FAQ
Von der Senke zur Quelle
15.03.2024
Die aktuellen Projektionsdaten zu den Treibhausgasemissionen zeigen, dass der Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) in der Summe erheblich weniger Kohlendioxid aufnimmt als bisher angenommen. Fragen und Antworten dazu in unserem FAQ.
Im Klimaschutzgesetz wird dem Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) eine besondere Rolle zugewiesen: Als einziger Sektor enthält er auch Senken, nicht nur Quellen von Treibhausgasen. In Deutschland stehen der Einbindung von Kohlendioxid in Waldökosystemen die hohen Emissionen vor allem aus entwässerten organischen Böden gegenüber, so dass sich derzeit in der Summe eine leichte Quelle von Treibhausgasemissionen ergibt. In der Vergangenheit war der Sektor hingegen oft eine bedeutende Senke für Treibhausgase, das heißt, es wurde mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre gebunden als freigesetzt.
In Deutschland sind aktuell rund fünf Milliarden Tonnen organischer Kohlenstoff in der Vegetation und in Böden von landwirtschaftlich genutzten Flächen und Wäldern gebunden. Das entspricht etwa 18,3 Milliarden Tonnen Kohlendioxid. Zum Vergleich: Eine solche Menge Kohlendioxid hat Deutschland in den 23 Jahren von 2000 bis 2022 emittiert. Deswegen haben Land- und Forstwirtschaft eine hohe Verantwortung, die großen, in Boden und Vegetation gespeicherten Kohlenstoffmengen durch eine nachhaltige Nutzung zu sichern und, wo möglich, zu mehren.
Durch die im Sektor mögliche Senkenleistung sollen Emissionen in anderen Sektoren wie der Landwirtschaft, deren Emissionen zum Teil unvermeidbar sind, kompensiert werden. Im Klimaschutzgesetz ist für den Sektor LULUCF festgelegt, dass im Mittelwert der Jahre 2027 bis 2030 im Saldo 25 Millionen Tonnen Kohlendioxidäquivalent (CO2-Äquivalent) pro Jahr eingebunden werden sollen. Im Mittelwert der Jahre 2037 bis 2040 liegt der Zielwert für die Netto-Einbindung bei 35 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr, für den Zeitraum von 2042 bis 2045 bei 40 Millionen Tonnen.
Die Projektionsdaten 2024 zeigen, dass der Sektor auch künftig in vielen Jahren eine Treibhausgasquelle bleibt. Bei Umsetzung beschlossener Maßnahmen wird in den Jahren von 2027 bis 2030 eine geringe Netto-Einbindung von 0,2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent erwartet. Das Ziel einer Netto-Einbindung von 25 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent wird deutlich verfehlt.
Noch im Projektionsbericht 2023 wurde davon ausgegangen, dass der LULUCF-Sektor eine Senke ist, also mehr Kohlendioxid einbindet als freisetzt. Für den Mittelwert der Jahre 2027 bis 2030 wurde im Mit-Maßnahmen-Szenario eine Netto-Einbindung von 16,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent erwartet. Das Ziel für die Netto-Einbindung wäre den alten Projektionsdaten zufolge ebenfalls verfehlt worden, aber mit deutlich geringerem Abstand.
- Im Vergleich zum Projektionsbericht 2023 werden in den aktuellen Berechnungen, wie durch die europäischen Richtlinien gefordert, auch die Methanemissionen aus künstlichen fließenden und stehenden Gewässern (z.B. Entwässerungsgräben, Fischteiche und Talsperren) berücksichtigt. Das ergibt einen Effekt von ca. 4,8 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent.
- Die Dürre in den vergangenen Jahren hat großflächig Wald absterben lassen, dessen Kohlenstoffaufnahme damit insgesamt deutlich zurückgegangen ist. Diese Effekte werden durch verbesserte Datengrundlagen und Methoden zunehmend in den Treibhausgasinventaren sichtbar. Kohlenstoffinventuren im Wald finden etwa alle fünf Jahre statt. Endgültige Ergebnisse für den Zeitraum seit der Dürre im Jahr 2018 werden erst im vierten Quartal 2024 vorliegen.
Die aktuelle Entwicklung im Sektor LULUCF passt nicht zu den Klimazielen. Die Ziele für 2030 werden deutlich verfehlt. Hinzu kommt, dass für einige im Grundsatz bereits beschlossene Klimaschutzmaßnahmen nach wie vor die konkrete Umsetzung fehlt. Selbst bei einer beschleunigten Umsetzung könnten sie bis 2030 keine hohe Wirkung entfalten, denn viele der Maßnahmen im Bereich Landnutzung und Wald zeigen erst sehr langfristig Erfolge. Im LULUCF-Sektor muss der Fokus auf langfristig wirkende Maßnahmen gerichtet werden, ihre Umsetzung muss aber schneller und in größerem Maßstab erfolgen als in der Vergangenheit.
- Moore wiederzuvernässen ist die wirksamste Maßnahme, um Emissionen zu vermeiden: Nach Bund-Länder-Zielvereinbarung zum Klimaschutz durch Moorbodenschutz und gemäß Moorschutzstrategie sollen bis 2030 jährlich fünf Millionen Tonnen CO2-Äquivalent eingespart werden. Die Wiedervernässung von Mooren ist eine komplexe und langfristige Aufgabe, aber das Potenzial liegt deutlich höher als die bisher avisierten fünf Millionen Tonnen CO2-Äquivalent.
- Mit dem Ausstieg aus dem Torfabbau und aus der Torfverwendung in Blumenerden und Kultursubstraten lassen sich ebenfalls erhebliche Mengen an CO2-Emissionen vermeiden.
- Die Wälder, die durch Dürre und den damit zusammenhängenden Borkenkäferbefall geschädigt wurden, müssen zügig wieder aufgeforstet werden. Es sollten schnell wachsende, standortangepasste und gegen den Klimawandel resiliente Baumarten verwendet werden. So kann die Senkenleistung der Wälder langfristig verbessert oder sogar wiederhergestellt werden.
- Wo möglich, sollte zusätzlicher Wald neu angelegt werden. Auch in neu gepflanzten Hecken und anderen Agrargehölzen kann schnell eine erhebliche Menge Kohlenstoff aus Kohlendioxid eingebunden werden.
- Die Potenziale zur Erhöhung des Holzproduktespeichers sollten ausgenutzt werden, z.B. durch die Umsetzung der Holzbauinitiative.
Weiterführender Link
Treibhausgas-Projektionen 2024 – Ergebnisse kompakt | Umweltbundesamt