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Ein Mitarbeiter sammelt Ameisen auf einer Untersuchungsfläche.
© Thünen-Institut/BD
Ein Mitarbeiter sammelt Ameisen auf einer Untersuchungsfläche.
Institut für

BD Biodiversität

Monitoring und Indikatoren

Mit dem Monitoring der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften entwickeln wir einen bedeutenden Baustein für ein bundesweites Biodiversitätsmonitoring. Bisher fehlen in Deutschland auf den Agrarraum spezifisch zugeschnittene Monitoringprogramme, die Biodiversität nicht als reines Schutzgut, sondern als Grundlage für ein nachhaltiges Landwirtschafts- und Ernährungssystem betrachten. Durch unsere Arbeiten schaffen wir eine bundesweit repräsentative und wissenschaftlich belastbare Datengrundlage, die konsequent an politische Handlungsfelder sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene ausgerichtet ist. Zielerreichung und Wirksamkeit von agrarumweltpolitischen Förderinstrumenten sollen durch Indikatoren überprüft und gegebenenfalls Hinweise zur Anpassung von Maßnahmen abgeleitet werden.

Mit dem europäischen Green Deal und seinen unterstützenden Strategien sowie den Instrumenten der GAP will die EU Transformationsprozesse in Richtung einer nachhaltigen Landwirtschaft, einer gesunden Ernährung und Umwelt anstoßen, die auf Erhaltung und Förderung der biologischen Vielfalt und ihren Funktionen und Leistungen beruht. Vor diesem Hintergrund wird der Bedarf an einem Biodiversitätsmonitoring in Agrarlandschaften deutlich. Die EU-Mitgliedsstaaten werden über die Erreichung bindender Zielvereinbarungen berichten müssen. Deutschland wird also zukünftig eine Datengrundlage generieren müssen, die es erlaubt, entsprechende Indikatoren zu berechnen und zu berichten. Vor diesem Hintergrund erarbeiten wir, gemeinsam mit anderen Thünen-Instituten und Partnern aus der Ressortforschung, Methoden und Indikatoren für ein umfassendes Monitoring der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften (MonViA).

Ziel ist es, für Deutschland eine umfassende und solide Datengrundlage zu schaffen, die zukünftig Antworten auf folgende Fragen geben soll: 

  • Welchen Einfluss haben Landnutzung und Agrarstruktur auf die Entwicklung der biologischen Vielfalt in offenen Agrarlandschaften?
  • Wie wirken sich Veränderungen der biologischen Vielfalt auf die Leistungsfähigkeit und Stabilität von Agrarökosystemen aus?
  • Wie wirken sich agrar- und umweltpolitische Maßnahmen auf die biologische Vielfalt aus?

Verantwortliche Wissenschaftler*innen:Jens Dauber, Petra Dieker, Sebastian Klimek, Christian Levers, Diana Sietz, Jan Thiele


Aktuelle Themen

Die Modellierung von Biodiversitätstrends und deren Treibern in Agrarlandschaften ist ein wichtiges Mittel, um Einblicke in die komplexen Beziehungen zwischen landwirtschaftlichen Praktiken, biologischer Vielfalt, Bereitstellung von Ökosystemleistungen, Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen und politischen Entscheidungen zu gewinnen. Der Aufbau solider Kenntnisse über die Auswirkungen von Landnutzungspraktiken, die von Reaktionen der biologischen Vielfalt bis hin zum Funktionieren ganzer Ökosysteme reichen, kann die Entscheidungsfindung unterstützen, eine nachhaltige Landwirtschaft fördern und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen beitragen, die für die Aufrechterhaltung gesunder Ökosysteme und nachhaltiger Lebensmittelproduktionssysteme unerlässlich ist.


Verantwortliche Wissenschaftler*innen: Sebastian Klimek, Christian Levers


Die biologische Vielfalt in Agrarlandschaften spielt eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung von Ökosystemleistungen wie Bestäubung, Schädlingsbekämpfung und Nährstoffkreislauf, die für die Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Produktivität unerlässlich sind. Die Überwachung und Modellierung von Trends der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften kann das Verständnis dafür fördern, wie sich landwirtschaftliche Praktiken auf die biologische Vielfalt auswirken und wie sich Veränderungen der biologischen Vielfalt auf die Bereitstellung von Ökosystemleistungen und die Nachhaltigkeit landwirtschaftlicher Systeme auswirken. Dies ermöglicht die frühzeitige Erkennung von Anzeichen für einen Verlust bzw. eine Erholung, fundierte Erhaltungsstrategien und Planungen, indem beispielsweise Schlüsselbereiche ermittelt werden, auf die sich die Erhaltungsbemühungen konzentrieren sollten, und die Entwicklung nachhaltiger landwirtschaftlicher Praktiken angeleitet wird, die die biologische Vielfalt unterstützen und zu verbesserten Ökosystemleistungen und einer höheren landwirtschaftlichen Produktivität führen. Dies ist besonders wichtig, da Agrarlandschaften anfällig für verschiedene Faktoren des Wandels sind, wie z. B. den Klimawandel oder Veränderungen in der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung (Intensität), aber auch ganz entscheidend für das Vorhandensein von Ökosystemleistungen. Zu verstehen, wie die biologische Vielfalt zur Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit von Agrarlandschaften beiträgt, ist daher von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung von Strategien zur Abschwächung und Vermeidung der negativen Auswirkungen von Umwelt- und Bewirtschaftungsänderungen auf die biologische Vielfalt und zur Erhaltung der Widerstandsfähigkeit von Agrarlandschaften. Letztlich können Modelle eine wichtige Rolle bei der Vermittlung wissenschaftlicher Ergebnisse an verschiedene Interessengruppen und bei der Information von Politik und Entscheidungsprozessen im Zusammenhang mit Agrarlandschaften spielen. Solche Modelle bieten wertvolle Einblicke und ermöglichen die Bewertung der potentiellen Auswirkungen verschiedener landwirtschaftlicher Praktiken, Strategien oder Erhaltungsmaßnahmen auf die biologische Vielfalt.

In Kooperation mit dem Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) und dem Helmholtz Zentrum für Umweltforschung werden in gemeinsamen Datenauswertung des Monitorings häufiger Brutvögel bzw. des Tagfaltermonitorings abgeschätzt, inwieweit diese Monitoringprogramme Aussagen über Veränderungen in Agrarlandschaften erlauben. Dazu untersuchen wir die Auswirkungen von agrarischer Landnutzung und Landschaftsstruktur auf die Anzahl und Abundanz von Vögeln und Schmetterlingen in Raum und Zeit. Damit schaffen wir ein besseres Verständnis der wesentlichen Einflussfaktoren auf Verbreitungsmuster und Bestandsveränderungen. Basierend auf den Ergebnissen leiten wir Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Agrarumweltpolitik für einen verbesserten Schutz von Vögeln und Schmetterlingen ab.

In diesem Forschungsthema befassen wir uns mit den folgenden übergreifenden Forschungsfragen:

  • Wie wirken sich Landnutzung und Landnutzungsintensität auf die biologische Vielfalt in Agrarlandschaften aus?
  • Wie wirken sich politische Maßnahmen, wie z. B. Agrarumweltprogramme, auf die Entwicklung der biologischen Vielfalt aus?
  • Wie moduliert/verstärkt die Landschaftsstruktur die Dynamik der biologischen Vielfalt?

Um die Vielfalt und Veränderlichkeit von Bodenmikrobiomen auf größeren geographischen Skalen und über einen Zeitraum von Jahrzehnten zu erfassen, ist eine abgestimmtes Verfahren zur Auswahl von Probenahmepunkten, zum Transport und Lagerung von Bodenproben, zur Labor-Extraktion und Sequenzierung von Boden-DNA, sowie zu bioinformatischen und statistischen Datenanalyse absolut notwendig. Hierzu werden Empfehlungen auf Basis eigener experimenteller Untersuchungen von uns erarbeitet und publiziert.


Verantwortliche Wissenschaftler*innen: Christoph Tebbe


Die Bedeutung der Bodenmikrobiome für die Ökosystemleistungen ist heute unumstritten, und doch wissen wir kaum, wie sich Agrarmaßnahmen auf deren Vielfalt und Leistungsfähigkeit auswirken und wie sich Mikrobiome über längere Zeiträume zum Beispiel im Zuge einer neuen Landnutzung oder auch durch Klimawandel verändern können. Belastbare Daten, die für Modellierungen geeignet wären, erfordern ein großflächiges Monitoring und Langzeitstudien. Wichtig ist hierbei eine wissenschaftlich fundierte Harmonisierung von Methoden im internationalen Kontext: dies bezieht sich auf die Frage, wie aussagekräftige Standorte und Nutzungsgradienten auf großen geographischen Skalen gefunden und beprobt werden können, oder auch, welche Protokolle für den Transport, die Lagerung und Analyse von Bodenproben zu befolgen sind.

Für ein Mikrobiom Monitoring sind die DNA-Analysen die Methode der Wahl, Informationen über deren strukturelle und funktionelle Diversität zu erhalten. Unsere Untersuchungen im Rahmen des MonViA Projekts zeigten, dass sich Standort-typische Mikrobiome unabhängig davon, wie Bodenproben entnommen und gelagert wurden, nachweisen lassen. Jedoch belegten genauerer Analysen, dass bestimmte Bakteriengruppen und besonders auch Pilze sich aus getrockneten Bodenproben schlechter nachweisen ließen als auch sofort gefrorenen oder frischen Proben. Die übliche Methode des Bodensiebens verursachte eine experimentell verfälschte Abnahme der Vielfalt der Mikrobiome, erhöhte aber andererseits die Ausbeute an DNA, vermutlich dadurch, dass Aggregate aufgebrochen wurden. Auch die jahreszeitliche Veränderung ist beim Monitoring zu beachten. Am besten sind Probenahmen im Frühjahr, da so der kurzfristige Einfluss der jeweils angebauten Kulturpflanze auf die mikrobielle Vielfalt sehr niedrig gehalten werden kann. Über den Jahresverlauf zeigten sich Pilze und Protisten variabler als Bakterien und Archaeen. 

Sequenzierungsmethoden versprechen eine hohe Leistungsfähigkeit für Biodiversitätsmonitoring, insbesondere für Mikroorganismen, die für konventionelle Beobachtungsmethoden zu klein sind. Voraussetzung für solche Analyse sind zuverlässige Referenzdatenbanken und spezialisierte Software. Wir unterstützen andere Arbeitsgruppen im Institut bei der Kuration von Datenbanken und der Umsetzung von Bioinformatik-Software. Gleichzeitig entwickeln wir eigene Methoden zur Artenbestimmung aus metagenomischen Datensätzen.


Verantwortliche Wissenschaftler*innen: Brandon Seah


Die Sequenzierung von molekulare “Barcodes”, nämlich kurzen Genfragmenten zur Artenbestimmung, ist eine vielversprechende Methode im Biodiversitätsmonitoring. Im Vergleich zur traditionellen Bestimmung anhand morphologischer Merkmale kann Barcoding zur Bestimmung von Arten in unvollständigen Proben, in schlecht bekannten Entwicklungsstadien, und sogar in freie DNA aus der Umwelt (sogennante “environmental DNA” oder eDNA) verwendet werden.

Dieses Versprechen kann nur erfüllt werden, wenn wir über vertrauenswürdige, vollständige Referenzdatenbanken verfügen, die eine große Artenvielfalt der Zielgruppen repräsentieren. In der Praxis werden solche Referenzsequenzen aus öffentlichen Forschungsdatenbanken entnommen, die aus unterschiedlichen Quellen stammen und zunächst kuratiert und bearbeitet werden müssen, damit sie den Bedürfnissen eines Monitoring-Projektes entsprechen. Eine Art kann beispielsweise unter verschiedenen Namen in verschiedenen Datenbanken bekannt sein. Bei der Kuration sollten diese Namen und unterschiedliche Klassifizierungen harmonisiert werden.

Wie im Labor sollte auch die Verarbeitung von Daten in silico nach standardisierten Verfahren erfolgen. Bei Monitoring ist die Reproduzierbarkeit besonders wichtig, da die Daten über einen langen Zeitraum gesammelt und verarbeitet werden.

Daher lauten unsere Ziele wie folgt:

  • Entwicklung konsistenter, transparenter, und reproduzierbarer Software-Pipelines für Biodiversitätsmonitoring
  • Anwendung moderner Werkzeuge für nachhaltige, kollaborative Softwareentwicklung
  • Anwendung der FAIR-Prinzipien (Findable, Accessible, Interoperable, Reusable) vom Datenmanagement auf Forschungssoftware
  • Kritische Bewertung von Methoden zur Datenkuration und taxonomischer Harmonisierung

Verantwortliche Wissenschaftler*innen: Jens Dauber, Petra Dieker


Wir konzipieren ein Wildbienen-Monitoring in Agrarlandschaften (https://wildbienen.thuenen.de), welches Module für ein bundesweites Trendmonitoring als auch frageorientierte Monitoringansätze zur Bewertung von biodiversitätsfördernden Maßnahmen und Bestäubung umfasst. Ein wesentliches Merkmal des Wildbienen-Monitorings ist die Einbindung von Akteurinnen und Akteuren des ländlichen Raums sowie interessierten Bürgerinnen und Bürgern. Mit dem Wildbienen-Monitoring in Agrarlandschaft legt das Thünen-Institut einen Grundstein für ein bundesweites Wildbienen-Monitoring.

Für Citizen Science-basierte Monitoringansätze entwickeln und testen wir gemeinsam mit Ehrenamtlichen tötungsfreie Erfassungsmethoden für Wildbienen, aber auch wie wir Informationen über Nahrungs- und Nistressourcen erhalten. Darüber hinaus legen wir wissenschaftliche Grundlagen für eine zukunftsweisende automatisierte Erfassungen.

Wie verändert sich die biologische Vielfalt mittel- und langfristig? Wie die umgehende Agrarlandschaft, einschließlich ihrer Nutzung? Welchen Einfluss hat dies auf Ökosystemleistungen? Und wie wirken sich politische Entscheidungen auf diese verschiedenen Komponenten aus? Antworten auf diese Fragen sollen mittels Indikatoren kommuniziert werden, die dem DPSIR-Modell der EEA (1998) folgen und entweder Veränderungen von Zuständen, Belastungen, Wirkungen oder politischen Reaktionen beschreiben.

Im Wildbienen-Monitoring in Agrarlandschaften engagieren sich Ehrenamtliche, Wildbienen-Expertinnen und -Experten sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gemeinsam. Sie erheben gemeinsam Daten über das Vorkommen, die Häufigkeit und das zeitliche Auftreten von Wildbienen und setzen diese Informationen in Beziehung zur umgebenden Agrarlandschaft. In fünf Monitoringmodulen sollen so zukünftig eine wissenschaftlich belastbare Datengrundlage für Deutschland geschaffen werden, die Aussagen zur Entwicklung von Wildbienenbestände, über die Wirkungsweise von biodiversitätsfördernden Maßnahmen sowie Bestäubungssituation Auskunft geben.

Seit 2020 sind bereits drei Module im Bereich des Trendmonitorings konzipiert, die uns zukünftig erlauben sollen, Veränderungen in Wildbienenbeständen und ihren Lebensräumen zu beschreiben. Damit einerseits jede und jeder mitmachen kann und andererseits wir unser Wissen über Wildbienen im doppelten Sinne langfristig vergrößern, haben wir mit dem Nisthilfen-Monitoring und dem Hummel-Monitoring Module geschaffen, die interessierten Bürgerinnen und Bürgern einen Einstieg in die Wildbienenbestimmung ermöglichen. Neben den Citizen Science-basierten Monitoringmodulen, erfassen Wildbienen-Expertinnen und -Experten auf einer festgesetzten Stichprobenkulisse zukünftig bundesweit das gesamte Wildbienen-Artenspektrum in Agrarlandschaften.

Gegenwärtig finden sich zwei Module des frageorientieren Monitorings zur Bewertung der Wirksamkeit von biodiversitätsfördernden Maßnahmen und sowie zur Abschätzung der Bestäubungssituation in der Entwicklung.

Mit den Wildbienen-Monitoring in Agrarlandschaften werden die Grundlagen für eine vielfältige Politikberatung für die politischen Handlungsfelder GA, NRL, New Deal for Pollinators/EU Pollinator Iniative und Insektenschutzgesetz geschaffen.

https://wildbienen.thuenen.de

Ein wichtiges Anliegen des Wildbienen-Monitorings in Agrarlandschaften ist es, tötungsfreie Erfassungsmethoden zu entwickeln. Darüber hinaus sollen diese Methoden von jeder und jedem im Gelände angewendet werden können – unabhängig davon, ob man Erfahrung im Umgang mit Insekten besitzt. Unsere Methodenentwicklungen sind in den Bereichen standardisierte Erfassung von Wildbienen und ihren Nahrungsressourcen, automatisierte Aktivitätserfassung sowie Erfassungen mittels molekularbiologischer Ansätze.

Für das Monitoring der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften und für das Wildbienen-Monitoring werden Indikatoren entwickelt, die uns zukünftig erlauben sollen, Zusammenhänge zwischen politischen Entscheidungen und den Veränderungen der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften aufzeigen zu können.     

Die entwickelten Indikatoren tragen zur Erfüllung europäischer und nationaler Berichtspflichten bei.

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