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Expertise

Holzkohle: Womit grillen wir da eigentlich?

Volker Haag, Gerald Koch | 2021


HF Institut für Holzforschung

Wissenschaftler am Thünen-Kompetenzzentrum Holzherkünfte haben in den letzten Jahren die Zusammensetzung und Deklarationen von rund 450 Holzkohle- und Brikettsortimenten geprüft. Mit überraschenden Ergebnissen.

Grillen mit Holzkohle liegt im Trend. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes liegt der Verbrauch in Deutschland bei mehr als 250.000 Tonnen. Dabei stammen die verwendeten Hölzer meist nicht aus „heimischen Wäldern“. Rund 85 % der bei uns verkauften Holzkohle ist Importware aus dem Ausland, häufig aus tropischen und subtropischen Regionen, aber auch aus osteuropäischen Wäldern.
 

Neues Mikroskopie-Verfahren

Verbraucher- und Umweltschutzorganisationen, aber auch Händler und Importeure haben das Thünen-Kompetenzzentrum seit 2016 mehrfach um Prüfung von handelsüblichen Holzkohle-Chargen gebeten, wie sie in Supermärkten, Tankstellen oder Baumärkten erhältlich sind.

Für die Bestimmung der ausgewählten Holzkohle/-brikettproben wird eine spezielle 3D-Auflichtmikroskopie-Technik verwendet, mit der sich die charakteristischen anatomischen Strukturmerkmale darstellen lassen. Im Vergleich zur mikroskopischen Bestimmung von Massivhölzern können von Holzkohle keine ebenen (planen) Schnittpräparate hergestellt werden, da das Gewebe durch den Verkohlungsprozess stark zersetzt wird und sehr spröde ist. Mit Hilfe der neuen digitalen Mikroskopie-Technik werden die unebenen Bereiche innerhalb eines programmierbaren Feldes digital abgescannt und zusammengesetzt. Hierbei entsteht zunächst ein dreidimensionales Bild, welches in eine zweidimensionale Darstellung konvertiert wird (Abb. 1).

Die Qualität und Schärfe der Aufnahmen entspricht den Ergebnissen, wie sie auch „klassisch“ – also bei der Präparation mikroskopischer Dünnschnitte – erzielt werden. Die hochauflösende Darstellung ermöglicht es, kleinste Zellstrukturen zu detektieren und mit den Strukturmerkmalen von über 400 Wirtschaftsbaumarten in der Datenbank des Thünen-Instituts zu vergleichen (Abb. 2 und 3). Mit Hilfe einer integrierten Polarisationstechnik, durch die die Aufnahmen optisch grün erscheinen, können die Kontraste der Strukturmerkmale noch verstärkt und heimische Hölzer von tropischen und subtropischen Arten unterschieden werden.

Hoher Anteil „kritischer“ Sortimente

Eine Untersuchung von 20 Holzkohle-Sortimenten, die bereits 2017 im Auftrag und mit begleitenden Recherchen durch den WWF erfolgte, zeigte:

  • ca. 50 % der in Deutschland gehandelten und untersuchten Sortimente enthielten keine Angaben zu den verwendeten Hölzern oder Baumarten,
  • lediglich 30 % der gehandelten Holzkohle und -briketts stammten aus zertifizierten Quellen (FSC oder PEFC),
  • ca. 40 % der in Deutschland gehandelten Sortimente enthielten vorwiegend Hölzer aus subtropischen oder tropischen Regionen. Drei Viertel davon bestanden ausschließlich aus tropischen/subtropischen Hölzern, bei einem Viertel handelte es sich um Beimischung zu Hölzern aus gemäßigten Breiten.

Weitere umfangeiche Prüfaufträge schlossen sich an. Die Untersuchungen von rund 450 Sortimenten und ca. 6.750 mikroskopisch analysierten Einzelproben haben grundlegende Erkenntnisse über die verwendeten Hölzer sowie Abweichungen von angegebenen Deklarationen geliefert.

Im Detail konnte 2019 festgestellt werden, dass etwa 20 % der untersuchten Sortimente als „kritisch“ in Bezug auf die angegebenen Deklarationen der Hölzer/Baumarten bewertet werden müssen. Dabei handelte es sich im Wesentlichen um drei Falltypen:

  • Sortimente, die mit der Verwendung ausschließlich bestimmter Holzarten werben („Buchenholz“) und bei denen Beimischungen anderer „heimischer Hölzer“ detektiert wurden.
  • Sortimente, die keine Angaben zu den verwendeten Hölzern enthalten: Diese Chargen bestehen zumeist vollständig aus tropischen/subtropischen Hölzern.
  • Sortimente mit der Deklaration „aus heimischen Laubhölzern": Hier konnten neben heimischen Hölzern wie Buche, Ahorn oder Eiche auch Beimischungen von tropischen/subtropischen Hölzern nachgewiesen werden. In zwei Fällen waren die Chargen sogar FSC bzw. PEFC zertifiziert.

2020 hat das Thünen-Institut in Zusammenarbeit mit dem WWF weitere Untersuchungen in einem europaweiten Ansatz durchgeführt. Dafür wurden 150 Holzkohlesortimente aus 11 europäischen Ländern analysiert. In zahlreichen Sortimenten fand sich Holzkohle aus Tropenhölzern, auch falsche Deklarationen wurden aufgedeckt. Die Ergebnisse sind in der WWF-Broschüre „Grillkohle 2020 - Eine EU-Marktanlyse“ zusammengefasst.

Holzkohle aus Tropenholz nicht pauschal illegal

Bei der Bewertung dieser Ergebnisse muss grundsätzlich berücksichtigt werden, dass die Verwendung von Hölzern aus subtropischen oder tropischen Regionen für die Herstellung von Holzkohle nicht pauschal als „illegal“ oder „Raubbau“ eingestuft werden kann bzw. sollte. Beispielsweise werden in Namibia Hölzer der Gattung Acacia aus Landpflegemaßnahmen gegen eine Verbuschung zu Holzkohle verarbeitet. In vielen tropischen Regionen werden Durchforstungs- oder Resthölzer der Sägeindustrie verwendet. Allerdings sind in verschiedenen Ländern wie z.B. Paraguay oder Nigeria die Kontrollmöglichkeiten vor Ort sehr begrenzt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Holzprodukten unterliegt Holzkohle bislang nicht der EU-Holzhandelsverordnung (EUTR).

Deutlich muss darauf hingewiesen werden, dass ein genauer Herkunftsnachweis mit genetischen Methoden oder auf Basis der Isotopen-Technik, wie er z.B. für Schnittholz angewendet wird, bei Holzkohle nicht möglich ist. Daher kann der Nachweis einer legalen Verwendung/Verarbeitung von Hölzern zu Holzkohle ausschließlich über die mikroskopische Überprüfung der Sortimente sowie eine sorgfältige Kennzeichnung und lückenlose Zertifizierung erfolgen. Dies wird von Seiten der NGOs gefordert und von einigen Herstellern auch schon praktiziert.

Zahlen & Fakten

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind 2017 rund 215.000 Tonnen Holzkohle nach Deutschland importiert worden. Die wichtigsten Lieferländer waren Polen (79.000 t), Paraguay (32.000 t) und die Ukraine (23.000 t). 2015 wurden 227.000 Tonnen importiert, wichtigstes Lieferland war auch damals Polen (74.000 t), gefolgt von Paraguay (34.000 t) und Nigeria (32.000 t).

Holzkohle aus Polen ist allerdings nicht unbedingt polnischen Ursprungs. Häufig werden dort große Holzkohle-Chargen aus anderen, z.B. afrikanischen und südamerikanischen Ländern gemischt und in Verkaufspackungen abgefüllt. Das macht eine Rückverfolgbarkeit zum tatsächlichen Produktionsland schwierig.

Die weltweite Produktion von Holzkohle schätzt die FAO auf rund 52 Mio. Tonnen pro Jahr. Hauptproduktionsländer sind (in absteigender Reihenfolge) Brasilien, Nigeria, Äthiopien, Indien, DR Kongo, Ghana, Tansania, China, Madagaskar, Thailand (Stand 2015). Mehr als 60 % der Holzkohle wird in Afrika hergestellt – meist unter nicht nachhaltigen Bedingungen.

Die Siegel FSC (Forest Stewardship Council) und PEFC (Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes) besagen, dass das Holz für die Holzkohle aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammt. Auch wenn in Einzelfällen Falschdeklarationen aufgedeckt wurden, bieten diese Siegel ein hohes Maß an Sicherheit, zumal Verstöße von den Organisationen geahndet werden (z.B. mit Suspendierung der Zertifizierung).

Das DIN-Prüfzeichen (DIN EN 1860-2) hingegen macht keine Aussagen zur Nachhaltigkeit, sondern dokumentiert bestimmte qualitäts- und gesundheitstechnische Standards. Es stellt z.B. sicher, dass die Holzkohle keine Holzschutzmittel, Schlacken, Pech oder Bitumen enthält.

Holzkohle wird durch Erhitzen von Holz bei Luftabschluss und Temperaturen von 200-300 °C hergestellt. As Nebenprodukte entstehen u.a. Holzteer und Holzessig. Rund die Hälfte aller weltweit gefällten Bäume werden nach Angaben der FAO zu „Fuelwood“, also Energieholz (Brennholz, Holzkohle, Biokraftstoffe etc.), verarbeitet. Aus 17 % der gefällten Bäume wird Holzkohle gewonnen. Vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern ist sie ein wichtiger Energieträger, der von der lokalen Bevölkerung z.B. zum Kochen verwendet wird.

In der Regel sind 5 bis 10 Tonnen Holz nötig, um eine Tonne Holzkohle herzustellen. Mit moderner Technik ist es allerdings möglich, den Verbrauch auf 2,5 Tonnen Holz pro Tonne Holzkohle zu reduzieren.

Ist das Grillen mit einem Gas- oder Elektrogerät klimafreundlicher als das Grillen mit Holzkohle? Eine Ökobilanz-Studie des TÜV Rheinland gibt eine überraschende Antwort. Danach ist die Art des Grillens längst nicht so wichtig ist wie die Auswahl des Grillguts: Nahezu 95 % der anfallenden klimarelevanten Emissionen werden durch das Grillgut verursacht. Tierische Produkte wie Rindfleisch und Grillkäse belasten die Umwelt über den gesamten Lebensweg weit mehr als Gemüse. Bei einer Ökobilanz werden rechnerisch die Emissionen und andere Umweltauswirkungen über den gesamten „Lebensweg“ eines Produktes analysiert.

Für die Analyse wurde das gesamte Grillen von der Herstellung der einzelnen Grills und der Erzeugung des Grillguts über das Grillen selbst bis zur Entsorgung der Grillgeräte betrachtet.

Das Thünen-Kompetenzzentrum Holzherkünfte in Hamburg bietet als Serviceleistung die Analyse an, welche Hölzer für die Herstellung von Holzkohle verwendet wurden. Dafür kommt eine spezielle 3D-Auflichtmikroskopie-Technik zum Einsatz. Pro Holzkohle-Sortiment wird ein Entgelt von 336 € zzgl. MWSt. erhoben.

Charcoal Identification with 3D-reflected light microscopy-techniques – Vortrag von Valentina Zemke, Thünen-Institut für Holzforschung, auf dem World Wood Day Symposium, 21.03.2019 (PDF der Powerpoint-Folien)

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