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© Kay Panten
Institut für

SF Seefischerei

Zooglider

Zooplankton - meist kleine Tiere, am unteren Ende der Nahrungskette - driften flächendeckend durch unsere Weltozeane. Autonome Unterwasserroboter wie der Zooglider ermöglichen einzigartige Einblicke in die biologische Zusammensetzung und die Lebensbedingungen dieser faszinierenden und wichtigen, jedoch oft übersehenen Organismen.

Zooglider - ein autonomer Unterwasserroboter

Der Zooglider kann autonom bis zu zwei Monate im Ozean verbleiben und dies komplett ohne Motor in kontinuierlichen Wellenbewegungen von der Oberfläche bis in eine Tiefe von bis zu 400 m. Eine Pumpe im inneren des Gliders pumpt Öl aus einer Blase in eine größere Kammer oder aus der Kammer in die Blase. Die dadurch erreichte veränderte interne Dichte bringt den Glider dazu, entweder abzutauchen oder zur Oberfläche zu kommen. An der Oberfläche angekommen, dreht sich dieser Roboter gemächlich zur Seite und richtet einen seiner Flügel in den Himmel, um eine Satellitenverbindung aufzubauen. So können wir uns austauschen und prüfen, ob der Zooglider aus Sicht unseres Ingenieurs in gutem Zustand und einsatzbereit für die weitere Forschung ist, schauen uns eine Zusammenfassung der Daten an, die der Zooglider bisher für uns gesammelt hat und entscheiden dann, ob die Reise wie geplant weitergeht oder ob wir eine Planänderung vornehmen müssen.

Hintergrund und Zielsetzung

Traditionelle Methoden zur Untersuchung des Zooplanktons beschränken sich weitgehend auf invasive Methoden mit Netzen oder ähnlichen Hilfsmitteln. Diesen Methoden ist gemein, dass das Zooplankton nicht in seiner natürlichen Umgebung beobachtet werden kann und oft dabei zu Schaden kommt. Akustische und bildgebende Methoden in Kombination mit autonomen Unterwasserplattformen ermöglichen es, diese empfindlichen Lebewesen nicht-invasiv in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten. Forscher der Scripps Institution of Oceanography der University of California, San Diego, forschen deshalb zusammen mit Wissenschaftlern vom Thünen-Institut an nichtinvasiven Methoden, um die spannende Welt des Zooplankton besser zu verstehen.

Zooplanktonorganismen reagieren schnell auf Umweltveränderungen. Zu den typischen Anpassungsmerkmalen gehören Änderungen der Populationsgröße, der Körpergröße, oder der Ernährung. Darüber hinaus spielt Zooplankton in allen marinen Ökosystemen eine sehr bedeutende Rolle, sowohl als Hauptnahrungsquelle für viele Fisch- und Walarten als auch als wichtiger Bestandteil des Kohlenstoffhaushaltes der Meere. Gerade im Hinblick auf Veränderungen durch Klimawandel oder Ozeanversauerung ist es sehr wichtig, die Dynamik der Zooplanktongemeinschaften zu verstehen, um Auswirkungen auf trophisch höher stehende Organismen frühzeitig zu erkennen. Neben diesen großen Fragen bleibt bei jeder Mission mit einem Unterwasserroboter aber auch immer die Neugier auf das Neue, das Eintauchen in eine fremde Welt, in der es noch viel zu entdecken gibt, von neuen Arten über ungeahnte Verhaltensmuster und vieles mehr.

Vorgehensweise

Während des Abtauchens befindet sich der Zooglider in einem passiven Modus, alle aktiven Sensoren sind abgeschaltet, nur das Hydrophon, ein Unterwassermikrofon, mit dem wir das "Plaudern" der Fische, Wale und Delphine hören können, ist eingeschaltet. Sobald die Rückfahrt zur Oberfläche startet, werden Zoocam, eine Schattenbildkamera, Zonar, ein Echolot mit zwei Frequenzen (200 und 1000 kHz), sowie eine CTD (Messgerät für Umgebungsdruck, Temperatur, Salz- und Chlorophyllgehalt) aktiviert. Mit den CTD-Daten können wir die physikalischen Bedingungen der Umgebung präzise bestimmen. Die Schattenbildkamera erlaubt es auch in der kompletten Dunkelheit der Tiefe Bilder von den oft transparenten, gelatinösen Zooplanktonarten zu sammeln. Das Echolot erweitert das Sichtfeld und erfasst Organismen, die der Kamera entkommen können.

Optische Daten (Schattenbildkamera)

Plankton, aus dem griechischen planktos, driftend, setzt sich zusammen aus dem pflanzlichen Phytoplankton und dem tierischen Zooplankton. Da die meisten Zooplanktonarten eine begrenzte aktive Schwimmkapazität haben, können sie meist zu einem gewissen Grad auf und ab schwimmen, aber nicht gegen eine starke Strömung anschwimmen oder dies nur auf einer stark begrenzten Distanz. Die Zoocam macht sich dies zunutze: Am vorderen Ende vom Zooglider montiert, erfasst sie während des Aufstiegs alle Partikel, die durch die Öffnung der Kamera driften.

Ein bis zweimal pro Sekunde wird ein Bild aufgenommen. Jedes Bild wird erst durch automatisierte Bildbearbeitungsprozesse bereinigt. Im nächsten Schritt erfolgt eine automatisierte Segmentierung - das Extrahieren von sogenannten Regions Of Interest (ROI): also das Erkennen von Pixeln, welche genauer analysiert werden sollen. Eine künstliche Intelligenz (KI), welche fortlaufend weiterentwickelt wird, identifiziert im Nachgang alle ROI, die größer sind als 0.45 mm, während alle kleineren ROI nur vermessen werden. Momentan kann diese KI über 52 taxonomische Gruppen erkennen - mit einer Präzision für jede Gruppe von > 95%.  

Akustik (aktiv)

Im Allgemeinen werden die akustischen Signale des niederfrequenten Echolots (200 kHz) eher von größeren Organismen dominiert, während die Signale des 1000 kHz Echolots eher von kleineren Organismen dominiert werden. Dieser Unterschied erlaubt eine grobe Einteilung in Bereiche, die von kleineren bzw. größeren Organismen dominiert werden. Eine genauere Analyse der Daten in Kombination mit Zoocam-Informationen, die in akustische Modelle eingespeist werden können, erlaubt eine genauere Klassifizierung oder Unterteilung der Daten. Vertikale Wanderungsmuster werden ebenfalls routinemäßig aus den akustischen Daten extrahiert. 

Akustik (passiv)

Die passive Akustik ermöglicht die Erfassung der Geräuschkulisse. Eine genauere Analyse der Daten ermöglicht es, die verschiedenen Gesänge oder Geräusche bestimmter Tierarten zuzuordnen. Dadurch kann die Anwesenheit bestimmter Räuber aus der Sicht des Zooplanktons lokalisiert werden. 

Die optischen und akustischen Daten können dann mit den Daten der CTD-Sonde kombiniert werden, um Unterschiede in verschiedenen Umweltbedingungen zu beschreiben. Die Buchstaben CTD stehen übrigens für "Conductivity", "Temperature" und "Depth" = Leitfähigkeit, Temperatur und Tiefe.

Unsere Forschungsfragen

  • Wie können wir die Welt vom Zooplankton besser verstehen und erfassen?
  • Wie wirken sich veränderte Umweltbedingungen auf die Zusammensetzung, Verteilung und Fitness des Zooplanktons aus?

 

Wissenschaftliche Publikationen

  1. Gastauer S, Ohman MD (2024) Resolving abrupt frontal gradients in zooplankton community composition and marine snow fields with an autonomous Zooglider. Limnol Oceanogr: Online First, Jul 2024, DOI:10.1002/lno.12642

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn068521.pdf

  2. Gastauer S, Nickels CF, Ohman MD (2022) Body size- and season-dependent diel vertical migration of mesozooplankton resolved acoustically in the San Diego Trough. Limnol Oceanogr 67(2):300-313, DOI:10.1002/lno.11993

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn064332.pdf

 

Links und Downloads

Die öffentlich zugängliche Webseite der UC San Diego zeigt Daten in Echtzeit von diversen Zooglider Missionen :  "Zooglider - Public Mission Site" 

 

Weitere Informationen zu unserem Partnerinstitut Scripps Institution of Oceanography at UC San Diego

 

Ansprechperson

Dr. Sven Gastauer


Institut für Seefischerei

Herwigstraße 31
27572 Bremerhaven
Telefon
+49 471 94460 450
E-Mail
sven.gastauer@thuenen.de

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