Die Intensivierung der Landwirtschaft hat ihren Preis: Sie macht Landschaften strukturell einheitlicher und trägt so zum Rückgang der biologischen Vielfalt bei. Wie müssen Agrarlandschaften beschaffen sein, um Biodiversität zu fördern? In aktuelle Diskussionen zu dieser Frage fügt sich eine neue Studie von Forschenden der Universität Göttingen, des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten (DDA) e. V. und des Thünen-Instituts ein.
Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass zum Schutz von Agrarvögeln eine kleinteilige, vielfältige Agrarlandschaft notwendig ist. Die Größe der Felder und die Vielfalt der Feldfrüchte sind dabei wichtige Stellschrauben. „One size fits all“-Lösungen reichen jedoch nicht aus: Der Anteil an Feldgehölzen und Hecken und die Ansprüche der Arten an ihren Lebensraum müssen den Forschenden nach stärker in den Blick genommen werden. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Journal of Applied Ecology veröffentlicht.
Die Forschenden verknüpften Daten aus dem Monitoring häufiger Brutvögel für die Jahre 2017 bis 2019 mit detaillierten Karten zu landwirtschaftlichen Anbauflächen und Feldfrüchten, die aus Satellitendaten abgeleitet wurden. Sie ermittelten für mehr als 800 Flächen in Deutschland den Anteil an Feldgehölzen und Hecken, die Größe der Felder sowie die Vielfalt der Feldfrüchte und setzten die Daten in Beziehung zur Vielfalt und Häufigkeit von Agrarvögeln wie Goldammer, Kiebitz und Bluthänfling.
Anders als oft angenommen, führen kleinere Felder und eine größere Vielfalt an Feldfrüchten laut Studie nicht immer zu einer größeren Vielfalt oder Häufigkeit von Agrarvögeln. Stattdessen werden diese Zusammenhänge wesentlich vom Anteil an Feldgehölzen und Hecken in der Landschaft und von den Ansprüchen der Arten an ihren Lebensraum beeinflusst. Claudia Frank, Doktorandin an der Universität Göttingen und Mitarbeiterin des DDA, betont: „Die Ergebnisse verdeutlichen die Komplexität der Zusammenhänge zwischen landwirtschaftlicher Bewirtschaftung und Vogelvielfalt. Kleinere Felder können das Vorkommen von Agrarvögeln insbesondere dort fördern, wo Hecken und Feldgehölze in der Landschaft fehlen. Eine größere Vielfalt an Feldfrüchten wirkt sich hingegen positiver auf die Agrarvögel aus, wenn bereits viele Gehölzstrukturen vorhanden sind.“
Naturnahe Lebensräume sind daher ein wichtiger Baustein von Agrar-Umweltmaßnahmen, wie Dr. Sebastian Klimek vom Thünen-Institut für Biodiversität unterstreicht: „Bei der Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen zur Verkleinerung von Feldern und Erhöhung der Vielfalt an Feldfrüchten sollte der Anteil naturnaher Lebensräume in der Landschaft berücksichtigt werden. Es ist also eine gezielte räumliche Lenkung der Maßnahmen notwendig.“ Dr. Norbert Röder vom Thünen-Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen ergänzt: „Eine Umsetzung dieser neuen Ergebnisse in Fördermaßnahmen ist derzeit nicht so einfach möglich, sollte aber in Zukunft stärker vorangetrieben werden.“
Bei der Gestaltung effektiver Maßnahmen ist auch zwischen Artengruppen zu unterschieden: Vögel, die im Randbereich von Feldern brüten, können durch kleinere Felder und eine hohe Feldfruchtvielfalt gefördert werden. Für Arten, die auf den Feldern brüten, ist das nicht unbedingt der Fall, wie Frank erklärt: „Feldbrüter wie Feldlerche und Kiebitz sind den direkten Anbaupraktiken auf dem Feld ausgesetzt. Zusätzliche Maßnahmen, die die Intensität der Bewirtschaftung reduzieren, sind daher für Feldbrüter unerlässlich.“