Expertise
Mehr Wasser für den Pflanzenbau? – Herausforderungen und Ansätze
Nataliya Stupak, Thomas de Witte | 04.05.2023
Der Klimawandel führt dazu, dass der Wasserbedarf für den Pflanzenbau in Deutschland voraussichtlich steigt. Das Thünen-Institut untersucht, wie sich der Bewässerungsbedarf entwickeln wird und mit welchen Ansätzen die Wasserversorgung künftig gesichert werden kann.
Eine ausreichende Wasserversorgung ist die Grundlage für einen erfolgreichen Pflanzenbau. Bis auf wenige historisch gewachsene Bewässerungsregionen ist Pflanzenbau – vor allem Ackerbau – in Deutschland abhängig vom Niederschlag. Der fortschreitende Klimawandel nimmt zunehmend Einfluss auf die Niederschlagsmuster.
Jahreszeitliche und zwischenjährliche Änderungen des Niederschlags sind bereits heutzutage zu beobachten. Seine zukünftige Entwicklung – vor allem in der Vegetationsperiode – ist mit hoher Unsicherheit verbunden. Die derzeitigen Klimaprojektionen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) gehen davon aus, dass sich bis 2050 für Deutschland keine Änderung der Jahresniederschlagsmengen ergeben und Deutschland ein wasserreiches Land bleibt. Die Niederschläge werden jedoch im Herbst- und Winter voraussichtlich um 2 bis 8 % zunehmen, im Frühjahr sogar um 7 %. Für die Sommermonate sind in den Klimaprojektionen keine wesentlichen Änderungen der Niederschlagsmengen zu erkennen. Allerdings sind vor allem die prognostizierten Niederschlagsveränderung im Frühjahr mit Unsicherheiten behaftet, da der Trend der letzten Jahre eher eine zunehmende Trockenheit im Frühjahr erwarten lässt. Zusätzlich wird durch räumliche Veränderungen der Niederschläge und häufigere Extremwetterereignisse die Wasserversorgung über den Sommer in einigen Regionen wahrscheinlich ein stärker begrenzender Faktor für den Ackerbau.
Die Wasserversorgung der Pflanzen hängt nicht nur von der Niederschlagsmenge ab, sondern auch von der Form des Niederschlags und der Verdunstung, die durch die Temperatur bestimmt wird. Laut DWD werden 5 bis 15 % mehr Starkregenereignisse in Deutschland erwartet. Diese führen zu einem stärkeren Oberflächenabfluss und zu einer niedrigeren Wasserinfiltration und speicherung im Boden, mit negativen Auswirkungen auf die Wasserverfügbarkeit für die Pflanzen.
Trockenstress durch steigende Sommertemperaturen
Die steigenden Sommertemperaturen führen auch bei gleichbleibenden Niederschlagsmengen in vielen Regionen zu einer künftigen Verschlechterung der klimatischen Wasserbilanz in den Sommermonaten, wie die folgenden Karten zeigen. Sollte es nicht gelingen, weitere Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen, gehen die langfristigen Klimaprojektionen davon aus, dass in vielen Regionen Deutschlands die klimatische Wasserbilanz in den Sommermonaten um 50-75 mm je m² sinkt. Selbst wenn es gelingt, den Klimawandel global zu begrenzen, zeigen die Projektionen für einige wichtige Anbauregionen ein Rückgang der klimatischen Wasserbilanz in den Sommermonaten von bis zu 25 mm. Daraus folgt ein zunehmender Wasserbedarf für Pflanzenbau und ein zunehmendes Trockenheitsrisiko.
Bereits in den letzten Jahren kam es regional zu erheblichen Ertragsverlusten in fast allen Kulturen durch extreme Wetterereignisse. Im Schnitt der letzten 25 Jahre waren vor allem extreme Hitze und extreme Trockenheit für die größten wirtschaftlichen Schäden beim Anbau der Kulturen Winterweizen, Wintergerste, Winterraps, Körnermais, Kartoffeln und Zuckerrüben verantwortlich. In Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Nordwest-Bayern/Franken wurde der Weizenanbau vor allem durch Hitze- und Trockenheit beeinträchtigt. In den nördlichen Anbauregionen verursacht extreme Hitze bedeutende Ertragsverluste bei Raps. Weitere Informationen zu den bisherigen Schäden durch Extremwetterereignisse sind bei Söder et al. 2022 und Schmitt et al. 2022 zu finden.
Vor diesem Hintergrund arbeitet das Thünen-Institut an Konzepten zum Wassermanagement, mit denen künftig eine ausreichende Wasserversorgung der Pflanzen gelingen kann. Hierfür ist es zunächst erforderlich, einen Überblick über die Verfügbarkeit von Wasserressourcen aus unterschiedlichen Quellen sowie über die bestehenden und zukünftigen Wasserbedarfe zu erstellen. Das Thünen-Institut trägt zu diese Aufgabe mit seinen flächendeckenden Analysen des Bewässerungsbedarfs im Rahmen des LAWAMAD-Teilprojektes C bei. Regional wurde bereits der Bewässerungsbedarf für Bayern ermittelt. Dabei zeigte sich, dass bis 2050 eine Steigerung der mittleren Bewässerungsbedürftigkeit aller betrachteten Kulturen um 19 % im Vergleich zum Zeitraum 1991-2020 zu erwarten ist. Derzeit wird der Bewässerungsbedarf der Landwirtschaft in Hessen abgeschätzt.
Bewässerung ist zwar eine der wirksamsten Maßnahmen gegen Trockenstress bei Kulturpflanzen, kann aber Interessenkonflikte um begrenzten Wasserressourcen mit anderen Wassernutzern verschärfen. Dies vor allem, wenn durch die Bewässerung die Grundwasserstände oder die Wasserversorgung der Oberflächengewässer negativ beeinflusst wird. Weitere Informationen zu den potenziellen Zielkonflikten gibt der Bericht der LAWA-Kleingruppe.
Wasserspeicherbecken
Um diese Zielkonflikte zu verringern, liegt der Fokus des Verbundprojektes LAWAMAD auf der Einrichtung von Wasserspeicherbecken. Diese können im Winterhalbjahr mit Niederschlagswasser oder mit Entnahmen aus Oberflächengewässern gefüllt werden, um das gespeicherte Wasser für die Bewässerung in der Vegetationsperiode zu verwenden.
In dem Projekt werden für ausgewählte Landschaftsausschnitte der Wasserspeicherungsbedarf modelliert, mögliche Wasserspeicher mit unterschiedlichen Volumina und Ausführungen geplant, und ihre Kosten und ihr Nutzen analysiert. Bisher ist der Bau von Wasserspeichern überwiegend für die Bewässerung im Gartenbau oder von Sonderkulturen wirtschaftlich. Im Ackerbau könnte ein Wasserspeicher für die Bewässerung von Kartoffeln künftig wirtschaftlich darstellbar sein. Weiterhin wird in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme untersucht, wie sich die Verdunstung und Wirtschaftlichkeit verändert, wenn die Wasserspeicherbecken mit schwimmenden Photovoltaik-Modulen belegt werden.