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Landwirtschaftliche geprägte Landschaft, im Vordergrund eine Bank, im Hintergrund ein Ort
© Johanna Fick
Landwirtschaftliche geprägte Landschaft, im Vordergrund eine Bank, im Hintergrund ein Ort
Institut für

LV Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen

Projekt

Vom Kommen, Gehen und Bleiben (KoBaLd): Wanderungsgeschehen und Wohnstandortentscheidungen aus der Perspektive ländlicher Räume



Wörter-Spielbrett mit Schlüsselbegriffen der Wanderungsforschung.
© Annett Steinführer/Heidrun Fornahl
Wohnstandortentscheidungen sind längst nicht auf Wanderungen beschränkt, sondern umfassen eine Vielzahl von Handlungsoptionen.

Ländliche Räume wurden in der öffentlichen Debatte über lange Zeit pauschal als Abwanderungsregionen beschrieben. Ähnlich einseitig gelten sie seit Beginn der Corona-Pandemie gern als Sehnsuchtsort und Zuzugsregionen.

Hintergrund und Zielsetzung

Die Entscheidungen für oder gegen Wohnstandorte in ländlichen Räumen sollen besser als bisher empirisch dargestellt und verstanden werden, denn sie beschränken sich nicht auf Abwanderungen bestimmter Alters- und Sozialgruppen. Die Vielfalt der Wanderungen, die einen Bezug zu ländlichen Räumen haben, und die ihnen zugrundeliegenden Entscheidungsprozesse sind für Deutschland bislang kaum systematisch erforscht. Dabei besteht ein grundlegendes Defizit darin, dass es (aktuell) keine große bundesweite Befragung gibt, die einen fundierten Überblick über Ursachen und Motivlagen ermöglicht.

Systematische Vergleiche zwischen den vorhandenen Befragungen werden dadurch erschwert, dass in der Regel ein jeweils spezifisches Untersuchungsdesign mit nur wenigen übergeordneten Standards zur Anwendung kommt. Der Forschungsstand stellt sich somit als zugleich disparates und lückenhaftes Gesamtbild mit unterschiedlichen Einzelbefunden dar, die in Bezug auf die allgemeine Relevanz bestimmter Phänomene schwer zu interpretieren sind. Außerdem beziehen sich die vorhandenen standardisierten Befragungen mehrheitlich auf die Situation in Stadtregionen und nehmen ländliche  Räume eher selten in den Blick.

Im KoBaLd-Projekt wird das mit ländlichen Räumen verbundene Wanderungsgeschehen mit verschiedenen Methoden untersucht. Auch Bleibeentscheidungen sowie multilokales Wohnen werden in den Blick genommen. Dabei konzentrieren wir uns unter anderem auf bestimmte Lebensphasen und -übergänge, in denen es regelmäßig zu Abwägungen hinsichtlich einer Veränderung des Wohnstandorts kommt (z. B. Ausbildungsbeginn, Familiengründung oder Beendigung des Erwerbslebens).

Vorgehensweise

  • Modul 1: Auf Basis der Wanderungsstatistik untersuchen wir die Binnenwanderungen in Deutschland über Gemeindegrenzen hinweg für den Zeitraum 2005 bis 2020 (verantwortlich: ILS).
  • Modul 2: 2019/20 haben wir 30 leitfadengestützte Interviews zu vergangenen und beabsichtigten Wohnstandortentscheidungen durchgeführt, davon 15 Interviews in Großstädten und 15 in ländlichen Räumen. Diese werten wir in einer wohnbiographischen Perspektive aus (verantwortlich: Thünen-Institut und ILS).
  • Modul 3: 2020 führte infas im Auftrag des KoBaLd-Projektes eine bundesweite standardisierte Telefonbefragung durch (n=3.600). Die Befragten gliedern sich in vier Teilstichproben: ausgehend von der letzten Wohnstandortentscheidung zum einen in drei Wanderungsgruppen („Land-Land“-, „Land-Stadt“- und „Stadt-Land“-Wanderung) und zum anderen in eine Teilstichprobe der seit mindestens zehn Jahren in ländlichen Räumen Gebliebenen* (verantwortlich: Thünen-Institut und ILS).
  • Modul 4: Wir erarbeiten eine Ergebnissynthese unter anderem in Form eines Forschungsberichts sowie einer Multimediareportage und leiten Handlungsempfehlungen für Akteure in ländlichen Räumen ab.

* Eine fünfte Teilstichprobe der „Stadt-Stadt“-Gewanderten wurde durch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumordnung (BBSR) finanziert und im Rahmen von KoBaLd ebenfalls untersucht.

Daten und Methoden

In Modul 1 werten wir Sekundärdaten der Wanderungsstatistik aus. In Modul 2 führen wir leitfadengestützte Interviews mit narrativen Elementen durch und werten diese mit der qualitativen Inhaltsanalyse aus. Der Schwerpunkt unserer Arbeiten liegt auf Modul 3, der bundesweiten telefonischen Bevölkerungsbefragung. Diese fand 2020 statt und umfasst 3.600 Befragte, gegliedert in vier Wanderungsgruppen und eine Teilstichprobe von Sesshaften in ländlichen Räumen. 2021 und 2022 werten wir diese Daten vertieft aus. Im letzten Auswertungsschritt in Modul 4 beziehen wir die Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Untersuchungen aufeinander und interpretieren diese. Dies erfolgt auch in verschiedenen Austauschformaten mit Expertinnen und Experten der Raumentwicklung.

Unsere Forschungsfragen

  • Welche Trends des Wanderungsgeschehens und gegebenenfalls Trendwenden mit Bezug auf ländliche Räume lassen sich für den Zeitraum 2005 bis 2020 identifizieren? (Modul 1)
  • Welche Einflussfaktoren sind für eine Wohnstandortentscheidung – ob Gehen, Kommen oder Bleiben – in bestimmten Lebensphasen besonders relevant, und wie werden solche Entscheidungen in Haushalten (immer wieder neu) verhandelt? (Modul 2)
  • Wie unterscheiden sich die vorab unterschiedenen Typen von Wohnstandortentscheidungen hinsichtlich der Motive, ihrer Bedingungsfaktoren und der Haushaltskontexte? (Modul 3)
  • Welche Erkenntnisse lassen sich aus der Verbindung (Triangulation) unterschiedlicher Methoden für Wohnstandortentscheidungen für oder gegen ländliche Räume gewinnen? (Modul 4)

Ergebnisse

Im Ergebnis des Projektes ist eine Quantifizierung der verschiedenen, ländliche Räume betreffenden Zu- und Abwanderungsprozesse seit 2005 zu erwarten. Wanderungen und Bleibeentscheidungen in bestimmten Lebensphasen werden besser als bisher verstanden. Damit lassen sich vorherrschende Annahmen zu den Motiven, Mechanismen und Anlässen von Wohnstandortentscheidungen, auf die sich auch (regional-)politisches Handeln richtet, kritisch überprüfen und empirisch fundieren.

 

Download (Flyer)
     

 

Projektflyer: KoBaLd (Stand: März 2019)

Download (PDF, nicht barrierefrei) 1.862 KB

Links und Downloads

Ergebnisse von Modul 1 zum Binnenwanderungsgeschehen in Deutschland zwischen 2000 und 2019 und seinen Folgen für die Raumentwicklung lassen sich in einem ILS-TRENDS-Heft von 2021 nachlesen: www.ils-forschung.de/files_publikationen/pdfs/TRENDS-3.21_Binnenwanderungen_ONLINE_high%20resolution.pdf

Beteiligte externe Thünen-Partner

Geldgeber

  • Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
    (national, öffentlich)

Zeitraum

9.2018 - 10.2022

Weitere Projektdaten

Förderprogramm: Bundesprogramm Ländliche Entwicklung
Projektstatus: abgeschlossen

Publikationen zum Projekt

  1. 0

    Steinführer A, Osterhage F, Tippel C, Kreis J, Moldovan A (2024) Urban-rural migration in Germany: A decision in favour of 'the rural' or against 'the urban'? J Rural Studies 111:103431, DOI:10.1016/j.jrurstud.2024.103431

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn068908.pdf

  2. 1

    Moldovan A, Osterhage F, Steinführer A, Tippel C (2024) Wanderungsgründe abfragen : Anregungen für die Umfragepraxis [online]. Stadtforsch Statistik 37(2):73-81, zu finden in <https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-97871-1> [zitiert am 24.10.2024]

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn068946.pdf

  3. 2

    Osterhage F, Steinführer A (2022) Wer zieht wohin? LandInForm(3):12-13

  4. 3

    Peter H, Tippel C, Steinführer A (2022) Wohnstandortentscheidungen in einer wohnbiographischen Perspektive : Eine explorative Studie in ländlichen und großstädtischen Kontexten. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut, 152 p, Thünen Rep 93, DOI:10.3220/REP1647852571000

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn064728.pdf

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