

Institut für
LV Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen
Projekt
Dachprojekt: Begleitforschung zur ökologischen Wirksamkeit der Gemeinsamen Agrarpolitik

Begleitforschung zur ökologischen Wirksamkeit der Gemeinsamen Agrarpolitik
Mit den letzten beiden Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik verfolgt die EU-Kommission das Ziel die Förderpolitik stärker an Umweltbelangen auszurichten. Wie wirksam die einzelnen Maßnahmen z. B. das Greening in der Förderperiode 2014-2022 und ie Ökoregelungen in Förderperiode 2023-2027 für den Natur- und Umweltschutz sind, wird kontrovers diskutiert. In verschiedenen Projekten gehen wir deshalb der Fragen zum Ambitionsniveau in Form von Mitteleinsatz und Maßnahmenverteilung auf der landwirtschaftlichen Fläche sowie der Wirksamkeit nach.
Hintergrund und Zielsetzung
Der deutliche Artenrückgang in der Agrarlandschaft, anhaltend hohe Nährstoffeinträge in Böden und Gewässer sowie europäische und globale Vorgaben zum Schutz der Biodiversität machen eine stärkere Ökologisierung der Landwirtschaft notwendig. Um diesen Erfordernissen Rechnung zu tragen, wurde mit der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) von 2013 das Greening eingeführt.
Ein Teil der Direktzahlungen aus der 1. Säule ist seit dem 1. Januar 2015 an Landbewirtschaftungsmethoden gebunden, die den Klima- und Umweltschutz fördern und drei Maßnahmen betreffen:
- Anbaudiversifizierung: Die meisten Betriebe mit mehr als 30 ha Ackerfläche müssen mindestens drei Kulturen anbauen. Der Flächenanteil der Hauptanbaukultur darf maximal 75% betragen, der Anteil der beiden anderen Kulturen muss jeweils mindestens 5% einnehmen. Betriebe mit 10 bis 30 ha Ackerland müssen mindestens zwei verschiedene Kulturen anbauen, wobei die Hauptkultur nicht mehr als 75% der Fläche einnehmen darf.
- Erhalt des Dauergrünlandes: Dauergrünland, das in Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Gebieten liegt, ist als umweltsensibles Grünland ausgewiesen worden und unterliegt einem vollständigen Umwandlungs- und Pflugverbot. Dauergrünland, das nicht als umweltsensibel eingestuft ist, kann ausschließlich nach Genehmigung umgewandelt werden. Eine Genehmigung wird in der Regel nur erteilt, wenn an anderer Stelle Dauergrünland im selben Umfang neu angelegt wird und der Anteil von Dauergrünland in der Region zwischen 2012 und 2015 nicht mehr als 5% abgenommen hat.
- Ausweisung von ökologischen Vorrangflächen auf Ackerflächen: Betriebe mit mehr als 15 ha Ackerland müssen 5% ihrer Ackerfläche als ökologische Vorrangflächen ausweisen. Verschiedene Flächentypen kommen hierfür in Betracht, von denen ein Teil eine Nutzung ermöglicht (z.B. Kurzumtriebsplantagen, Zwischenfrüchte), ein anderer Teil hingegen nicht (z.B. Brachflächen, Landschaftselemente).
Unter bestimmten Voraussetzungen sind Betriebe von den Greening-Maßnahmen ausgenommen, so z. B. Betriebe des ökologischen Landbaus. Mit der Bewertung der Wirksamkeit und Effizienz der Greening-Maßnahmen unter Berücksichtigung der Verwaltungs- und Kontrollaufwand beschäftigen sich verschiedene Forschungsprojekte.
Für die Förderperiode ab 2022 wurde den Mitgliedsstaaten zusätzlicher Gestaltungskompetenz eingeräumt. Die vorgesehenen Förderinstrumente wie z. B. die Eco-Schemes der 1. Säule können durch die Gestaltung eines Strategieplans für jeden Mitgliedsstaat individuell entworfen werden. Dadurch soll die ökologische Nachhaltigkeit der Landwirtschaft durch zielgenaue Maßnahmen gestärkt werden. Bei der Ausgestaltung der Förderlandschaft gibt es unterschiedliche Optionen. Entweder sollen die Maßnahmen möglichst großflächig umgesetzt werden. Dies bedeutet, dass für viele Betriebe die Prämien der Teilnahme die Kosten überwiegen müssen. Oder die Maßnahmen sollen einen möglichst hohen zusätzlichen Umwelteffekt je Flächeneinheit haben. Dies führt zu einer Präferenz für anspruchsvollen Umweltmaßnahmen, die nur auf wenigen Flächen umgesetzt werden können und oft hohe spezifische Umsetzungskosten haben.
Für eine gezielte Förderstrategie muss entschieden werden, ob niedrig umweltwirksame Maßnahmen flächendeckend auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche umgesetzt werden sollen und damit vielen Betrieben die Möglichkeit gegeben wird, Agrarumweltmaßnahmen durchzuführen, oder ob mit dem Budget bestimmte Standorte (Hot Spots) mit sehr ambitionierten Maßnahmen adressiert werden sollen. Damit ein Umwelteffekt erzielt wird, muss auf der Grundlage dieser Überlegungen ein Ambitionsniveau festgelegt werden.
Zielgruppe
Ministerien für Landwirtschaft und für Umwelt, Landwirte, Beratung, amtlicher Naturschutz, Agrarverwaltung, EU-Kommission
Vorgehensweise
Am Thünen-Institut für Ländliche Räume laufen mehrere Projekte, die sich mit gezielten Förderstrategien zu Erreichung von positiven Umwelteffekten auf landwirtschaftlichen Flächen befassen (siehe Links und Downloads). Ihre Ergebnisse dienen zur Ableitung von praxisnahen Empfehlungen zur Evaluierung und Neuausrichtung der GAP.
Daten und Methoden
In den Projekten werten wir vor allem Betriebsdaten der Bundesländer aus, um mehr über die Auswahl, die Umsetzung und die ökologische Wirksamkeit der GAP-Maßnahmen zu erfahren.
Zudem wurden in einem Promotionsvorhaben Expertenworkshops und Expertenbefragungen zum angestrebten Ambitionsniveau der GAP auf EU-Ebene durchgeführt.
Unsere Forschungsfragen
Wie setzen die Landwirte die freiwilligen Regelungen der GAP in der 1. Säule um, und wovon hängt ihre Entscheidung ab?
Welchen naturschutzfachlichen Mehrwert haben die durchgeführten Greening-Maßnahmen in der Förderperiode 2014-2022?
Wie könnte man den Nutzen des Greenings für den Naturschutz erhöhen?
Wie können für Landwirte betriebswirtschaftlich günstige Optionen aussehen, die gleichzeitig naturschutzfachlichen Mehrwert bringen?
Welche Präferenzen haben Experten für die Festlegung des Honorierungsniveaus für Agrarumweltmaßnahmen, einschließlich Ökoregelungen? Welche Rolle spielt dabei die Wirksamkeit der Maßnahmen?
Welches politische Förderinstrument aus Sicht von Experten eignet sich zur Bewältigung der Agrarumweltprobleme in den EU-Mitgliedstaaten? Wie sollte die räumliche Verteilung der Maßnahmen gesteuert werden?
Vorläufige Ergebnisse
Die Projekte zeigen, inwiefern neben politischen Vorgaben betriebs- und regionalspezifische Faktoren die Umsetzung der Greening-Maßnahmen und deren ökologische Wirksamkeit beeinflussen.
Links und Downloads
Im Rahmen dieses Dachprojektes werden folgende Projekte durchgeführt:
- Naturschutzfachliche Ausgestaltung von ökologischen Vorrangflächen (OEVForsch; BfN, 06/2015-12/2016)
- Evaluierung der GAP aus Sicht des Umweltschutzes (GAPEval; UBA, 09/2015-08/2017)
- Auswirkungen der neuen Rahmenbedingungen der GAP auf die Grünland bezogene Biodiversität (GAPGRÜN; BfN, 11/2015-03/2018)
- Evaluierung der GAP-Reform aus Sicht des Umweltschutzes anhand einer Datenbankanalyse von InVeKoS-Daten der Bundesländer (GAPEval2; UBA, 12/2017-12/2019)
- Naturschutzfachliche Entwicklungvon ökologischen Vorrangflächen - Effekte für die Biodiversität und landwirtschaftliche Praxis (OEVForsch2; BfN, 08/2017 - 06/2020)
- Evaluierung der Gemeinsamen Agrarpolitik aus Sicht des Umweltschutzes (GAPEVAL III, 7//2020 - 6/2023)
Thünen-Ansprechperson

Thünen-Beteiligte
- Ackermann, AndreaLV Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen
- Baum, SarahLV Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen
- Birkenstock, MarenLV Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen
- Johr, AlexanderLV Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen
- Osterburg, BernhardKB Stabsstelle Klima und Boden
- Schmidt, ThomasMA Institut für Marktanalyse
- Wegmann, JohannesLV Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen
Zeitraum
4.2015 - 12.2025
Weitere Projektdaten
Förderprogramm: BMUB - Umweltforschungsplan
Projektstatus:
läuft
Publikationen zum Projekt
- 0
Lakner S, Röder N (2024) Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU: Flaggschiff-Politik oder ewige Reformruine? Wirtschaftsdienst 104(3):159-164, DOI:10.2478/wd-2024-0047
- 1
Lakner S, Röder N (2024) Stilllegungs-Aus: Über den Tag hinaus denken. Top Agrar 53(5):54-55
- 2
Röder N, Krämer C, Grajewski R, Lakner S, Matthews A (2024) What is the environmental potential of the post-2022 common agricultural policy? Land Use Pol 144:107219, DOI:10.1016/j.landusepol.2024.107219
- 3
Haensel M, Scheinpflug L, Riebl R, Lohse EJ, Röder N, Koellner T (2023) Policy instruments and their success in preserving temperate grassland: Evidence from 16 years of implementation. Land Use Pol 132:106766, DOI:10.1016/j.landusepol.2023.106766
- 4
Pe'er G, Finn J, Diaz M, Birkenstock M, Lakner S, Röder N, Kazakova Y, Sumrada T, Bezak P, Concepción ED, Dänhardt J, Morales MB, Rac I, Spulerova J, Schindler S, Stavrinides M, Targetti S, Viaggi D, Vogiatzakis IN, Guyomard H (2022) How can the European Common Agricultural Policy help halt biodiversity loss? Recommendations by over 300 experts. Conserv Lett 15(6):e12901, DOI:10.1111/conl.12901