Institut für
WO Waldökosysteme
Steigender Bedarf für Fernerkundungsdaten im Wald
Zu Beginn des Aufbaus des Copernicus Netzwerkbüros Wald wurde von Februar bis März 2022 bereits eine erste Nutzerumfrage durchgeführt. Ziel war es, den (damals) aktuellen Stand bei der Nutzung von Fernerkundungsdaten und -produkten zu ermitteln, Bedarfe zu erfassen und Lücken aufzudecken. Einige Ergebnisse von damals: etwa drei Viertel der Umfragenteilnehmenden nutzten Fernerkundungsdaten regelmäßig oder zumindest gelegentlich, knapp die Hälfte nutzte Copernicus-Dienste. Fehlendes Wissen über Anwendungsmöglichkeiten von Fernerkundung war der häufigste Grund, welshalb Daten noch nicht zum Einsatz kamen. Potenzielle Nutzerinnen und Nutzer wünschten sich mehr allgemeine Informationen und Fortbildungsmöglichkeiten. Aktive Nutzerinnen und Nutzer wünschten sich dagegen mehr Austausch und verfügbare einsatzbereite Daten.
Seitdem sind gut zweieinhalb Jahre vergangen und in der Zwschenzeit hat sich viel getan: Einige wald- und fernerkundungsbezogene Projekte sind seitdem gestartet, andere abgeschlossen worden und haben zu neuen Erkenntnissen und Produkten geführt. Das Netzwerkbüro hat mehrere Online-Seminare durchgeführt, um potenzielle Nutzerinnen und Nutzer über die Einsatz- und Anwendungsmöglichkeiten von Fernerkundungsdaten und -methoden aufzuklären. Für aktive Anwenderinnen und Anwender gab es Gelegenheit, Produkte und Projekte vorzustellen und zu diskutieren. Unter Berücksichtigung der jüngsten Entwicklungen war es deshalb an der Zeit, noch einmal den aktuellen Stand bei der Nutzung von Fernerkundungsdaten und -produkten zu ermitteln, gegenwärtige Interessensschwerpunkte sowie neue Bedarfe und Probleme aufzudecken und eine Bilanz aus der Netzwerktätigkeit zu ziehen.
2. Nutzerumfrage 2024
Die Umfrage war von September bis Anfang November 2024 knapp zwei Monate aktiv und richtete sich einerseits an erfahrene Nutzerinnen und Nutzer von Fernerkundungsdaten und andererseits auch an Akteurinnen und Akteure, die Interesse am Thema, aber vielleicht auch noch nicht so viel aktive Erfahrung mit fernerkundungsbasierten Analysen haben. Es konnten 195 Antworten in die Auswertung einbezogen werden. Es wurden Personen aus ganz unterschiedlichen Einrichtungen erreicht. Die größte Nutzergruppen waren mit 19 % Mitarbeitende aus Landesforstverwaltungen, 15 % aus Hochschulen/Universitäten, 15 % aus anderen Forschungseinrichtungen, 13 % aus Forstlichen Versuchsanstalten und 8 % aus Firmen/von Fernerkundungsdienstleistern. Darüber hinaus gab es auch Antworten aus Bundesbehörden, Nationalpark-/Schutzgebietsverwaltungen, Forstverwaltungen auf kommunaler Ebene, Privatwald, Körperschaftswald und vielen weiteren. Davon nutzten 59 % Fernerkundungsdaten regelmäßig, 22 % gelegentlich, 10 % eher selten und 9 % bisher gar nicht. 81 % der erreichten Personen zählen damit nach unserer Definition zu den aktiven Nutzerinnen und Nutzern (regelmäßige oder gelegentliche Nutzung) und nur knapp ein Fünftel zu den potenziellen Nutzerinnen und Nutzern (eher seltene oder gar keine Nutzung). Regelmäßige und gelegentliche Anwendung von FE-Daten gibt es in allen Nutzergruppen. Der größte Anteil an regelmäßigen Nutzerinnen und Nutzern findet sich bei den Hochschulen/Universitäten und Dienstleistern. Von allen Nutzerinnen und Nutzern von FE-Daten (egal ob selten, gelegentlich oder regelmäßig; N=177) arbeiten 66 % mit bereits aufbereiteten Daten und Diensten (z. B. Copernicus-Dienste, Waldzustandsmonitore, Baumartenkarte o. ä.), gut die Hälfte arbeitet auch selbst mit Rohdaten (wählt die Datenquelle/Daten selbst aus oder prozessiert diese), die Hälfte der Befragten arbeitet darüber hinaus auch mit von anderer Stelle zugearbeiteten Daten (und wertet diese z. B. aus oder verarbeitet sie weiter). Knapp ein Viertel der Befragten erhebt sogar selbst Daten (z. B. mittels UAV-Befliegung).
Die nach wie vor beliebteste Datenquelle sind Luftbilder; diese werden von 77 % der Befragten verwendet. 69 % der Befragten nutzten Sentinel-2 Daten - der Anteil dieser Nutzerinnen und Nutzer ist in den letzten Jahren etwas angestiegen, wenn man den Vergleich zur ersten Nutzerumfrage des Netzwerks wagt. Auch Lidar ist eine beliebte Datenquelle und wird von 46 % der Befragten verwendet:
© Thünen-Institut für Waldökosysteme: Welche Arten von Fernerkundungsdaten nutzen Sie?
2022: N=73, Frage wurde nur gestellt, wenn FE-Daten gelegentlich oder regelmäßig genutzt wurden; 2024: N=177, Frage wurde gestellt, wenn FE-Daten selten, gelegentlich oder regelmäßig genutzt wurden
Fast alle kannten das Copernicus-Programm und zwei Drittel der Befragten arbeiten auch mit Copernicus-Daten. Ein Blick auf die erste Nutzerumfrage Anfang 2022 zeigt, dass Copernicus inzwischen deutlich bekannter geworden ist – wir hoffen, dass auch die Arbeit des Copernicus Netzwerkbüros Wald dazu beitragen konnte: Während 2022 noch 27 % der Befragten das Programm gar nicht kannten, sind es heute nur noch 3 % der Befragten. Auch der Anteil an regelmäßigen Nutzerinnen und Nutzern ist deutlich gestiegen – von knapp einem Viertel in 2022 auf über ein Drittel in 2024:
© Thünen-Institut für Waldökosysteme: Wie gut kennen Sie das Copernicus-Programm? 2022: N=128, 2024: N=195
2024 werden Copernicus-Daten und -Dienste von allen Zielgruppen verwendet mit Ausnahme der Verwaltung/Forstbetrieb von Privatwäldern. (Mit nur 4 Befragten gab es aus dieser Zielgruppe aber auch die geringste Beteiligung an der Umfrage). Die meisten Nutzerinnen und Nutzer von Copernicus-Daten kommen aus Hochschulen/Universitäten, bei Dienstleistern und anderen Forschungseinrichtungen ist die Mehrheit aber ebenfalls (etwas oder viel) mit den Daten vertraut. In Forstämtern/Forstbetrieben sowie forstlichen Versuchsanstalten ist der Anteil derjenigen, die schon davon gehört, aber noch nicht damit gearbeitet haben, etwa genauso groß wie der Anteil derjenigen, die bereits (etwas oder viel) Erfahrung mit Copernicus-Daten haben – dies sind also die Zielgruppen, die in Zukunft noch weitere Nutzerinnen und Nutzer hervorbringen könnten.
Potenzielle Nutzerinnen und Nutzer
33 Antworten gingen in die detailliertere Auswertung der Potenziellen Nutzerinnen und Nutzer ein, diese stammten auch aus unterschiedlichen Zielgruppen. „Fehlendes Wissen über Anwendungsmöglichkeiten“ ist für 39 % der Hauptgrund, weshalb FE-Daten nicht/nur selten zum Einsatz kommen, gefolgt von den Gründen „technischen Restriktionen“, „fehlende Software“ und „fehlendes Fachpersonal“. Um Fernerkundungsdaten / Copernicus-Daten noch mehr bzw. überhaupt nutzen zu können, wünschen sich 45 % Schulungen/Fortbildungsmöglichkeiten, 39 % Online-Tutorials oder Leitfäden und 36 % konkrete Informationen zu spezifischen Anwendungsgebieten (z. B. Baumvitalität, Schadanalyse); 33 % brauchen mehr allgemeine Informationen über Anwendungsmöglichkeiten der forstlichen Fernerkundung. Der größte Fortbildungswunsch besteht zu Praxisbeispielen (64 %), weitere gewünschte Themen sind Arbeitsabläufe (von der Account-Erstellung über Download bis zur Auswertung; 45%), Produkte des Copernicus-Landdienstes (39 %) und Einführung in die Fernerkundung, Grundlagen der Methodik (36 %).
Veränderung in der Nutzung in den letzten drei Jahren
In einem weiteren Fragenblock ging es darum, wie sich die eigene Nutzung von FE-Daten in den letzten drei Jahren verändert hat. Durch die Selbsteinschätzung der Befragten bestätigte sich auch noch einmal deutlich unsere durch die eingangs vorgenommenen Vergleiche beider Nutzerumfragen naheliegende Vermutung, dass die Nutzung tatsächlich zugenommen hat. Mehr als die Hälfte der Befragten (N=148 bei dieser Frage) gab an, dass ihre Nutzung zugenommen hat, bei einem Viertel handelt es sich sogar um eine starke Zunahme der Nutzung in den letzten Jahren. Gründe dafür, dass die Nutzung weniger geworden ist, liegen fast ausschließlich darin, dass sich intern Zuständigkeitsbereiche änderten oder es persönliche Ursachen, wie z. B. Jobwechsel, gab – und nicht etwa, dass der Bedarf an Informationen aus FE-Daten gesunken wäre oder technische Anwendungen/KI die händische Datenverarbeitung nun ersetzen (nur in einem Fall).
© Thünen-Institut für Waldökosysteme: Veränderung der Nutzung von Fernerkundungsdaten in den letzten drei Jahren, N=148
Die Gründe, warum es zu einer Zunahme der Nutzung von FE-Daten kam, sind dagegen deutlich vielschichtiger. Für 68 % (N=84 – diese Frage richtete sich nur an Personen, bei denen die Nutzung zugenommen hat) war der häufigste Grund der steigende Bedarf im Arbeitsbereich. Weiter häufige Gründe sind bessere Downloadmöglichkeiten (45 %) und die umfangreichere Bereitstellung vorprozessierter Daten (50 %) sowie die Bereitstellung anwendungsbereiter Produkte (z. B. Baumartenkarte, Waldzustandsdaten, Artenverbreitungsmodelle, Waldstrukturkarten – 51 %).
Sehr erfreulich ist weiterhin, dass sich auch die Bekanntheit des Copericus-Programms und seiner Dienste deutlich verbessert hat: So gaben insgesamt drei Viertel der Befragten (N=158, die Frage richtete sich an alle Personen, die eingangs angegeben hatten, das Copernicus-Programm zu kennen) an, dass sie das Programm jetzt besser kennen (kannten das Programm vorher noch gar nicht, Wissen hat sich etwas oder stark verbessert).
© Thünen-Institut für Waldökosysteme: Veränderung des Wissens über das Copernicus-Programm/-Dienste in den letzten Jahren, N=158
Die häufigsten Anwendungsgebiete von FE-Daten sind bei unseren Befragten aktuell Waldschadenserfassung (58 %), Waldflächenkartierung (56 %) und Baumartenerkennung (49 %). Als vierthäufigster Punkt (von insgesamt sieben, die als Antwortmöglichkeit zur Auswahl standen) wurde die Kategorie „Sonstiges“ gewählt und in einer Folgefrage weiter ausgeführt – hier wurde sehr deutlich, dass die konkreten Anwendungsaufgaben im Arbeitsalltag insgesamt sehr individuell und vielfältig sind! Auch die Antworten (im Freitext) zur Frage, welche neuen Anwendungsmöglichkeiten sich für die Nutzerinnen und Nutzer in den letzten Jahren aufgetan haben, sind äußerst vielfältig und sehr individuell; es lässt sich kein Schwerpunkthema, das sich als Anwendungsgebiet in den letzten Jahren entwickelt hat, feststellen. Die Plattform Copernicus Data Space Ecosystem für die Fernerkundungsdatenakquise oder zur Analyse ist fast der Hälfte der Befragten bisher noch unbekannt, der Anteil der Nutzerinnen und Nutzer, der die Plattform bereits nutzt (gelegentlich oder regelmäßig) ist aktuell etwa gleich groß mit dem, der es noch vor hat – für eine größere Nutzung der Plattform gibt es also noch Potenzial. Insgesamt lässt sich keiner der Gründe, die zur Auswahl standen, als größte weiterhin bestehende Herausforderung bei der Nutzung von FE-Daten feststellen: Für 46 % der Befragten ist es der Zeitaufwand für die Datenverarbeitung und für 45 % die Hardwarekapazität, für 41 - 42 % sind gleichermaßen die Datenverfügbarkeit, Ressourcen für Personal und technische Expertise weiterhin bestehende Herausforderungen.
© Thünen-Institut für Waldökosysteme: Im Jahr 2024 weiterhin bestehende Herausforderungen bei der Nutzung von Fernerkundungsdaten, N=148
Für weitere Fragen zur Auswertung der Umfrage wenden Sie sich bitte an das Netzwerkbüro (copernicus-wald@thuenen.de).
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