Weiter zum Inhalt
© Anja Bunge / Thünen-Institut
Institut für

FI Fischereiökologie

Projekt

Wie verbessern wir Überleben und Abwanderung von Blankaalen?


Federführendes Institut FI Institut für Fischereiökologie

© Reinhold Hanel / Lasse Marohn

Quantifizierung der Sterblichkeit von Aalen in deutschen Binnengewässern

Ziel des aktuellen Aal-Bestandsmanagements ist eine Erhöhung der Anzahl an Blankaalen, die die Binnen- und Küstengewässer verlassen, um zum Laicherbestand beizutragen. Unberücksichtigt bleibt dabei bisher die Qualität dieser potentiellen Elterntiere. Um zu einer realen Einschätzung des Erfolgs verschiedener Management-Maßnahmen zu kommen, ist es daher erforderlich, neben einer Quantifizierung verschiedener flussgebietstypischer Sterblichkeitsfaktoren auch korrekte Schätzungen über Anzahl und Qualität der abwandernden Blankaale zu erheben.

Hintergrund und Zielsetzung

Im Zuge der „Verordnung mit Maßnahmen zur Wiederauffüllung des Bestandes des Europäischen Aals“ (VO (EG) 1100/2007) strebt die Europäische Union an, die anthropogen bedingte Sterblichkeit zu vermindern und die Abwanderung von Blankaalen aus den Europäischen Binnengewässern zu steigern. Dadurch soll der effektive Laicherbestand substantiell erhöht werden. Im Projekt „Quantifizierung der Sterblichkeit von Aalen in deutschen Binnengewässern“ wollten wir die Sterblichkeit von Aalen in einem Modellgewässer quantifizieren und alle relevanten Mortalitätsfaktoren benennen. Darüber hinaus wollten wir die Blankaalabwanderung lückenlos erfassen. Sie sollte Aufschluss darüber liefern, wie ein repräsentatives Gewässer-System zur Produktion reproduktionsfähiger Aale beiträgt. Die Ergebnisse sollten dazu dienen, die in Deutschland getroffenen Maßnahmen zum Schutz des Europäischen Aals zu verbessern und den Nutzen bisheriger Anstrengungen zu evaluieren.

Vorgehensweise

Wir haben Aal-Fang- und Besatzzahlen der vergangenen 18 Jahre sowie Fangzusammensetzung, Fischereisterblichkeit und Bestandscharakteristika des Aals im Modellgewässer der Schwentine in Schleswig-Holstein erhoben und ausgewertet. Darüber hinaus haben wir den Räuberdruck durch Kormorane ermittelt und die Sterblichkeit an einem Wasserkraftwerk bestimmt. Die jährliche Abwanderung von Blankaalen wurde erfasst und mit Schätzungen aus dem Aal-Managementplan und Ergebnissen des "Deutschen Aal-Bestandsmodells II" verglichen. Die Laicherqualität der abwandernden Blankaale haben wir anhand des Fettgehalts bestimmt, wir haben untersucht, wie stark sie von Parasiten, und Viren befallen waren und Daten zur Schadstoffbelastung erhoben. Außerdem haben wir das Wanderverhalten der Aale nach Verlassen der Schwentine analysiert.

Ergebnisse

Die tatsächlich beobachtete jährliche Blankaalabwanderung lag signifikant unter den aus Schätzungen zur Umsetzung der Europäischen Aal-Richtlinie zu erwartenden Werten für die Flussgebietseinheit Schlei/Trave. Ausmaß und Zeitpunkt der jährlichen Blankaalabwanderung variierte stark und wurde von Schüttung und Temperatur beeinflusst. Die Blankaalentnahme durch die Berufs- und Freizeitfischerei betrug ein Mehrfaches der Blankaalabwanderung und es wurde beobachtet, dass rund 32% aller abwandernden Blankaale am Fischabweiser des nahe der Schwentine-Mündung liegenden Laufwasserkraftwerks Raisdorf 2 verendeten, obwohl eine Fischtreppe mit Aalabstiegsrohr ein sicheres Entkommen gewährleisten sollte. Unsere Ergebnisse zeigen ferner, dass die Verwendung des „Deutschen Aalbestandsmodells II“ nur dann dazu geeignet ist, die Blankaalabwanderung aus einem Binnengewässer exakt abzuschätzen, wenn sorgfältig erhobene gewässerspezifische Eingangsparameter Eingang in die Modellberechnungen finden. Die Laicherqualität der abwandernden Blankaale wird durch hohe Befallsintensitäten mit dem Schwimmblasen-Parasiten Anguillicola crassus sowie durch EVEX-Infektionen beeinträchtigt. Zudem zeigen die durchgeführten Untersuchungen zum Wanderverhalten markierter Blankaale auffallend geringe Wandergeschwindigkeiten der Tiere in der Ostsee.

Die erhobenen Daten sind von erheblichem Nutzen für die Umsetzung der Ratsverordnung. Unter anderem zeigt der Vergleich der modellierten zu den tatsächlich erhobenen Daten deutlich die Risiken einer ausschließlich auf Modellannahmen basierenden Schätzung der Zahl abwandernder Blankaale. Die Ergebnisse hinsichtlich der Dynamik der Abwanderungsereignisse und der bestimmenden Faktoren sowie Daten zur Aal-Sterblichkeit am Fischabweiser von Wasserkraftwerk Raisdorf 2 bieten eine konkrete Grundlage für ein mögliches Turbinen-Management zu Zeiten der jährlichen Blankaalabwanderung.

Links und Downloads

Projektbericht: download.ble.de/07HS010/index.html

Beteiligte externe Thünen-Partner

Geldgeber

  • Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)
    (national, öffentlich)

Zeitraum

9.2008 - 6.2012

Weitere Projektdaten

Projektfördernummer: 2807HS010
Projektstatus: abgeschlossen

Publikationen

  1. 0

    Marohn L, Prigge E, Hanel R (2014) Escapement success of silver eels from a German river system is low compared to management-based estimates. Freshwater Biol 59(1):64-72, DOI:10.1111/fwb.12246

  2. 1

    Marohn L, Prigge E, Hanel R (2014) Introduced American eels Anguilla rostrata in European waters: life-history traits in a non-native environment. J Fish Biol 84(6):1740-1747, DOI:10.1111/jfb.12394

  3. 2

    Prigge E, Marohn L, Oeberst R, Hanel R (2013) Model prediction vs. reality – testing the predictions of a European eel (Anguilla anguilla) stock dynamics model against the in situ observation of silver eel escapement in compliance with the European eel regulation. ICES J Mar Sci 70(2):309-318, doi:10.1093/icesjms/fss188

  4. 3

    Prigge E, Marohn L, Hanel R (2013) Tracking the migratory success of stocked European eels Anguilla anguilla in the Baltic Sea. J Fish Biol 82(2):686-699, DOI:10.1111/jfb.12032

Nach oben