Expertise
Düngung: Mit weniger Stickstoffverlusten im Pflanzenbau das Klima entlasten
Andreas Pacholski | 30.06.2023
Die Stickstoffdüngung ist eine der Hauptquellen für Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft. Anstrengungen, Stickstoffverluste zu verringern, können daher erheblich zum Klimaschutz beitragen.
Der landwirtschaftliche Pflanzenbau auf Acker- und Grünland ist auf Stickstoffdünger angewiesen, egal in welchem Produktionssystem, ob ökologisch oder konventionell. Stickstoff ist der wichtigste Pflanzennährstoff und durch eine hohe Dynamik seiner Bindungsformen in Boden, Pflanze und Luft geprägt. Dabei wird der Nährstoff nicht nur von der Pflanze aufgenommen; er wird auch über verschiedene Wege (Wasser, Luft) vom Acker- und Grünland ausgetragen und beeinträchtigt die Umwelt. Das Thünen Institut für Agrarklimaschutz forscht an Lösungsansätzen, um gasförmige, klimawirksame Stickstoffverluste aus dem Pflanzenbau zu verringern. Das umfasst sowohl synthetische (in der Regel Nährsalze) als auch organische (Mist, Gülle, Kompost) Stickstoffquellen und nährstoffwirksame Reststoffe (Gründüngung, Mulch).
Das wirksamste und bedeutsamste Treibhausgas aus dem Stickstoffmanagement ist Lachgas (N2O), etwa 300-fach klimawirksamer als Kohlenstoffdioxid. Es trägt zu mehr als 30 % zu den landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen bei. Darüber hinaus spielt auch die Freisetzung von Ammoniak (NH3) eine Rolle: Neben Umweltbeeinträchtigungen wie Bodenversauerung, gesundheitsschädlicher Feinstaubbildung oder Eutrophierung natürlicher Ökosysteme trägt es durch Umwandlung im Boden auch zur Lachgasbildung bei. Eine weitere Verlustquelle ist die Denitrifikation, wobei der pflanzenverfügbare Düngerstickstoff wieder in gasförmigen elementaren Stickstoff (N2) umgewandelt wird. Dies hat zwar keine negativen Umweltwirkungen, setzt aber die Düngungseffizienz herab. Daneben sind auch Lachgasemissionen ein wichtiges Nebenprodukt der Denitrifikation.
Eine reduzierte Stickstoffdüngung ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um die gasförmigen Emissionen zu verringern. Durch eine Reduzierung dieser Emissionen kann auch die Düngungseffizienz erhöht werden.
Im Thünen-Institut für Agrarklimaschutz wird die gesamte Bandbreite der Emissionsminderung, die zugrunde liegenden Prozesse und deren Berechnung durch Computermodelle in verschiedenen Projekten untersucht. In den Projekten wird ein starker Schwerpunkt auf die räumlich (Standort) und zeitlich (Witterung, Pflanzenbestand) bestimmte Beziehung zwischen Emissionen und Maßnahmen gelegt. um sowohl eine hinreichend passgenaue Empfehlung für Politik und Landwirte, sowie eine Abbildung in der Emissionsberichterstattung zu ermöglichen.
Gülle kann verlustarm ausgebracht werden
Das Ausbringen organischer Dünger auf dem Feld, vor allem in Form von Rinder- und Schweinegülle und Biogasgärresten, gehört zu den stärksten Quellen von Ammoniak und Lachgas aus der Landwirtschaft. Die wichtigsten Maßnahmen zur Ammoniak-Reduktion sind die bodennahe Ausbringung, Einarbeitung in den Boden und Dünger-Ansäuerung. Allerdings ist die Einarbeitung häufig mit erhöhten Lachgasemissionen verbunden. Dem wird mit der Einmischung von Nitrifikationsinhibitoren in die Gülle begegnet. Im Verbundprojekt Güllebest wurden die Ammoniak-mindernden Ausbringungsverfahren von Schlitzinjektion und Ansäuerung für die Gülledüngung in Grünland und Ackerland mit der Zugabe von Nitrifikationsinhibitoren untersucht. Besonders durch Ansäuerung konnten die Ammoniakemissionen gegenüber bodennaher Schleppschlauch- und Schleppschuhdüngung deutlich reduziert werden (ca. -50 %). Die Schlitzinjektion verringerte die Emission um 22 %. Keine der Maßnahmen veränderten Erträge oder die Lachgas-Emissionen gegenüber der bodennahen Ausbringung.
Ammoniak- und Lachgasverluste aus der Stickstoffdüngung können gesenkt werden
Wie viel Ammoniak freigesetzt wird, hängt stark von der Düngerart ab. Bei Mineraldüngern führen vor allem harnstoff- und ammoniumhaltige Düngemittel zu hohe Ammoniakemissionen. In dem deutschlandweiten Verbundprojekt NH3-Min werden Maßnahmen zur Emissionsreduktion quantifiziert. Durch Zusatz von Urease-Inhibitoren können die Verluste aus der Harnstoff- und Ammoniumnitratharnstofflösung-Düngung um etwa 50 % reduziert werden. Auch der Wechsel der Düngeform zu einem mehr nitrathaltigen Düngemittel (z.B. Kalkammonsalpeter) verringert die Emissionen.
Nitrifikationsinhibitoren können nach internationalen Übersichtsstudien Lachgasemissionen um ca. 40 % reduzieren. Aber offene Fragen zu der Wirksamkeit unter Umweltverhältnissen Deutschlands, des Wirkstoffaustrages und potenzieller negativer Auswirkungen auf das Bodenleben müssen noch beantwortet werden. Das Projekt NitriKlim untersucht die Effekte des Zusatzes von Nitrifikationsinhibitoren zu Harnstoff- und Ammoniumdüngern (synthetisch und organisch) auf Lachgasemissionen, Ammoniakverluste und Ertrag.