Weiter zum Inhalt
Unterschiedliche Baumsaaten werden in Händen gehalten, darunter Zapfen und Bucheckern
© Bernd Degen
Unterschiedliche Baumsaaten werden in Händen gehalten, darunter Zapfen und Bucheckern
Institut für

FG Forstgenetik

Genom der Weißtanne entschlüsselt: Baumart für den Wald der Zukunft

Die Weißtanne (Abies alba) ist eine europäische Nadelbaumart innerhalb der Familie der Kieferngewächse und kann ein Höchstalter von 500 bis 600 Jahren erreichen. Ab dem 18. Jahrhundert war die Weißtanne der Christbaum schlechthin, bis sie von der besser haltbaren Nordmanntanne aus der weihnachtlichen Stube verdrängt wurde. Wachsende Bedeutung bekommt die Art heute im Waldbau in Folge des Klimawandels, und zwar als Ersatz oder Ergänzung für die wirtschaftlich bedeutsamen Fichten vor allem in Bergregionen. Darüber hinaus gibt es auch erfolgreiche Anbauten mit der Weißtanne in Norddeutschland und Dänemark. Die Weißtanne läßt sich als schattentolerante Art gut in Mischbeständen mit der Buche anpflanzen und gedeiht im trockeneren Bereich besser als die Fichte.

«AA_WSL01» steht in blauer Farbe auf einer eher unscheinbaren Tanne im Ramerenwald von Birmensdorf bei Zürich in der Schweiz. Aus ihren Samen und Nadeln stammt die DNA für das erste entschlüsselte Weißtannen-Genom, also ihr vollständiges Erbgut. Unsere einheimische Tanne ist weltweit erst die sechste Nadelbaumart, von der die Genomsequenz bekannt ist. Das ist nicht verwunderlich, da Nadelbäume ein enorm großes Erbgut mit vielen sich wiederholenden DNA-Abschnitten besitzen. Die Sequenzierung der Weißtanne war somit eine enorme Herausforderung, die nur dank internationaler Zusammenarbeit bewältigt werden konnte. Insgesamt entzifferte das Forschungsteam 18 Milliarden Basenpaare – das sind sechsmal mehr Basenpaare als im menschlichen Genom vorkommen. Die gewonnenen „Sequenzschnipsel“ wurden in einem bioinformatischen „Kraftakt“ zu größeren Sequenzbereichen zusammengesetzt. Das ist mit einem riesigen Puzzle vergleichbar, das ohne eine verfügbare Vorlage gelöst werden soll. Um allerdings alle diese Puzzleteile in die richtiger Anordnung zueinander zu bringen und zu kompletten DNA-Sequenzen aller Chromosomen der Weißtanne (2n=24) zusammenzubauen, wird es noch viel Zeit benötigen.

Der Aufwand lohnt sich aber, denn ein entschlüsseltes Tannengenom hilft dabei, die genetische Vielfalt innerhalb der Art zu verstehen und Bäume mit erwünschten Eigenschaften auszuwählen. Mit einem Blick auf die Gene kann man bestimmte Eigenschaften bereits an Jungpflanzen erkennen und muss sie nicht erst viele Jahre wachsen lassen. Züchter wollen insbesondere wissen, welche Bäume an welchen Standorten besonders gut gedeihen. Die Forstpraxis richtet ihre Waldbaustrategie vielerorts bereits darauf aus, gleichförmige Fichtenbestände in Mischbestände aus Fichte, Tanne und Buche rückzuführen. Somit ist die Entschlüsselung des Giga-Genoms der Weißtanne eine Investition für eine wichtige Waldbaumart der Zukunft und damit für eine nachhaltige Waldwirtschaft.

Detailinformationen:

Mosca E, Cruz F, Gómez Garrido J, Bianco L, Rellstab C, Bazin E, Brodbeck S, Csilléry K, Fady B, Fladung M, Fussi B, Gömöry D, González-Martínez SC, Grivet D, Gut M, Hansen OK, Heer K, Kaya Z, Krutovsky KV, Kersten B, Liepelt S, Opgenoorth L, Sperisen C, Ullrich KK, Vendramin GG, Westergren M, Ziegenhagen B, Alioto T, Gugerli F, Heinze B, Höhn M, Troggio M, Neale DB 2019. A reference genome sequence for the European silver fir (Abies alba

Mill.): a community resource in support of climate change research. G3—Genes, Genomes, Genetics. Link zur originalen Veröffentlichung: dx.doi.org/10.1534/g3.119.400083

Die Publikation wurde im Rahmen des Internationalen Weißtannen-Genomprojektes (SFGP) erstellt; einer gemeinschaftlichen Initiative, welche von verschiedenen internationalen wissenschaftlichen Instituten gefördert wird.

Weitere Informationen finden Sie auf der SFGP-Projektseite unter:

https://sfgp.faculty.ucdavis.edu/

Weitere Rückfragen an:
PD Dr. Matthias Fladung, matthias.fladung@thuenen.de
PD Dr. Birgit Kersten, birgit.kersten@thuenen.de

 

Bericht: 18.06.2019 | Birgit Kersten

Nach oben