Dossier
Bodenorganismen: Das Universum unter unseren Füßen
Stefan Schrader, Christoph Tebbe | 10.06.2022
Welche Rolle spielen Bodenorganismen für gesunde, fruchtbare Böden? Welche Maßnahmen fördern diese Lebewesen und wie können sich Landwirte diese Organismen zunutze machen? Dazu forschen wir am Thünen-Institut.
In jedem Gramm Acker-, Grünland- oder Waldboden leben typischerweise Milliarden von Mikroorganismen, vor allem Bakterien und ihre im Zellaufbau verwandten Archaeen. Gemeinsam leisten sie wichtige Schritte für den Kreislauf von Kohlenstoff, Stickstoff und anderen Elementen in Böden. Dazu kommen die zellulär größeren Pilze und Protisten, die für bei der Zersetzung von Pflanzenresten, aber auch für Nährstoffversorgung von wachsenden Pflanzen eine wichtige Rolle spielen.
Auch Viren kommen in Böden vor. Ihre Bedeutung für das Bodenleben ist bis heute kaum verstanden. Vermutlich sind sie aber ein wichtiger Faktor, der die Diversität mikrobieller Gemeinschaften verändern kann. Diese komplexe Lebensgemeinschaft aus Bakterien, Archaeen, Pilzen, Protisten und Viren bezeichnet man als Mikrobiom. Und ihre gesamte genetische Information als Metagenom.
Der Boden, egal ob von Feldern, Grünland oder Wald, bietet aber auch einer großen Zahl an Bodentieren Lebensraum – etwa Regenwürmern, Springschwänzen (Collembolen) und Fadenwürmern (Nematoden). Sie werden den drei Größenklassen Mikrofauna (z.B. Fadenwürmer), Mesofauna (z.B. Springschwänze) und Makrofauna (z.B. Regenwürmer) zugeordnet. Entsprechend ihrer jeweiligen Verhaltensmuster, Spezialisierungen und Anpassungen erfüllen die verschiedenen Bodentiergruppen zahlreiche Funktionen, indem sie die Bodenfruchtbarkeit durch vielfältige ökologische Leistungen fördern:
• Sie verbessern die Struktur, indem sie neue Aggregate bilden
• Sie regulieren den Gas- und Wasserhaushalt, indem sie neue Poren graben
• Sie steuern Nährstoffkreisläufe, indem sie organische Reststoffe abbauen
• Sie unterdrücken Pflanzenkrankheiten, indem sie mikrobielle Schaderreger fressen
• Sie fördern die Bodengesundheit, indem sie den Abbau von Schadstoffen beschleunigen
• Sie verbreiten Pflanzen, indem sie Samen transportieren.
Der zu beobachtende Rückgang an biologischer Vielfalt in der Agrarlandschaft macht auch vor dem Boden nicht Halt. Dabei gibt es noch viele offene Fragen zu den Zusammenhängen zwischen Vorkommen und Vielfalt von Bodenorganismen, ihrem funktionellen Zusammenwirken, den von ihnen erbrachten Ökosystemleistungen sowie ihrer Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlichen Erzeugung.
Expertise
Zum Weiterlesen
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Jacobs A, Schrader S, Babin D, Beylich A, Brunotte J, Dauber J, Emmerling C, Engell I, Flessa H, Hallmann J, Hommel B, Klages S, Lehmhus J, Meyer M, Meyer-Wolfarth F, Potthoff M, Runge T, Schulz-Kesting K, Tebbe CC, Capelle C van, et al (2022) Lebendige Böden - fruchtbare Böden. Bonn: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, 48 p
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Horn R, Schrader S, Mordhorst A, Fleige H, Schroeder R (2022) Soil health and biodiversity: Interactions with physical processes and functions [online]. In: Reyes-Sánchez LB, Horn R, Costantini EAC (eds) Sustainable soil management as a key to preserve soil biodiversity and stop its degradation. Vienna: International Union of Soil Sciences (IUSS), pp 314-330, zu finden in <https://www.iuss.org/media/iuss_sustainable_soil_management_as_a_key_to_preserving_soil_biodiversity_and_stopping_its_degradation_book.pdf > [zitiert am 27.06.2022]