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Humusaufbau = Klimaschutz? Diese Formel ist zu einfach

In der Diskussion um Klimaschutz werden Fachbegriffe nicht immer korrekt verwendet. Das kann ungewollte Folgen haben.

Die Grafik veranschaulicht den Unterschied zwischen C-Verlustminderung und C-Sequestrierung.
© Thünen-Institut/AK

Maßnahmen zum Humusaufbau können den Verlust von Bodenkohlenstoff mindern (verringerte CO₂-Emission) oder aber eine Sequestrierung bewirken (negative CO₂-Emission, Erhöhung des Gehalts an Bodenkohlenstoff).

Kohlenstoffspeicher, Kohlenstoffsenke – ist das das gleiche? Und führt die Fixierung von Kohlenstoff im Boden, etwa durch Humusaufbau, automatisch zu mehr Klimaschutz? In der öffentlichen Klimaschutzdiskussion geht manches durcheinander. Selbst in wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu dem Thema werden Fachbegriffe nicht immer korrekt verwendet. Das hat eine aktuelle Studie ergeben, für die 100 internationale wissenschaftliche Publikationen analysiert wurden. Dabei ging es nicht um Wortklauberei – unpräzise Ausdrucksweise kann zu überhöhten Erwartungen an bestimmte Klimaschutzmaßnahmen führen.

Im Fokus der Studie, in der es um das System „Boden“ ging, standen die Begriffe „C-Sequestrierung“ und „negative Emission“. Was ist damit gemeint? Kohlenstoff, der als Treibhausgas Kohlendioxid (CO2) aus Böden entweicht, also emittiert, und nun in der Atmosphäre ist, kann wieder eingefangen und in Form von Humus im Boden klimaunschädlich gebunden werden. Wenn in der Bilanz mehr Kohlenstoff aus der Atmosphäre im Boden festgelegt als emittiert wird, dann spricht man von C-Sequestrierung oder von negativen Emissionen. Es muss also zusätzlicher Kohlenstoff im Boden als Humus gespeichert werden (Kohlenstoffsenke); es reicht nicht, nur bestehende Humusvorräte zu erhalten (Kohlenstoffspeicher).

Doch da geht es schon los mit der Nutzung der korrekten Begriffe: „Viele Äcker in Europa verlieren derzeit Humus und somit Bodenkohlenstoff wegen des Klimawandels oder durch eine nicht nachhaltige Bewirtschaftung“, sagt Professor Axel Don, Wissenschaftler am Braunschweiger Thünen-Institut für Agrarklimaschutz und Erstautor der Studie. Viele Maßnahmen zum Humusaufbau werden deshalb auf diesen Flächen erst einmal nur den Verlust an Kohlenstoff reduzieren oder – noch besser – stoppen. Dies führt zu keiner C-Sequestrierung, sondern „nur“ zu einer C-Verlustminderung. Hier können also keine negativen Emissionen generiert werden, da es immer noch mehr Emissionen von Treibhausgasen gibt, als CO2 durch die Neubildung von Humus gebunden wird. Trotzdem ist es Klimaschutz, wenn die Emissionen im Vergleich zu vorher reduziert wurden. Allerdings nur – und jetzt wird es in der Praxis kompliziert –, wenn durch die Maßnahmen nicht an anderer Stelle zusätzliche Treibhausgasemissionen entstehen. Dies ist die nächste wichtige Bedingung, um beurteilen zu können, ob Maßnahmen zum Humusaufbau tatsächlich zum Klimaschutz beitragen oder nicht: Es gibt nämlich Maßnahmen, z.B. reduzierte Bodenbearbeitung, die gleichzeitig die Emissionen des klimaschädigenden Lachgases aus dem Boden erhöhen können. Weil Lachgas fast 300-mal so klimawirksam ist wie CO2, können hier kleine zusätzliche Lachgasmengen den Klimaschutzeffekt einer Humusaufbaumaßnahme vernichten oder sogar zu insgesamt mehr Treibhausgasen führen.

Wenn man also beurteilen will, welche Klimawirkung eine bestimmte Maßnahme zum Humusaufbau hat, muss man alle Treibhausgasemissionen berücksichtigen. Sonst besteht die Gefahr, völlig falsche Schlussfolgerungen zu ziehen. Wenn alle Treibhausgaseffekte einer Maßnahme zusammenrechnet werden und dann immer noch mehr Treibhausgase gebunden als emittiert werden, so spricht man von „negativen Emissionen“.

Die Analyse von 100 kürzlich erschienenen wissenschaftlichen Publikationen zum Thema C-Sequestrierung in Böden hat ergeben, dass die Mehrheit die Begriffe rund um C-Sequestrierung falsch oder uneindeutig nutzt. Mit der neuen Thünen-Publikation werden die Definitionen und Unterschiede zwischen den Begriffen C-Sequestrierung, negativen Emissionen, Klimaschutz und Humusaufbau klargestellt und es wird auf die Fallstricke bei der Nutzung dieser Begriffe eingegangen. Ziel ist es, die Kommunikation zwischen den verschiedenen Interessensvertretungen aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu verbessern, um den Klimaschutzbeitrag durch Humusaufbau besser beurteilen zu können.

Die Studie, die jetzt in der Fachzeitschrift Global Change Biology erschienen ist, wurde von Axel Don und seinem Team am Thünen-Institut sowie einem internationalen Co-Autorenkollektiv im Rahmen des EU-Programms EJP Soil erstellt. Sie ist hier veröffentlicht: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/gcb.16983

Kontakt:

Institut für Agrarklimaschutz
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