Seetagebuch
SONNE, 285. Reise
Von Tim Rixen und dem wissenschaftlichen Team
Dauer der Reise: 20. August bis ca. 2. November 2021
Fahrtgebiet: Benguela-Strom im Südwesten Afrikas
Zweck der Reise: Untersuchungen im Rahmen des Projekts TRAFFIC
Fahrtleiter: PD Dr. Tim Rixen, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)
Vor den Küsten Namibias und Südafrikas liegt das Benguela-Auftriebsgebiet, eine der produktivsten und fischreichsten Regionen des Atlantiks. In den 1970er Jahren sanken dort jedoch die Fischereierträge der bis dahin überwiegend gefangenen Sardinen. Mit dem Klimawandel kamen andere Fischarten und auch Quallen in die Region.
Auf der Forschungsfahrt geht es darum, Antworten auf die Frage zu finden, wie der Klimawandel das marine Ökosystem vor Südafrika und Namibia und seine Dienstleistungen in Bezug auf die Fischerei und die CO2-Speicherung des Ozeans beeinflusst. Da der Klimawandel immer mehr an Fahrt gewinnt und der Ozean verhältnismäßig langsam auf ihn reagiert, sind die Forschungsarbeiten auf der SONNE in verschiedene Langzeit-Beobachtungsstrategien eingebunden. Dabei handelt es sich in erster Linie um Initiativen der Partnereinrichtungen in Namibia und Südafrika, aber auch um internationale Programme.
Die Aufgabe der Forschenden an Bord: Wie wirkt sich die Zirkulation des Ozeans unter dem Einfluss der regionalen Küstenmorphologie auf die Produktivität des marinen Ökosystems sowie dessen Kapazität, CO2 zu speichern, aus? Das Verständnis solcher Prozesse ist essentiell, um Vorhersagen zu verbessern und Richtlinien zur Nutzung mariner Ökosysteme an den globalen Wandel anzupassen und um somit zur Nahrungssicherheit und zum Schutz des Klimas beitragen zu können.
Die Expedition ist Teil des Verbundprojekts TRAFFIC (Trophic Transfer Efficiency in the Benguela Current), an dem fünf deutsche und fünf namibische und südafrikanische Institute beteiligt sind. Es wird vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) koordiniert und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Bei dieser Reise ist auch eine Wissenschaftlerin des Thünen-Instituts für Seefischerei, Sabrina Duncan, mit an Bord.
++23.08.2021++ Auf Kurs
Am 20. August sind wir, die Forschenden des TRAFFIC-Projekts, mit dem Forschungsschiff Sonne in See gestochen. Wegen der Covid-Bestimmungen in internationalen Häfen ist diese Reise etwas länger als die letzte. Anstatt wie bei der ersten Expedition 2019 (Meteor 153) nach Walvis Bay, Namibia, zu fliegen, beginnt diese Reise in Emden, Deutschland, und führt zum Benguela-Strom, um dann im November nach Emden zurückzukehren.
An der Forschungsfahrt nehmen zweiunddreißig Besatzungsmitglieder und dreißig Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler teil. Viele Studierende freuen sich auf ihre ersten Erfahrungen auf einem Forschungsschiff. Wir müssen Masken tragen, uns täglich einem Schnelltest unterziehen und am siebten Tag einen PCR-Test machen, bevor das Gefühl der Normalität einsetzen kann.
Ziel des TRAFFIC-Projekts ist es, die Kohlenstoffaufnahme und die Effizienz der Nahrungskette von Phytoplankton bis zu den mesopelagischen Fischen im nördlichen und südlichen Teilsystem der Benguela zu untersuchen (Einzelheiten siehe Link zum TRAFFIC-Projekt oben).
Nachdem wir Emden verlassen haben, begannen wir, die Ausrüstung aus den Containern zu entladen. Anschließend wurden die Labore und Geräte wie CTD, Zooplankton-Multinetze und Fischernetze vorbereitet. Um die Vorteile der langen Reise zu nutzen, werden wir nicht nur in der Benguela-Region Proben nehmen, sondern auch an Stationen entlang unseres Transekts, beginnend mit einer Station, die im Golf von Biskaya liegt. An der ersten Station wird die CTD-Rosette eingesetzt, um die ersten Wasserproben zu sammeln; mit einem Multinetz sammeln wir Phytoplankton und Mikrozooplankton in verschiedenen Tiefen der Wassersäule. In den nächsten Tagen werden neue und alte Geräte getestet, wie z. B. ein Fischernetz, das eine Kombination aus einem rechteckigen Mittelwassertrawl (RMT 8) und einem damit verbundenen Multisampling-Netz ist.
Am 22. August hat die Gruppe die ersten von hoffentlich vielen Delfinen gesehen. Wir sind gespannt auf all das, was noch kommen wird!
Viele Grüße von Bord der Sonne
das TRAFFIC-Team
1. Wochenbericht (PDF)des Fahrtleiters PD Dr. Tim Rixen (20.-22.08.2021)
++01.09.2021++ Klimawandel und CO2-Speicherung
Das Team Biogeochemie berichtet:
Im Rahmen des Forschungsprojektes TRAFFIC geht es unter anderem darum, den Auswirkungen des Klimawandels auf die CO2-Speicherung des Ozeans im Benguela-Auftriebsgebiet auf den Grund zu gehen. Unsere Arbeitsgruppe Biogeochemie arbeitet an Bord der Sonne insbesondere daran, die Zirkulation und den Umsatz von Kohlenstoff in der Wassersäule sowie den Gasaustausch von CO2 zwischen Ozeanoberfläche und Atmosphäre zu verstehen und zu quantifizieren. Anknüpfend an unsere vorherige Forschungsfahrt auf der Meteor werden wir auf den Einfluss der verschiedenen Quellwassermassen eingehen, die das nördliche und südliche Auftriebssystem zu unterschiedlichem Maße speisen. Auch saisonale Charakteristika werden untersucht, z.B. in Bezug auf Sauerstoff und Nährstoffkonzentrationen.
Zu unseren Forschungsmethoden zählen die Beprobung der Wasseroberfläche durch Messsysteme, die kontinuierlich mit Seewasser versorgt werden, welches aus dem Lotschacht des Schiffes aus einer Tiefe von ca. 5 Meter abgepumpt wird. Zusammen mit der atmosphärischen Konzentration können wir somit die für uns relevanten Parameter bestimmen: den pH-Wert, die Oberflächentemperatur und Salinität, den Partialdruck von CO2 sowie die Alkalinität und gelöste anorganische Kohlenstoffkonzentration.
Zur Untersuchung der Wassersäule sammeln wir Wasserproben aus dem Kranzwasserschöpfer der CTD-Rosette, um die Zufuhr und den Umsatz an Nährstoffen zu analysieren, die essentiell zur Produktivität des marinen Ökosystems beitragen. Des Weiteren kommen Verankerungssysteme zum Einsatz, die über sogenannte Sedimentfallen den kurz- und langzeitigen Partikeltransport von der Ozeanoberfläche bis in die tiefen Wasserschichten auffangen. Dieser kann anschließend biologisch und geochemisch ausgewertet werden.
Das Team unserer Arbeitsgruppe Biogeochemie setzt sich zusammen aus den Studentinnen und der wissenschaftlichen Mitarbeiterin von der Universität Hamburg, Natalie Reule, Sina Pinter und Luisa Meiritz, unserem Techniker Fabian Hüge vom ZMT sowie den beiden Doktorandinnen Sina Wallschuss und Claire Siddiqui von der University of Cape Town und Universität Hamburg/ZMT.
Bislang haben wir auf der Überfahrt viele unserer Geräte testen können. Wir freuen uns schon sehr auf die bevorstehenden Arbeiten und sind gespannt auf die Resultate, die wir auf unserer zweiten TRAFFIC-Fahrt gewinnen können.
Viele Grüße von Bord der Sonne,
das Biogeochemie-Team
2. Wochenbericht (PDF) des Fahrtleiters PD Dr. Tim Rixen (23.-29.08.2021)
++14.09.2021++ Bojen bergen
Luisa Meiritz berichtet:
PIRATA-Bojen im Meer – nein, hier geht es nicht um Seeräuber, sondern um ein Forschungs- und Datenerfassungsprojekt. Der Name PIRATA steht für „Prediction and Research Moored Array in the Tropical Atlantic“ (auf Deutsch: „Verankertes Messsystem für Vorhersage und Forschung im tropischen Atlantik“). Im Rahmen dieses Projekts senden fest am Meeresgrund verankerte Wetterbojen rund um die Uhr Informationen über das Wetter und die Oberflächenwassermassen via Satellit an Land. Es werden Parameter wie die Sonneneinstrahlung, Windgeschwindigkeit, Wassertemperatur und Wasserströmungen mit unterschiedlichen Sensoren über und unter Wasser gemessen.
Das PIRATA-Projekt gibt es schon seit den 1990ern und wird seit den 2000er Jahren immer weiter ausgebaut und weiterentwickelt, um vor allem im tropischen Atlantik Daten über das Wetter zu sammeln. An diesem Projekt sind unter der Leitung von NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) mehrere tropische Atlantik-Anrainerstaaten beteiligt.
Aus bisher unbekanntem Grund haben sich nun Anfang 2021 im etwa gleichen Zeitraum zwei PIRATA-Bojen losgerissen und driften nun frei im Ozean. Und hier kommen wir ins Spiel. Die SONNE ist im Moment das einzige Forschungsschiff, das in der Nähe der freischwimmenden Bojen unterwegs ist. Daher versuchen wir, die Bojen zu bergen und sie sicher wieder nachhause zu bringen!
3. Wochenbericht (PDF) des Fahrtleiters PD Dr. Tim Rixen (30.08.-05.09.2021)
4. Wochenbericht (PDF) des Fahrtleiters PD Dr. Tim Rixen (06.09.-12.09.2021)
++20.09.2021++ So nah und doch so fern…
Barbara Springer berichtet:
Nach 27 Tage auf See erreichten wir am Morgen des 16. September den Hafen von Kapstadt. Die Stadt liegt im Südwesten der Republik Südafrika und ist durch ihr Wahrzeichen, den Tafelberg, bekannt. Das Einlaufen in einen Hafen ist immer wieder etwas Besonderes, vor allem, wenn man Wochen auf See verbracht hat, ohne Land zu sehen.
Normalerweise herrscht an einem Einlauftag reger Betrieb und es wird schnell hektisch. Denn der Anlauf des Hafens muss vom Kapitän zusammen mit dem Fahrtleiter, dem Schiffsagenten im Hafen, der Reederei und anderen Stellen intensiv geplant werden: Wann wird der Proviant geliefert, wie viel Müll ist zu entsorgen und wann wird gebunkert – also Treibstoff übernommen?
Wegen der strengen Corona-Vorschriften in Südafrika war diesmal alles etwas anders: Das Schiff wartete in den frühen Morgenstunden auf Reede auf ein Boot mit medizinischem Personal, das sowohl die Besatzung als auch die Wissenschaft mit einem Schnelltest auf das Coronavirus testen sollte. Erst nachdem alle Tests negativ waren, kam das Boot, das den Lotsen brachte. Mit seiner Hilfe und zwei Schleppern wurde die SONNE an die Pier in Kapstadt gebracht und vertäut.
Danach kamen der Agent und verschiedene Behördenvertreter an Bord und Treibstoff wurde übernommen. Wir Wissenschaftler blieben aus Sicherheitsgründen fern und beobachteten das Geschehen von den höheren Decks aus oder arbeiteten auf Kammer. Aufgrund von Covid-Bestimmungen durften wir das Schiff nicht verlassen. Den Blick auf den Tafelberg haben wir aber auf jeden Fall genossen!
Auch die Kombüsenvorräte wurden aufgefüllt: Neben frischem Gemüse, Salat und Obst wurden unter anderen – und das gehört ebenso dazu – 14 Kanister (à 5 Liter) Geschirrspülmittel an Bord gehievt.
Das Essen und die Qualität der Verpflegung tragen wesentlich zur guten Stimmung an Bord bei. Im Moment verpflegen zwei Köche jeden Tag die 62 Menschen auf der SONNE. Die Mahlzeiten sind immer reichhaltig, abwechslungsreich und sehr schmackhaft. Vielleicht ein paar Zahlen dazu: Pro Tag werden 60 Brötchen und 2 Baguettes oder Brote gebacken, rund 130 Eier sowie knapp 2 kg Butter verwendet, 1 kg Kaffee verbraucht und 12 Liter Milch. Dazu kommen noch literweise Mineralwasser und Säfte. Entsprechend gut gefüllt müssen die Vorratsräume und Lager sein.
An dieser Stelle einmal ein dickes Lob an die Köche für die immer sehr leckeren Mahlzeiten und an die Stewarts für den exzellenten Service quasi rund um die Uhr! Man muss sehr gut aufpassen, dass man nicht mit zu vielen Pfunden mehr auf den Rippen nach Hause kommt.
Nach 14 Stunden im Hafen fuhren wir zu unseren ersten Probenahmestationen! Davon später mehr im nächsten Eintrag.
5. Wochenbericht (PDF) des Fahrtleiters PD Dr. Tim Rixen (13.09.-19.09.2021)
++24.09.2021++ Klimawandel im Fokus
Kelsey Stanbro berichtet:
Am 24. September trafen sich Klimaaktivisten auf der ganzen Welt, um sich Gehör zu verschaffen. Sie fordern eine entschiedenere Umsetzung sowie schärfere Maßnahmen gegen die Klimakrise für eine bessere Zukunft. Damit rücken auch Themen wie die Intersektionalität der Klimakrise, Kolonialismus, Diskriminierung und Klimagerechtigkeit sowie der Beitrag des globalen Nordens zur Klimakrise in den Fokus des Protestes.
Der jüngste Bericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), der am 6. August veröffentlicht wurde, besagt, dass sich das Klimasystem durch menschliche Aktivitäten seit der industriellen Revolution bereits um mindestens 1°C erwärmt hat. Unser Handeln in den nächsten zehn Jahren wird weitreichende Folgen für die Zukunft unseres Planeten haben. Wenn wir so weitermachen wie bisher, wird die Erwärmung zwischen 2030 und 2052 wahrscheinlich 1,5 °C erreichen. Das bedeutet, dass die Zeit zum Handeln jetzt gekommen ist. Wir können nicht ignorieren, was auf unserem Planeten geschieht.
Da die Wissenschaftler*innen an Bord des Forschungsschiffs SONNE nicht persönlich an dem Klimastreik teilnehmen konnten, beschlossen sie, ihrer Meinung auf anderem Wege Ausdruck zu verleihen. Sie versammelten sich, um ihre Solidarität mit den Streikenden zu bekunden und auf die immensen Herausforderungen für eine sichere Zukunft aufmerksam zu machen.
Die Forschenden an Bord der SONNE sind Teil des TRAFFIC-Projekts (Trophic tRAnsfer eFFICiency in the Benguela Current). Das Projekt zielt darauf ab, Unterschiede in den trophischen Pfaden zu untersuchen, um Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosystem-Dienstleistungen wie Fischerei und die CO2-Aufnahme durch das Plankton besser verstehen zu können. Die Untersuchungen werden im Benguela-Auftriebssystem durchgeführt, das im südöstlichen Atlantik liegt. Solche Auftriebssysteme gehören mit zu den produktivsten Regionen des Ozeans und sind für die Fischerei sowie für die Nahrungssicherheit von großer Bedeutung.
6. Wochenbericht (PDF) des Fahrtleiters PD Dr. Tim Rixen (20.09.-26.09.2021)
++08.10.2021++ Genetik mesopelagischer Fische
Eva Paulus berichtet:
Ich befasse mich mit mesopelagischen Fischen und bin in diesem Rahmen auch in das TRAFFIC-Projekt involviert. Die Forschenden des Thünen-Instituts untersuchen mesopelagische Fische im Benguela-Strom, wobei der Schwerpunkt auf der Vielfalt und der Rolle der Fische im Nahrungsnetz des nördlichen und südlichen Subsystems liegt (dazu später mehr!). Ich interessiere mich für die Gruppe der Stomiiformes. Diese vielfältige Ordnung umfasst Leuchtfische, Barten-Drachenfische, Tiefsee-Beilfische sowie andere Familien, von denen viele Laternenfische fressen.
Dr. Anne Sell vom Thünen-Institut für Seefischerei erstellt zurzeit eine DNA-Referenzbibliothek der im Benguela-Auftriebssystem vorkommenden Tiere auf der Grundlage des DNA-Barcodings des Gens COI (genetische Methode zur Artbestimmung anhand der DNA-Sequenz eines Markergens). Im Rahmen meiner Doktorarbeit möchte ich eine Phylogenie der Drachenfische auf der Grundlage mehrerer Gene erstellen, um mehr über die Verwandtschaftsverhältnisse und die Evolutionsgeschichte dieser vielfältigen Fischgruppe zu erfahren.
Über die Genetik von Drachenfischen ist nur sehr wenig bekannt, und ich hoffe, dass ich das gesamte Genom von mindestens fünf Exemplaren sequenzieren kann, die ich auf dieser Reise gefangen habe. Dies wird uns dabei helfen herauszufinden, welche Teile des Genoms bei Fischen in Abhängigkeit ihres unterschiedlichen Verhaltens selektiert werden, z. B. bei Fischen, die eine vertikale Wanderung vollziehen, und anderen, die dies nicht tun. Vertikale Wanderung ist die tägliche Wanderung, die die meisten mesopelagischen Organismen unternehmen: Aus dem Schutz der tieferen und dunkleren Meeresschichten bewegen sie sich nach oben, um sich in den nährstoffreicheren lichtdurchdrungenen Schichten des Ozeans zu ernähren, wo Photosynthese stattfindet und Algen die Grundlage des Nahrungsnetzes bilden. Außerdem filtere ich während dieser Fahrt Wasser aus der Wassersäule, um zu sehen, ob wir dort nur die Umwelt-DNA (eDNA) der Fische finden können, die wir in den Netzen fangen, oder ob wir feststellen, dass die wahre Vielfalt der Fische größer ist als die, die wir tatsächlich fangen. Denn es ist möglich, dass die Fische dem Netz ausweichen, ihre DNA aber dennoch in der Wassersäule zu finden ist.
Wir sind gerade dabei, die Beprobung unserer Transekte abzuschließen. Nach unserer Ankunft in Deutschland werde ich viele Monate mit der Analyse der Proben im Labor an der Universität Konstanz verbringen!
7. Wochenbericht (PDF) des Fahrtleiters PD Dr. Tim Rixen (27.09.-03.10.2021)
8. Wochenbericht (PDF) des Fahrtleiters PD Dr. Tim Rixen (04.10.-10.10.2021)
++22.10.2021++ Mesopelagische Fische in der Benguela
Sabrina Duncan berichtet:
Mesopelagische Fische leben in Wassertiefen zwischen 200 und 1000 Metern. Dazu gehören Laternenfische (Myctophidae), Drachenköpfe (Stomiidae), Beilbauchfische (Sternoptychidae) sowie zahlreiche Fische aus anderen Familien. Obwohl diesen Fischen wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, spielen sie eine wichtige Rolle im marinen Nahrungsnetz und in der biologischen Pumpe des Ozeans. Sie ernähren sich von Organismen wie Copepoden, Krill oder anderen kleinen Fischen. Im Gegenzug sind sie eine wichtige Beute für Raubtiere wie Robben, Haie, Seehechte und Thunfische.
Jede Nacht findet in den Weltmeeren die größte Wanderung der Welt statt. Copepoden, Krill und Fische, die in der mesopelagischen Zone leben, kommen nachts an die Oberfläche um zu fressen. Nach dem nächtlichen Fressen kehren sie noch vor Tagesanbruch in die Tiefe zurück. Dort scheiden sie auch ihre Exkremente aus, was zum Transport von Kohlenstoff und Nährstoffen in die mesopelagische Schicht führt. Diese Wanderung wird als vertikale Tages- und Nachtwanderung bezeichnet.
Da mesopelagische Fische eine wichtige Rolle im Nahrungsnetz spielen, sind sie für das TRAFFIC-Projekt von großem Interesse. Um ihre Vielfalt zu erforschen und die Umweltfaktoren, die ihre Zusammensetzung beeinflussen, wurden mesopelagische Fische im gesamten nördlichen und südlichen Teilsystem gesammelt. Schon auf der Expedition Meteor 153 vor zwei Jahren (2019) wurden diese Fische gesammelt und die Zusammensetzung und Abundanz zwischen dem nördlichen und südlichen Subsystem verglichen. Nun beabsichtige ich, die Ergebnisse dieser Fahrt mit denen der Forschunsgfahrt M 153 zu vergleichen, um herauszufinden, ob es Unterschiede in der Saisonalität in den einzelnen Untersuchungsregionen gibt. Weiterhin untersuchen wir die Ernährung mesopelagischer Fische anhand von Mageninhaltsanalysen und ihre Position im Nahrungsnetz durch biochemische Analysen.
Aufgrund des Wanderungsverhaltens haben unsere Probenahmen in der Nacht stattgefunden, wo wir die größte Chance hatten, verschiedene Arten zu sammeln. Dafür haben wir ein rechteckiges Mittelwassertrawl verwendet, kurz RMT genannt. Das RMT ist ein Netz mit einer Öffnung von 8 Quadratmetern und einem Steert, in dem die Fische gesammelt werden. Es wird langsam durch das Wasser geschleppt.
Wir haben Proben in 500 Meter Tiefe genommen, um sowohl Vertikalwanderer als auch Nichtwanderer zu fangen. Sobald das RMT zurück an Bord war, wurde der Fang nach Familien sortiert und bis auf Artniveau identifiziert. Danach nahmen wir verschiedene Gewebeproben für biochemische und genetische Analysen und konservierten sie für die Analysen, die erst nach der Reise an Land durchgeführt werden können.
Jetzt ist das RMT verpackt und wir sind auf den Heimweg. Nach unserer Rückkehr werden die Proben ins Thünen-Institut gebracht, und wir freuen uns jetzt schon sehr darauf, die Analyse der Proben fortzusetzen!
9. Wochenbericht (PDF) des Fahrtleiters PD Dr. Tim Rixen (11.10.-17.10.2021)
++25.10.2021++ Phytoplankton
Die AG Phytoplankton berichtet:
Unsere Arbeitsgruppe befasst sich mit den sehr kleinen, pflanzlichen Lebewesen im Ozean, dem Phytoplankton – genauer gesagt, dem Pico- Nano- und Mikrophytoplankton. Salopp gesagt sind das die ultrakleinen, ganz kleinen und kleinen einzelligen Algen, die in den Oberflächengewässern der Meere leben und sich mit den Strömungen verbreiten. Sie nutzen Sonnenlicht, Kohlendioxid (CO2) und Wasser, um im Photosynthese-Prozess organisches Material zu erzeugen und Sauerstoff an die Umgebung abzugeben. Damit stehen sie an der Basis der marinen Nahrungskette.
Interessant für uns auf dieser Fahrt sind Informationen zur Artenzusammensetzung, zur Erzeugung von Biomasse (Primärproduktion) und zur physischen Fitness des Phytoplanktons. Weiterhin wurde auch der Fraßdruck auf das Phytoplankton durch Mikrozooplankton, also kleine tierische Lebewesen, an Bord untersucht.
Gesammelt wurde das Phytoplankton aus dem Wasser des CTD/Kranzwasserschöpfers, das entsprechend der gewünschten Größenklassen (Pico-, Nano- and Mikrophytoplankton) über spezielle Filtrationssysteme an Bord filtriert bzw. untersucht wird. Zudem wurde der Chlorophyll-a-Gehalt aus dem Wasser bestimmt und Proben für Isotopen- und Fettsäureanalytik gesammelt, die später im heimischen Labor untersucht werden. Insgesamt wurden rund 7.500 Liter Seewasser aus 56 CTD-Stationen filtriert.
Das größere Phytoplankton und das Mikrozooplankton wurde 124-mal mit einem Apsteinnetz (20 µm Maschenweite) bis in 10 m Tiefe und einem Multinetz bis in 100 m Tiefe an 52 Stationen gesammelt. Unser Multinetz besteht aus fünf Einzelnetzen mit einer Netzöffnung von 0,25 m² und einer Maschenweite von 55 µm, die auf ausgewählten Tiefen geöffnet und geschlossen werden können und uns so eine genauere Auflösung der Wassersäule ermöglichen.
Erste Analysen der Zusammensetzung der Planktongemeinschaft konnten an Bord bereits mit dem Durchfluss-Zytometer für das Picophytoplankton und mit der Flow-Cam für das Mikrophyto- und Mikrozooplankton durchgeführt werden. Andere Proben wurden fixiert und werden später im heimischen Labor untersucht.
Vorläufige Ergebnisse deuten darauf hin, dass im offenen Ozean das Picoplankton dominiert, also die kleinsten Algen im Größenordnungsbereich um ein Tausendstel Millimeter. Küstennah wurden großzelligere Algen gefunden, und im Auftriebsbereich traten hauptsächlich Kieselalgen auf. Sie gehören zum Mikrophytoplankton, sind somit größer und kommen in massiven Ansammlungen vor, ebenso wie ihre ersten Fressfeinde, die Kleinlebewesen des Mikrozooplanktons.
10. Wochenbericht (PDF) des Fahrtleiters PD Dr. Tim Rixen (18.10.-24.10.2021)
++28.10.2021++ Zooplankton
Die AG Zooplankton berichtet:
Moin! Wir sind die Arbeitsgruppe Zooplankton – drei Studentinnen der Uni Bremen (Tine Jordan, Hanna Stegeman und Alix Rommel), die stellvertretend für die Arbeitsgruppe Marine Zoologie der Uni Bremen hier an Bord sein dürfen.
Eine der Hypothesen des TRAFFIC-Projekts ist, dass sich die Nahrungsketten und trophische Effizienzen des nördlichen und südlichen Benguela-Auftriebsgebiets unterscheiden. Ziel unserer Arbeitsgruppe ist es daher zu untersuchen, ob und wenn ja inwiefern dies der Fall ist. Als Verbindungsglied zwischen der primären Produktion und höheren trophischen Ebenen bildet Zooplankton ein überaus wichtiges Glied der Nahrungskette. Des Weiteren ist auch die Zusammensetzung der Populationen von Bedeutung, da das Zooplankton je nach Spezies, Geschlecht und Stadium die Biogeochemie ihrer Umgebung stark beeinflussen kann. Zusammen mit den Ergebnissen der letzten TRAFFIC-Fahrt auf der Meteor sollen die Ergebnisse unserer Probennahmen hier an Bord das Bild der Nahrungskette weiter vervollständigen und auch einen Einblick auf saisonbedingte Variationen geben.
Wir haben das Arbeitsgebiet mit einem Multischließnetz Midi mit Maschenweite von 200 µm (MSN 200) beprobt. Dank dieses Geräts konnten wir an jeder Station mehrere Tiefen beproben (vgl. AG Phytoplankton), was uns auch einen Eindruck der vertikalen Verteilung der Organismen gibt. Mit unserem Netz fangen wir hauptsächlich Copepoden, kleine Krillarten, Salpen, Ostracoden und andere Organismen, die meistens kleiner als 2-3 cm sind. Ein paar kleine Fische und ein Vampir-Tintenfisch waren diesmal aber auch dabei.
Aus den Proben haben wir dann in unserem Labor die dominantesten Arten nach Geschlecht und Entwicklungsstadium getrennt und stichprobenartig bei -80 °C eingefroren. Die restliche Probe wurde in Formol aufbewahrt. Zusätzlich hat Hanna Proben für ihre Masterarbeit gesammelt, indem sie Copepoden der dominanten Arten über längere Zeit gehalten hat und ihre Produktionsrate anhand von Kotpellets beobachtet. Ihre Arbeit befasst sich mit dem Einfluss der Copepoden in der Biologischen Kohlenstoffpumpe. In Bremen wird sie die Kotpellets auch auf ihre chemische Zusammensetzung untersuchen, was einen tieferen Einblick in die Proportion der neuen und recycelten Produktion geben könnte. Tine hat für ihre Masterarbeit Krill aus unserem und dem Maxi-Netz der Fischereibiologen gesammelt und eingefroren, um eine Studie über die Arten und trophische Wichtigkeit des Krills im Benguela-Auftriebsgebiet zu schreiben.
Wenn wir wieder in Bremen sind, werden die gefrorenen Proben dann für Isotopen- und Fettsäureanalysen genutzt. Die Formolproben werden weiter nach Arten, Geschlecht und Entwicklungsstadien getrennt werden, um für jede Station Abundanzen der gefundenen Arten errechnet zu können.
Wir sind schon sehr gespannt auf diese Ergebnisse und freuen uns auf die Fahrt zurück nach Emden und dann Bremen.
11. Wochenbericht (PDF) des Fahrtleiters PD Dr. Tim Rixen (25.10.-31.10.2021)
++07.11.2021++ Zurück an Land
Sabrina Duncan berichtet:
Nach 73 Tagen und 16.864 Seemeilen erreichten wir am 1. November den Hafen von Emden. Im Laufe des Tages bereitete die Besatzung die Ausrüstung für die folgende Expedition der Sonne vor, und wie packten die letzten noch verbliebenen Kisten in unsere Container. Am nächsten Morgen wurde Trockeneis geliefert, damit die Proben in gut gekühlt in unsere Institute an Land gebracht werden konnten. Nach dem Mittagessen verließen wir alle das Schiff, und somit den Ort, den wir für 10 Wochen unser Zuhause nannten. Nachdem wir so viel Zeit mit Stationsarbeit und guter Gesellschaft (in einer Covid-freien Luftblase) verbracht hatten, fühlte es sich seltsam an, das Schiff zu verlassen...
Während der Fahrt hatte wir insgesamt 150 CTD-Einsätze, 52 Multinet-Einsätze für Phytoplankton, 54 Multinet-Einsätze für Zooplankton, 45 Multinet- Einsätze für kleine pelagische Tiere und 64 RMT-Einsätze für mesopelagische Fische. Die gesammelten Proben werden in Bremen, Hamburg, Rostock und sogar in Kapstadt verarbeitet.
Die Aufarbeitung der Proben, wie die Identifizierung von Fischen oder die Zählung und Identifizierung von Zooplankton aus dem RMT und dem Katamaran, können mehrere Monate in Anspruch nehmen, gefolgt von statistischen Analysen und schließlich schriftlichen Berichten und Veröffentlichungen.
Eines unserer Hauptziele ist es, die aktuellen Daten mit denen zu vergleichen, die im Süd-Sommer auf der 153. Reise des Forschungsschiffs Meteor im Jahr 2019 gesammelt wurden, damit wir sehen können, welche Auswirkungen die Saisonalität auf die Umweltparameter und die Fauna der Region hat. Insgesamt möchten wir der gesamten Besatzung, Kapitän Oliver Meyer, Fahrtleiter Tim Rixen und allen Forschenden, die diese Reise zu einem einmaligen Erlebnis gemacht haben, unseren Dank aussprechen!