Institut für
BW Betriebswirtschaft
Wirtschaftlichkeit der Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration
Aktuell
17.04.2019
Thünen-Institut legt aktualisierte Berechnungen zur Ferkelkastration vor und spricht in „NDR aktuell“ über die alternativen Methoden zur bisherigen Praxis.
Das Verbot der betäubungslosen Kastration von Ferkeln sollte am 01.01.2019 in Kraft treten. Am 29. November 2018 verlängerte der Deutsche Bundestag diese Frist um zwei Jahre, weil Politik und Wirtschaft nicht in der Lage waren, sich auf eine oder mehrere der verfügbaren Alternativen einzulassen. Die Gesetzesänderung bedeutet für die schweinehaltenden Betriebe in Deutschland eine Umstellung ihrer bisherigen Praxis. Als Strategien werden die Jungebermast, die Impfung gegen Ebergeruch (die sogenannte Immunokastration), die Kastration unter Anwendung verschiedener Vollnarkoseverfahren und die Lokalanästhesie diskutiert.
Zielsetzung dieser Studie ist es, aufbauend auf dem Working Paper 64 (Verhaagh und Deblitz, 2016) eine aktualisierte Analyse der betriebswirtschaftlichen Auswirkungen dieser alternativen Verfahren und einen Vergleich der Wirtschaftlichkeit zu erstellen.
Im ersten Schritt wird eine Referenzsituation (Baseline) mit der derzeit praxisüblichen betäubungslosen Kastration männlicher Ferkel spezifiziert. Hierfür wurden Daten von 11 typischen Betrieben mit Schweinehaltung in den wichtigsten Regionen in Deutschland sowie mit unterschiedlichen Tierzahlen und Produktionsrichtungen (spezialisierte Ferkelproduktion bzw. Schweinemast, geschlossenes System) verwendet. Anschließend werden die Alternativen der derzeitigen Praxis und ihre Auswirkungen auf die Leistungsdaten sowie die Kosten und ggf. Erlöse definiert. Die Baseline und die Alternativen werden als Vollkostenrechnungen ausgewertet, weil neben den Direktkosten auch Investitionen und Gemeinkosten betroffen sind. Variationsrechnungen zu Preisen, Leistungsdaten und Anwendungsverfahren ergänzen die Analyse.
Die Kosten der Ebermast mit Impfung (Immunokastration) werden durch die höhere Leistung der Tiere und eine bessere Futterverwertung kompensiert. Die Ebermast – also ein Verzicht auf Kastrationsmaßnahmen – schneidet aufgrund der geringeren Bezahlung durch die deutsche Schlachtindustrie (Eberpreismaske) etwas schlechter ab. Bei beiden Verfahren bestehen außerdem regionale Unterschiede. Die Auswirkungen der chirurgischen Verfahren sind hinsichtlich ihrer Ergebnisse zwischen den einzelnen Produktionsrichtungen und Regionen in Deutschland homogener: Unter den beiden Verfahren der Vollnarkose ist die Injektionsnarkose das teuerste der untersuchten Verfahren, gefolgt von der Inhalationsnarkose mit Isofluran. Die auch als „vierter Weg“ bekannte Lokalanästhesie (Betäubung der Hoden bei der Kastration) ist hingegen deutlich kostengünstiger. Ein wichtiger Grund für die höheren Kosten der Betäubungsverfahren ist die Tatsache, dass diese beim jetzigen Stand nur durch Tierärzte durchgeführt werden dürfen. Variationsrechnungen zeigen, dass die Kosten für diese Verfahren unter der Annahme sinken, dass die Landwirte diese selbst durchführen dürfen. Eine entsprechende Durchführungsverordnung für die Isoflurannarkose befindet sich in Vorbereitung.
Die Studie ist als Thünen Working PaperNr. 110 auf der Website des Thünen-Instituts erschienen. Die Rechte des Videobeitrages liegen bei dem Norddeutschen Rundfunk.