Institut für
WI Innovation und Wertschöpfung in ländlichen Räumen
Zahlen & Fakten 02/2024
Künstliche Intelligenz in ländlichen Räumen
Alexander Kopka | 16.09.2024 | PDF-Download
- Die Patentintensität im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) variiert zwischen ländlichen Kreisen erheblich. Sie liegt hier jährlich bei 0 bis 20,1 Patente pro 100.000 Einwohner*innen.
- In sehr ländlichen Räumen beträgt die KI-Patentintensität im jährlichen Mittel 1,1, in eher ländlichen Räumen 2,1 und in urbanen Räumen 3,0 Patente pro 100.000 Einwohner*innen.
- In den eher ländlichen Räumen mit guter sozioökonomischer Lage ist die Patentaktivität im Bereich KI ähnlich hoch wie in den urbanen Räumen.
KI gilt als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Ihre kommerzielle Nutzung verspricht Effizienzgewinne und Wachstumsmöglichkeiten. Spätestens seit der vermehrten Nutzung von Sprachbots, etwa ChatGPT, ist KI in aller Munde. Inzwischen entfallen 5,4 % aller neu angemeldeten Patente in Deutschland auf den Bereich KI.
Die Entstehung und Verbreitung neuer Technologien finden hauptsächlich in urbanen Räumen statt, während ländliche Räume oft Nachzügler sind. Wissen fließt dabei entlang globaler Netzwerke, die große urbane Zentren miteinander verbinden. Findet eine neue Technologie oder neues Wissen in diesen Zentren Anwendung, verteilt es sich anschließend in die geographisch umliegenden ländlicheren Räume.[1] Dies dürfte auch für KI gelten und steht im Einklang mit den zu beobachtenden regionalen Unterschieden in der KI-Patentintensität, d. h. in der Anzahl an KI-Patenten pro 100.000 Einwohner*innen.
Im Durchschnitt liegt die jährliche KI-Patentintensität bezogen auf den Zeitraum von 2010 bis 2017 in sehr ländlichen Räumen bei 1,1, in eher ländlichen Räumen bei 2,1 und in urbanen Räumen bei 3,0 Patenten je 100.000 Einwohner*innen (Abb. 1). In allen drei Regionstypen stehen KI-Anwendungen für mehr als drei Viertel der KI-Patente. Sie umfassen verschiedene Anwendungsbereiche, beispielsweise Robotik, Sprachmodelle oder Bilderkennung. Aufwändiger und daher in allen Regionstypen seltener sind demgegenüber die Entwicklung und Patentierung neuer KI-Methoden. Dies sind Grundlagentechniken, die sämtlichen KI-Anwendungen zugrunde liegen (z. B. Deep Learning).
Eine zusätzliche Differenzierung der ländlichen Regionen anhand ihrer sozioökonomischen Lage zeigt, dass die KI-Patentintensität innerhalb der ländlichen Räume in den eher länd-lichen Regionen mit guter sozio-ökonomischer Lage mit Abstand am höchsten und ähnlich hoch ist wie der Durchschnittswert aller urbaner Regionen.
Karte 1 illustriert die Variation der KI-Patentintensität sowie der Patent-aktivität insgesamt auf Kreisebene. Hier wird deutlich: Auch eine Reihe von ländlichen Regionen fällt in die Klasse mit der höchsten KI-Patent-intensität. Diese Regionen grenzen zum Teil an große Agglomerations-zentren und liegen insbesondere im Süden der Republik. Auffallend gering ist die KI-Patentintensität hingegen unter anderem in Sachsen, Rheinland-Pfalz und Teilen Mecklenburg-Vorpommerns. Insgesamt ist zu beobachten, dass die KI-Patent-intensität vor allem dort hoch ist, wo Unternehmen der Automobil-, Elektro- oder Chemieindustrie stark vertreten sind.[2]
Ausblick: Die Ergebnisse sind ein Indiz dafür, dass auch ländliche Regionen Standortvorteile bei der Erforschung von KI-Technologien bieten können, wenngleich urbane Räume grundsätzlich im Vorteil erscheinen. Unter der Annahme, dass KI-Technologien positive regionale Wachstumseffekte entfalten,[3] bestehen daher auch Potentiale für einige ländliche Regionen. Anderen ländlichen Regionen mit geringer KI-Patentaktivität könnten hingegen Wachstumschancen entgehen. Dies gilt vor allem für sehr ländliche Regionen mit weniger guter sozioökonomischer Lage, wodurch regional-wirtschaftliche Disparitäten weiter anwachsen könnten. Damit (regional-)politische Instrumente hier an den richtigen Stellen ansetzen können, bedarf es künftig detaillierter Erkenntnisse darüber, welche Faktoren und Rahmenbedingungen KI-Innovationen in besonderer Weise begünstigen.
Weiterführende Informationen
Für die Analyse wurden 10.767 KI-Patente auf Basis der Datenbanken PATSTAT (2019) und REGPAT (2024) identifiziert und lokalisiert. Hierbei wurden berücksichtigt: der Titel, die Kurzbeschreibung und die Technologieklassifizierung.[4] Die regionale Zuordnung basiert auf den Adressen der Erfinder*innen, weshalb Kreise im Umland von Ballungsräumen infolge von Pendlerverflechtungen tendenziell zu positiv dargestellt werden können. Außerdem bilden Patentdaten nur einen Teil aller Innovationen ab, da Unternehmen nicht alle Erfindungen patentrechtlich schützen lassen und die Patentierung von KI-Technologien innerhalb der EU rechtlich schwierig ist.[5]
[1] Lengyel B, Bokányi E, Di Clemente R, Kertész J, González M (2020) The role of geography in the complex diffusion of innovations. Scientific reports, 10(1).
[2] Büchel J, Kohlisch E, Mertens A (2022) Süddeutsche Cluster und Automobilstandorte prägen KI-Patentintensität. IW-Kurzbericht, Nr. 90, Köln.
[3] Yang, C. H. (2022). How artificial intelligence technology affects productivity and employment: firm-level evi-dence from Taiwan. Research Policy, 51(6), 104536.
[4] WIPO (2019) WIPO Technology Trends 2019 - Artificial Intelligence. World Intellectual Property Organization.
[5] Chikhaoui E, & Mehar S (2020) Artifcial intelligence (AI) collides with patent law. Journal of Legal, Ethical and Regulatory Issues, 23(2), 1–10.
Kopka A (2024) Künstliche Intelligenz in ländlichen Räumen. Zahlen & Fakten zur Wirtschaft in ländlichen Räumen 02/2024. Thünen-Institut für Innovation und Wertschöpfung in ländlichen Räumen. DOI: 10.3220/ZF1725872348000
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