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Interview

Wie kann Ökolandbau den Hunger bekämpfen?

Martin Sattler mit Gerold Rahmann (forschungsfelder 2/2022)


OL Institut für Ökologischen Landbau

Ökologischer Landbau kann helfen, die weltweite Versorgung mit Lebensmitteln nachhaltig zu sichern. Wie das gelingt und welche Rolle die Forschung dabei einnimmt, erklärt der Leiter des Thünen-Instituts für Ökologischen Landbau, Prof. Dr. Gerold Rahmann.

Herr Rahmann, braucht die Welt mehr Ökolandbau?

Ja, unbedingt: Er bietet Möglichkeiten, um globale Herausforderungen zu meistern – indem er zum Beispiel den Klimawandel verlangsamt und den Boden fruchtbarer macht. Deshalb sollte der Ökolandbau eine zentrale Rolle bei der zukünftigen Lebensmittelproduktion spielen. Und wir sollten seine Stärken weltweit bekannter machen.

Welche Vorteile bietet er gerade für Länder des Globalen Südens?

In wirtschaftlich ärmeren Ländern, etwa im Globalen Süden, stellen Kleinbetriebe einen Großteil der Lebensmittel her. Da können die Prinzipien des Ökolandbaus helfen, Erträge schnell von einem niedrigen auf ein mittleres Niveau zu heben – bei einem zugleich geringen Bedarf an externen Betriebsmitteln. Denn mit dem Ökolandbau lassen sich Lebensmittel besonders ressourcen- und zugleich umweltschonend erzeugen – etwa durch den Verzicht auf Kunstdünger und chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel. Das trägt dazu bei, die Ernährung vor Ort langfristig zu sichern.

Inwiefern?

Vielfältige Fruchtfolgen und Kreislaufwirtschaft erhalten die Bodenfruchtbarkeit und sorgen für gesunde Pflanzen. Das sichert die Erträge. Wenn wir den Ökolandbau stärken, geben wir Landwirtinnen und Landwirten in Ländern des Globalen Südens eine nachhaltige und langfristige Perspektive an die Hand, sich selbst und ihre Familien zu ernähren – und zur Lebensmittelversorgung ihrer Region beizutragen.

Könnte der Ökolandbau auch die ganze Welt ernähren?

Natürlich kann der Ökolandbau auch neun bis zehn Milliarden Menschen er nähren. Entscheidend für die Hungerbekämpfung ist, ob vor Ort ausreichende, gesunde und bezahlbare Lebensmittel verfügbar sind. Die Frage ist, wie viele eigentlich essbare Produkte für die menschliche Ernährung zur Verfügung stehen – anstatt sie wegzuwerfen, zu verfüttern oder in anderen Industriezweigen zu verarbeiten. Daher sollte stärker in den Fokus rücken, was die Menschen einer Region brauchen und wie dieser Bedarf lokal gedeckt werden kann. Dabei ist nicht allein der Ökolandbau gefragt.

Sondern?

Es geht darum, die Vorteile verschiedener Landbausysteme zu nutzen – und regional angepasste Lösungen zu entwickeln. Wo etwa Lebensmittel akut knapp sind, sollte es beispielsweise möglich sein, auch im Ökolandbau eine gewisse Menge an leicht löslichem Mineraldünger einzusetzen, um die Erträge kurzfristig zu steigern. Zugleich gibt es in vielen Ländern des Globalen Südens Potenziale, den Ökolandbau auszudehnen – und damit langfristig die Lebensgrundlagen zu erhalten. Dafür muss sich der Ökolandbau insgesamt leistungsfähiger aufstellen. Zudem brauchen Kleinbetriebe Möglichkeiten, ihre Produkte vor Ort zu verkaufen und weitere Absatzmärkte zu erschließen.

Wie können Sie mit Ihrer Forschung dabei unterstützen, dass das gelingt?

Eine entscheidende Rolle spielt der Wissenstransfer. Wir möchten das bestehende Know-how zum Ökolandbau bündeln, aufbereiten und in verschiedenen Sprachen verfügbar machen. So bauen wir auf dem afrikanischen Kontinent gerade gemeinsam mit unseren Partnern fünf regionale Wissenszentren auf, bilden Trainerinnen und Trainer aus und vermitteln in kurzen Videos Tipps und Tricks, beispielsweise zu Saatgut und Bodenfruchtbarkeit. Damit das Wissen schnell dort ankommt, wo es Früchte trägt – bei den Bäuerinnen und Bauern vor Ort.

Herr Rahmann, vielen Dank für das Gespräch.

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