Um diesen Fragen nachzuspüren, wurden unterschiedliche Untersuchungen und Experimente im Windpark, in der 500 m Sicherheitszone und in umliegenden Gewässern des Windparks durchgeführt:
- Ausbringen von Krebskörben in der 500 m-Sicherheitszone und umliegenden Gewässern zur Erfassung der Taschenkrebspopulation (Cancer pagurus) und eines möglichen Gradienten im Vorkommen von Taschenkrebsen.
- Eine systematische Analyse des Planktons zur Erfassung von Taschenkrebslarven und zur Bewertung des Windparkgebiets als mögliches Reproduktionsgebiet für Taschenkrebse in der südlichen Nordsee.
- Probennahme von Kabeljau (Gadus morhua) mit Handangeln zur Analyse der Bedeutung von Windparks für die Ernährung des Kabeljau und seiner Nahrungsbeziehungen.
Eine Untersuchung von Fischeiern und Fischlarven (Ichthyoplankton) hatte bereits im Winter stattgefunden, um herauszufinden, ob sich Kabeljau im Windpark fortpflanzen. Da das Befahren eines Windparks nur unter hohen Sicherheitsauflagen möglich ist und der Windpark 23 km nördlich von Helgoland liegt, bekamen die Wissenschaftler die Möglichkeit, das WindMW-Crew Transfer Vessel (CTV) „Gesa“ (betrieben durch die North Frisian Offshore GmbH) zu nutzen und von dort die Untersuchungen durchzuführen.
Schon der erste Arbeitstag begann mit einer Überraschung: Nachdem die ersten Taschenkrebskörbe zu Wasser gelassen wurden, werden während einer 3-stündigen Angeleinheit mehr als 30 Kabeljau mit bis zu 4 kg Einzelgewicht gefangen. Aufgrund von anekdotischen Berichten war zwar bekannt, dass sich der Kabeljau über den Steinaufschüttungen direkt an den Anlagen aufhält, aber dass die Fische dort so präsent sind, hatte vom Thünen-Team niemand erwartet. Insgesamt konnten 120 Kabeljau gefangen und Proben entnommen werden. Von jedem Fisch wurden nach dem Fang Länge und Gewicht bestimmt und Proben zur Bestimmung von Alter und Kondition der Fische entnommen. Zusätzlich wurden Fischmägen beprobt, um die Nahrungsökologie des Kabeljau zu untersuchen und zu bewerten, ob Windparks ein qualitativ hochwertiges Habitat bieten können. Bereits während der Probennahme konnten Schwimmkrabben, Taschenkrebse und bodenlebende Fischarten, wie Butterfisch (Pholis gunnellus) und Grundeln, in den Fischmägen identifiziert werden. Aber nicht nur Kabeljau gingen an den Haken, sondern auch Grauer Knurrhahn, Leng, Lippfisch und Makrelen wurden als „Beifang“ gefangen und lassen darauf schließen, dass Windparks unter Umständen ein wertvolles Habitat für verschiedenste Fischarten sein können.
In den Folgetagen wurden täglich Taschenkrebskörbe an Bord geholt, mit Ködern bestückt und wieder ausgesetzt. Es ist bekannt, dass Taschenkrebse felsigem Untergrund bevorzugen, daher geht das Thünen-Team davon aus, dass sie sich zahlreiche Krebse in unmittelbarere Nähe zu den Anlagen aufhalten. Diese Vermutung wurde am zweiten Arbeitstag bestätigt. Pro Korb wurden im Schnitt nicht weniger als 6-7 Krebse gefangen. Am Ostrand des Windparks wurden die Körbe mit zunehmender Distanz zum Windpark ausgesetzt, um festzustellen, ob die Krebse vom Windpark in andere Gebiete abwandern, was im Forscherjargon als sogenannter „Spill-Over-Effekt“ bezeichnet wird. Auch hier zeichnen sich interessante Ergebnisse ab, die weiter ausgewertet werden müssen. Über den Gesamtzeitraum konnten ca. 330 kg Taschenkrebse mit vergleichsweise niedrigem Fischereiaufwand gefangen werden. Insgesamt wurden 105 Krebskörbe, die in einem Abstand von 300 bis ca. 1000 m zu den Anlagen gestellt wurden, ausgewertet.
Nach einer erfolgreichen Woche im Windpark reiste das Thünen-Team um Projektleiterin Vanessa Stelzenmüller und Koordinatorin Antje Gimpel am 24. Juni wieder ab und bedankt sich auf diesem Wege für die tolle Unterstützung von WindMW und die exzellente Zusammenarbeit mit allen Mitarbeitern und der Besatzung der „Gesa“. Wir kommen gerne wieder!
Ihre Fragen zu diesem Thema richten Sie gerne an Dr. Vanessa Stelzenmüller oder Dr. Antje Gimpel.