Larissa Deppisch, Torsten Osigus und Andreas Klärner zeigen im Journal Neue Kriminalpolitik, in welchen Räumen sich rechtsextreme Aktivitäten besonders häufen. Hierfür untersuchten sie, wie oft und in welchen Raumtypen rechtsextreme Konzerte von 2014 bis Mitte 2023 stattfanden. Die Kreisregionen wurden dabei nach der Thünen-Typologie ihrer Ländlichkeit (sehr ländlich, eher ländlich, nicht-ländlich) und sozio-ökonomischen Lage (gut, weniger gut) unterschieden. Über 70 Prozent der rechtsextremen Konzerte fanden in ländlichen Räumen mit weniger guter sozio-ökonomischer Lage statt. Ob diese eher oder sehr ländlich geprägt sind, ist hier weniger relevant. In den nicht-ländlichen Räumen fanden etwa 20 Prozent der Konzerte statt und in den (eher und sehr) ländlichen Räumen mit guter sozio-ökonomischer Lage waren es nur etwa 10 Prozent. Innerhalb der Landkreise stechen in manchen Fällen einzelne Orte hervor, an denen sich Immobilien von Personen der rechtsextremen Szene befinden. Völkische Siedler sind ebenfalls insbesondere in ländlichen Räumen mit weniger guter sozio-ökonomischer Lage zu finden.
Ein Grund für diese Häufung könnte sein, dass ländliche Räume mehr Platz und Freiraum für größere Veranstaltungen bieten. Gleichzeitig ermöglichen es die günstigeren Immobilienpreise in ländlichen Räumen mit sozio-ökonomisch weniger guter Lage, den Akteur*innen der extremen Rechten, Gebäude (z.B. alte Gasthöfe) und Grundstücke für Veranstaltungen oder Bauernhöfe für die Siedlungsbestrebungen zu erwerben. Mit dem Grundeigentum ist das Hausrecht verbunden, was die Wahrscheinlichkeit senkt, dass Veranstaltungen vorzeitig durch die Polizei beendet werden. Es ist auch möglich, Veranstaltungen offener zu bewerben, da die Gefahr einer Absage durch Raumvermieter nicht besteht. In sozio-ökonomisch schlechter gestellten ländlichen Räumen könnten auch die begrenzteren Möglichkeiten einer demokratischen Zivilgesellschaft, Widerstand gegen rechtsextreme Aktivitäten zu organisieren, den Spielraum der extremen Rechten vergrößern.
Die Veröffentlichung ist im 4. Heft des 35. Jahrgangs der Zeitschrift Neue Kriminalpolitik zu finden: https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/0934-9200-2023-4/nk-neue-kriminalpolitik-jahrgang-35-2023-heft-4?page=1 Die Angaben zu Zeit und Ort der rechtsextremen Konzerte wurden in Antworten auf Kleine Anfragen an die Bundesregierung veröffentlicht. Sie wurden für den Zeitraum 01/2014 bis 06/2023 zusammengetragen und der Ort um den Thünen-Regionstyp ergänzt. Der Datensatz ist auf open agrar abrufbar: https://www.openagrar.de/receive/openagrar_mods_00090310?q=deppisch