysiert.
Zunächst wurde anhand der Literatur ausgehend vom aktuellen Forschungsstand untersucht, wie ein „optimales“ Liquiditätsmanagement in Milchviehbetrieben aussehen sollte und welche betriebsindividuellen Faktoren sowie Eigenschaften und Einstellungen auf Ebene der Betriebsleiter aus theoretischer Sicht das Liquiditätsmanagement der Betriebe beeinflusst.
Anschließend erfolgte eine empirische Analyse zum Liquiditätsmanagement bei Milchviehbetrieben und dessen Einflussfaktoren auf betrieblicher Ebene und auf Betriebsleiterebene erfolgen. Dazu wird eine schriftliche Erhebung bei rund 1.100 Milchviehbetrieben in Niedersachsen durchgeführt. Qualitative Experteninterviews wurden zur Vorbereitung der Erhebung und ein abschließender Validierungsworkshop mit Experten zur Diskussion der Analyseergebnisse und Ableitung von Handlungsempfehlungen durchgeführt.
Daten und Methoden
Die Datenerhebung erfolgt in zwei Schritten. Zunächst werden die betrieblichen Einflussfaktoren in einem schriftlichen Fragebogen, der an alle Milchvieh haltenden Betriebe Niedersachsens gerichtet ist, abgefragt. Im zweiten Schritt werden Interviews mit Betriebsleiterinnen und Betriebsleitern geführt, um Einflussfaktoren im Bereich der persönlichen Einstellungen und Kompetenzen zu erheben. Im Anschluss an die Datenauswertung sollen die Ergebnisse in einem Expertenworkshop mit Vertretern aus Wissenschaft, Landwirtschaft, Milchwirtschaft, Molkereien, LWK, Landvolk und Banken vorgestellt, dort diskutiert und weiterentwickelt werden.
Der Abgleich der theoretischen sowie der empirischen Ergebnisse soll abschließend zur Ableitung von Handlungsempfehlungen führen.
Unsere Forschungsfragen
Welches sind die wesentlichen betrieblichen Einflussfaktoren auf das Liquiditätsmanagement von Milchviehbetrieben?
Welche Unternehmerkompetenzen und Einstellungen sind bei den Betriebsleitern vorhanden und welchen Einfluss bzw. welche Zusammenhänge auf/mit dem Liquiditätsmanagement sind erkennbar? Welcher Verbesserungsbedarf besteht ggf. in diesem Punkt?
Ergebnisse
Die Befragungsdaten von insgesamt rund 1.100 Betriebsleitern wurden mittels multivariater Analyse (ordinal-logistische Regression) im Hinblick auf die folgenden Aspekte untersucht:
a) Auf betrieblichen Ebene: Kapitalausstattung, Rechtsform, Rentabilität und Stabilität sowie
b) bezüglich der persönlichen Eigenschaften der Betriebsleitungen: fachliche Qualifikation, strategisches Denkvermögen, Motivation, Ehrgeiz/Zielorientierung und Risikoneigung.
Die Analyse ergab, dass ein höherer Fremdkapitalanteil im Betrieb zu einem intensiveren Liquiditätsmanagement führt. Gleiches gilt für die Qualifikation der Betriebsleitung: je höher desto intensiver das Liquiditätsmanagement. Dagegen kann die Risikoeinstellung nicht eindeutig mit dem Liquiditätsmanagement verbunden werden; allerdings neigen risikoscheue Betriebsleiter tendenziell dazu, größere Liquiditätsreserven im Betrieb anzulegen.
Aus den Ergebnissen wurden die folgenden Empfehlungen abgeleitet:
- Der „Liquiditätsmanagement Score“ sollte weiter im Hinblick auf die Güte des Liquiditätsmanagements spezifiziert werden, um in der empirischen Analyse zum Liquiditätsmanagement die Abgrenzung homogenerer Gruppen zu ermöglichen.
- Sowohl die Risikoeinstellung als auch die Risikoerfahrung der Betriebsleiter:innen auch deren Ursachen sollten weiter erforscht werden, um das Liquiditätsmanagement umfassender analysieren zu können.
- Es sollte untersucht werden, welche Hemmnisse seitens der Betriebsleiter:innen der systematischen Befassung mit dem Liquiditätsmanagement entgegenstehen und wie diese abgebaut werden können.
- Für die Betriebsleiter:innen sollte die Fort- und Weiterbildung zum Thema Liquiditätsmanagement verstärkt werden und ein gut verständlicher und leicht umsetzbarer Leitfaden zum Liquiditätsmanagement entwickelt werden.
Thünen-Ansprechperson
Geldgeber
-
Fokus Milch GmbH
(national, privat)
Zeitraum
12.2017 - 4.2023
Weitere Projektdaten
Projektstatus:
abgeschlossen