Die Dorschbestände in der Ostsee befinden sich seit vielen Jahren in einem kritischen Zustand. Die gerichtete Fischerei auf diese Art ist seit 2024 untersagt. Allerdings landen sie als Beifang im Netz – insbesondere in Plattfisch-Schleppnetzen. Das Thünen-Institut für Ostseefischerei hat sich dieser Thematik angenommen und forscht seit vielen Jahren an alternativen Fangmethoden. Bereits 2021 präsentierten die Forschenden selektive Schleppnetze, die den Beifang von Dorsch reduzieren. Diese sind sowohl kostengünstig und einfach in der Handhabung für die Fischereibetriebe, als auch effizient in der Reduktion des Beifangs.
Bei der Entwicklung machten die Forschenden Unterschiede im Verhalten und der Anatomie der Dorsche und Plattfische zunutze. Die neuen Steerte, wie die Enden der Schleppnetze genannt werden, und Selektionseinrichtungen bieten Dorschen die Möglichkeit, aus dem Netz zu entkommen, während Plattfische gefangen werden.
So funktionieren die neuen Steerte
Dorsche haben einen ovalen Körperquerschnitt. Wenn die Maschen des Netzes groß genug sind, können kleine und mittelgroße Tiere durch diese hindurchschwimmen, während die breiteren Plattfische im Netz bleiben. Je mehr sich das Netz jedoch mit Fischen füllt, desto enger ziehen sich die Maschen zusammen und verhindern das Entkommen der Dorsche. Hier setzen die neuen Steerte an: Sie verwenden in allen Teilen des Netzes Quadratmaschen, deren Öffnung sich auch bei starker Spannung nicht verkleinert.
Selektionseinrichtungen „Roofless“
Dorsche meiden die Ränder des Netzes und versuchen, möglichst viel Abstand von den Maschen zu halten, während Plattfische sich nah am Boden aufhalten. Auf Grundlage dieser Beobachtung wurden die Selektionseinrichtungen „Roofless“ entwickelt, die zwischen dem vorderen Teil des Netzes und dem Steert installiert werden. Das Netz besitzt eine große Öffnung von mindestens 1,75 Metern Länge an der Oberseite. In dem Bestreben, Abstand vom Netz zu halten, kann ein großer Teil der Dorsche durch diese aus dem Netz entkommen, während die Plattfische im Netz bleiben.
Diese selektiveren Grundschleppnetze werden nun zum Einsatz kommen. Nach einer entsprechenden Empfehlung der regionalen Fischereigruppe „Baltfish“ hat die Europäischen Kommission am 11. Dezember 2024 eine neue EU-Verordnung veröffentlicht. Sie definiert, welche der selektiveren Fanggeräte in welchen Fanggebieten verpflichtend genutzt werden müssen. Die Verpflichtung tritt ab dem 9. April 2025 in Kraft und betrifft alle Fischereien in der westlichen Ostsee (Gebiete 22 bis 24) und im westlichen Teil der zentralen Ostsee (Gebiete 25 und 26). Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft fördert die Anschaffung der neuen Netze noch bis zu dem Zeitpunkt, an dem die selektiven Netze verpflichtend eingesetzt werden müssen.