Über die Verteilung des Eigentums an Grund und Boden in Deutschland ist bislang kaum etwas bekannt. Das mag auf den ersten Blick überraschen. Doch das Grundbuch lässt sich kaum statistisch auswerten. Im Grundbuch werden die Eigentümerinnen und Eigentümer von Flächen flurstücksbezogen dokumentiert, allerdings ohne einen eindeutigen Identifikator wie z. B. die Steuernummer. Namen und Anschriften können sich im Lauf der Zeit ändern. Daher weichen die Daten derselben Eigentümer verschiedener Grundstücke häufig voneinander ab.
Vor allem landwirtschaftliches Bodeneigentum steht vermehrt im Fokus der Öffentlichkeit. So gibt das Grundstückverkehrsgesetz vor, dass ein landwirtschaftliches Grundstück nur mit staatlicher Genehmigung veräußert werden darf und dass diese versagt werden kann, wenn es ansonsten zu einer „ungesunden Verteilung“ von Grund und Boden käme. 2020 hat Sachsen-Anhalt als erstes Bundesland in einem Gesetzesentwurf zum Schutz der Agrarstruktur das Ziel aufgestellt, eine marktbeherrschende Stellung auf dem Bodenmarkt zu verhindern. Daher wäre es hilfreich, mehr über bestehende Eigentumsstrukturen zu wissen.
Das Thünen-Institut für Ländliche Räume in Braunschweig hat jetzt die Verteilung des Eigentums von Landwirtschaftsfläche in einer Zufallsstichprobe von 59 Gemeinden untersucht. Die Gemeinden sind über die Bundesländer verteilt und haben eine ähnliche Größe zwischen 2.000 und 4.000 Hektar Landwirtschaftsfläche. Sie sind aber nicht repräsentativ für alle 11.000 Gemeinden in Deutschland. Mithilfe von Algorithmen wurden aus den Eigentümerinformationen des amtlichen Liegenschaftskatasters identische Eigentümerinnen und Eigentümer identifiziert und nach Eigentümerarten und Verteilungsmaßen ausgewertet.
Extrem unterschiedliche Eigentumsstrukturen
Die Ergebnisse zeigen, dass die Verteilung je nach untersuchter Gemeinde extrem unterschiedlich ausfällt. Im Gesamtdurchschnitt bilden nichtlandwirtschaftliche natürliche Personen die größte Eigentümergruppe mit 49 % der Landwirtschaftsfläche, allerdings mit einer großen Variationsbreite zwischen 14 % und 71 % in den einzelnen Gemeinden. Es ist anzunehmen, dass ein großer Teil davon Personen sind, die früher die Flächen selber bewirtschaftet und den Betrieb inzwischen aufgegeben haben, bzw. deren Nachkommen.
Landwirtschaftlichen Haushalten/Betrieben sind im Mittel 40 % (zwischen 17 % und 75 %) der Fläche zugeordnet. Zu dieser Gruppe zählen die landwirtschaftlichen Familienbetriebe, insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern aber auch große GmbHs und Genossenschaften.
Den Gebiets- und sonstigen Körperschaften – Bund, Land, Kommunen, Kirchen usw. – gehören durchschnittlich 10 % (je nach Gemeinde zwischen 2 % und 30 %) der untersuchten Landwirtschaftsfläche.
In der öffentlichen und politischen Diskussion sind die Flächenanteile der jeweils größten Eigentümerinnen und Eigentümer von besonderem Interesse. Hierzu wurden die Flächen zusammengefasst, die in gemeinsamen Haushalten oder mit Unternehmen wirtschaftlich zusammengehören. Im Ergebnis sind dem größten Eigentümer bzw. der größten Eigentümerin in jeder Gemeinde im Durchschnitt fast 10 % (je nach Gemeinde zwischen 2 % und 35 %) der Landwirtschaftsfläche zugeordnet. Den drei größten Eigentümerinnen bzw. Eigentümern gehören im Mittel 19 % (zwischen 5 % und 61 %) der Fläche.
Den Forschern am Thünen-Institut ging es in dem Projekt vor allem darum, eine Methode zu entwickeln, mit der die personelle Verteilung von Grundeigentum weitgehend automatisiert und treffsicher aus Daten des amtlichen Liegenschaftskatasters ausgewertet werden kann. Das ist ihnen gelungen. Darauf aufbauend hat Andreas Tietz, Wissenschaftler am Thünen-Institut für Ländliche Räume und Leiter des Projekts, schon den nächsten Schritt vor Augen: „Es wäre interessant zu untersuchen, wie sich die Unterschiede der Eigentumsstrukturen im regionalen Vergleich anhand einer größeren Stichprobe erklären lassen.“
Die Studie „Untersuchung der Eigentumsstrukturen von Landwirtschaftsfläche in Deutschland“ ist als Thünen Report 85 erschienen. Sie ist als kostenfreier Download unter https://www.thuenen.de/de/infothek/publikationen/thuenen-report/ erhältlich.