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Folge 14: Ist der Aal noch zu retten?

Warum Wissenschaft und Politik über ein Fangverbot streiten.

07.07.2023

Der Europäische Aal ist akut bedroht. Die fischereiliche Nutzung ist einer der Gründe dafür. Während die Wissenschaft seit Jahren ein vollständiges Fangverbot sowie die Verbesserung der Gewässerqualität und der Durchgängigkeit für die Fische fordert, tut sich die Politik schwer damit. Woran liegt das? Und wäre der Aal damit überhaupt noch zu retten?

„Man muss in den Binnengewässern und Flüssen aufräumen und dafür sorgen, dass der Aal eine Lebensgrundlage hat, die so förderlich ist, dass er da gut heranwachsen kann.“
Maja Kirchner, bei der EU-Kommission unter anderem zuständig für den Aal-Bestand

Der Bestand des Europäischen Aals ist in weiten Teilen der europäischen Meeres- und Binnengewässer verbreitet. Damit lebt er in so vielen verschiedenen Managementgebieten, wie keine andere kommerziell genutzte Fischart in Europa. Das Glasaal- bzw. Jungfischaufkommen ist inzwischen auf ein bis zehn Prozent der Menge von vor 50 Jahren gesunken. Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) spricht sich seit Jahren für eine vollständige Schließung des Aalfanges im gesamten Verbreitungsgebiet aus, sowohl für die Berufs- als auch für die Freizeitfischerei. Die Politik entscheidet sich hingegen seit Jahren eher für die Fischer und gegen den Aal. Das liegt einerseits an der hohen wirtschaftlichen Bedeutung des Aalfangs für bestimmte Fischereien. Andererseits gilt der Aalfang in vielen Regionen als kulturelles Gut und seine Einschränkung als sozioökonomisch nicht vertretbar. Das macht es schwer, eine einheitliche Fischereipolitik zugunsten des Aals durchzusetzen.

Unsere Gäste Maja Kirchner, bei der EU-Kommission unter anderem für den Aal-Bestand in Europa verantwortlich, und Reinhold Hanel, der seit zwei Jahrzehnten an dieser Fischart forscht, betrachten in der Podcast-Folge aus Sicht der Politik und der Wissenschaft, wie es aktuell um den Aal in Europa bestellt ist. Sie erläutern Ursachen für den Bestandsrückgang und Strategien zum Wiederaufbau, diskutieren, warum es so schwer ist, eine gemeinsame europäische Linie zu finden und wo sich die Wissenschaft uneinig ist. Sie beantworten die Frage, ob ein generelles Fangverbot die Lösung für den Aal ist und welche Maßnahmen zur Rettung einer Tierart gerechtfertigt sind, wenn kulturelle und ökonomische Folgen so groß sind wie im Fall des Aales.

Unsere Gäste

Die Juristin und Diplomatin Maja Kirchner ist stellvertretende Direktorin in der Generaldirektion Maritime Angelegenheiten und Fischerei der Europäischen Kommission. In ihren Bereich fällt die nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände in den Gewässern der EU in Atlantik, Kattegat/Skagerrak, Ostsee sowie rund um Spitzbergen und in den internationalen Gewässern des Nord-Ost Atlantik. Zudem verhandelt sie mit Drittstaaten wie Norwegen über nachhaltige Fischerei in deren Gewässern.

Prof. Dr. Reinhold Hanel leitet seit 2009 das Thünen-Institut für Fischereiökologie in Bremerhaven und lehrt an den Universitäten Kiel, Bremen, Innsbruck und Mindelo. Der Meeres- und Fischereibiologe beschäftigt sich unter anderem seit fast 20 Jahren mit dem Lebenszyklus und dem Management des Europäischen Aals. Er berät u.a. die Bundesregierung, die EU, aber auch andere internationale Organisationen und NGOs zum Aal.

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Kommentare (2)

  • Klaus Volkmann
    Klaus Volkmann
    am 12.07.2023
    Sehr geehrte Damen und Herren,
    mit großem Interesse habe ich die Berichterstattung über den Niedergang der Aalbestände im Fernsehen gesehen. Ich bin 75 Jahre alt und habe 50 Jahre als Landvermesser an den Landeskartenwerken aller Maßstäbe und an der Durchführung von Flurbereinigungsmaßnahmen gearbeitet. In meiner Kindheit war unser Dorf umgeben von Feuchtwiesen am Rande der früheren Wesermarsch. Das Gebiet umfasst die Gewässer südlich Bremens. Geprägt durch die Flüßchen Eiter, Süstedter Bach, Hache, Hombach, Klosterbach, Delme und Ochtum. Seit meiner Kindheit sind mir alle Fische, Vögel, Insekten und Säugetiere dieses Raumes bekannt. Beispielhaft berichte ich über einen kleinen Bach, der hinter unserem Gehöft über 2,5 km dem nächst größeren Vorfluter zufloß. Die durchschnittliche Wasserbreite betrug 60-80 cm. Die Sohle lag ca. 1 m unter Geländeniveau. In diesem Bach gab es zahlreiche Gründlinge und dreistachlige Stichlinge sowie Aale von beträchtlicher Größe, für heutige Verhältnisse in großer Zahl. 1985 wurde dieser Bach im Zuge eines Flurbereinigungsverfahrens trockengelegt und teilweise verrohrt. Es wurde an anderer Stelle eine geradliniges Bett von gigantischer Größe ausgebaggert. 2,5 m tief, mit ca 8 m Kronenbreite. Die anfallende Wassermenge wird seitdem dort abgeleitet. Mindestens einmal jährlich werden sogenannte "Unterhaltungsmaßnahmen" mit Schlegelhäckslern durchgeführt. Dabei wird die gesamte Böschung bis hinab auf die Gewässersohle samt aller Pflanzen und Tiere geschreddert. Der nächst größere Vorfluter ist der Süstedter Bach. Dieser Bach wurde durch die Ausbaumaßnahmen im Zuge der Flurbereinigung ebenfalls begradigt, mit Plastikfolien ausgekleidet und mit Hochofenschlacke befestigt. Der Wasserstand beträgt kaum 30 cm und man kann aufgrund der Nährstoffeinträge und stärken Algenwachstums kaum auf den Grund sehen. In diesem Bach habe ich als Kind Schwimmen gelernt. Das Wasser war glasklar, 1m tief und man konnte alle Fische der Brassenregion wie in einem Aquarium betrachten. Dieses Schicksal in Folge der modernen Landwirschaft hat alle Fließgewässer in unserem Landkreis erreicht. Die Begradigungen und Vertiefungen haben maßgeblich die Zerstörung unserer Gewässer herbeigeführt. Im Zeitraum 1970 bis 1990 wurden von den Wasserverbänden Bagger mit vorgesetzten Mähwerken für die sogenannte "Unterhaltung" eingesetzt. Dabei habe ich einige Male einen Eimer voller Aalstückchen eingesammelt. Die Flurbereinigungsmaßnahmen wurden in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts deutschlandweit durchgeführt, ebenso die Arbeitsweisen der Wasserverbände. Alles für die Stärkung der Landwirtschaft. Natürliche Fließgewässer, wie ich sie aus meiner Kindheit und aus Besuchen in Skandinavien kenne, gibt es leider bei uns nicht mehr. In unserer Umgebung gab es keine Berufsfischer, die für den Rückgang der Aale verantwortlich sein könnten. Ich bin seit über 50 Jahren in verschiedenen Angelvereinen tätig und muss feststellen, dass die Mitgliederzahlen seit langem rückläufig sind. Auch hier lässt sich kein Grund für den Rückgang der Aale konstruieren. Alle mir bekannten Angler sind für Maßnahmen zum Schutz der Aale und anderer Arten. Ein Fangverbot würde durchaus akzeptiert, wenn es zur Verbesserung der Situation führen würde. Neben der Gewässerpflege durch die Verbände gibt es leider noch einige weitere Faktoren für den Rückgang der Aale. Im Spätherbst finde ich unterhalb eines Kraftwerkes in der Weser im Steinschlag oder auf Buhnenköpfen tote Blankaale mit schweren Schnittverletzungen. Jedem objektiven Betrachter stellt sich die Frage, wie viele durch Wasserkraft getötete Aale treiben am Gewässergrund unbemerkt davon. Für die Verbesserung der Situation muss dafür gesorgt werden, daß lebende Blankaale wandern können!!! Der Beitrag einiger Angelvereine durch Aaltaxis" hätten sich die Erwähnung im Beitrag durchaus verdient. Andere Ursachen für den Rückgang sollten unbedingt betrachtet werden. Wie eingangs erwähnt, habe ich einen längeren Blick auf die Entwicklung unseres Lebensraums. Die Behauptung einiger Politiker, dass es den Kormoran in unserem Raum immer gegeben habe, ist schlichtweg gelogen. Durch die Folgen der Gewässerbegradigungen bieten sich den Aalen und anderen Fischen kaum noch Versteckmöglichkeiten und sind den Fressfeinden schutzlos ausgeliefert. Der Rückbau der Fließgewässer wird leider kaum möglich sein. Die Durchsetzung der Gewässerrandstreifen und und eine neue Generation von Mitarbeitern in Verbänden und Behörden ließe hoffen. In Dänemark wurden übrigens schon seit einigen Jahren Schutzstreifen an allen Fließgewässern angelegt, ganz gleich, ob wasserführend oder nicht. Bei uns wird bis in sensibelste Bereiche weiterhin Gülle verklappt. Mit freundlichen Grüßen Klaus Volkmann
    • Reinhold Hanel
      Reinhold Hanel
      am 31.07.2023
      Sehr geehrter Herr Volkmann,
      zweifellos trägt die menschengemachte Lebensraumveränderung und -zerstörung in den Binnen- und Küstengewässern ganz wesentlich zum Rückgang des Aalbestandes bei. Dazu zählen sowohl der von Ihnen beschriebene Habitatverslust, die Gewässerverschmutzung als auch der Verlust der Durchgängigkeit von Fließgewässern, zusätzlich häufig verbunden mit einer Sterblichkeit von Aalen in den Turbinen von Wasserkraftanlagen. Alle diese Veränderungen haben gemeinsam mit anderen Faktoren, wie einer sehr intensiven Fischerei, zu dem wirklich besorgniserregenden Bestandseinbruch beigetragen. Ich stimme Ihnen zu, dass eine verpflichtende Einhaltung von Gewässerrandstreifen, ein Rückbau von Gewässerverbauungen und eine verbesserte Durchgängigkeit der Gewässer, wie sie ja in der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie gefordert ist, wichtige Maßnahmen für den Aalschutz sind. Auch eine Regulierung der Kormoran-Bestände ist sinnvoll für den Erhalt von Fischbeständen. Trotzdem ist in Anbetracht der Bestandsentwicklung des Aals auch eine signifikante Einschränkung bis hin zur vollständigen Einstellung der Fischerei dringend erforderlich und zwar sowohl für die Berufs- als auch für die Freizeitfischerei, die beide in Deutschland jährlich etwa dieselbe Menge an Aalen entnehmen.
      Mit freundlichen Grüßen, Reinhold Hanel
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