Expertise
Rohstoffmonitoring Holz
Dominik Jochem | 16.08.2022
Holz ist einer der wichtigsten nachwachsenden Rohstoffe. Aber wo wird Holz eingesetzt? Und wie groß ist das Aufkommen der einzelnen Sortimente? Die verfügbaren Statistiken weisen zum Teil erhebliche Lücken auf.
Die amtliche Statistik, in der die Produktion von Schnittholz, Holzwerkstoffen und Zellstoff erfasst wird, unterschätzt die Produktionsmengen der genannten Produkte teilweise um bis zu 20 Prozent. Zudem ist der Rohstoffmix zwischen Rohholz, Altholz und Reststoffen bei Holzwerkstoffen und Zellstoff in den amtlichen Statistiken nicht erfasst. Das liegt bei der amtlichen Statistik zur Produktion von Schnittholz vor allem daran, dass kleine Sägewerke und kleine Betriebe ihre Produktionsmengen nicht melden müssen. Ebenfalls unbekannt ist der Holzverbrauch von Privathaushalten und Biomasseanlagen.
Vor diesem Hintergrund hat das Thünen-Institut Waldwirtschaft eine neue Daueraufgabe übernommen, bei der es um die Ergänzung amtlicher Statistiken durch eigene Erhebungen und Schätzungen geht. Mit Befragungen z.B. von Sägewerken, Biomasseanlagen und Privathaushalten zur Holzverwendung erheben wir regelmäßig branchenbezogene Daten. So lässt sich eine belastbare, umfassende und zeitreihenfähige Datengrundlage für das Monitoring im Bereich Holz schaffen. Wir können dabei auf langjährige Arbeiten aufbauen, die an der Universität Hamburg unter Prof. Udo Mantau geleistet wurden und die wir mit ihm und seiner Firma Informationssysteme für Rohstoffe (INFRO) gemeinsam weiterentwickelt haben.
Die entstehende Datenbasis wird nicht nur vom Statistischen Bundesamt, sondern auch von Eurostat und den Vereinten Nationen genutzt. Das Rohstoffmonitoring Holz dient u.a. der Abschätzung der energetischen Holzverwendung, dem besseren Verständnis von Stoffkreisläufen und ist somit auch für Fragestellungen der Bioökonomie geeignet. Es liefert wesentliche Basisdaten für das Projekt Bioökonomie-Monitoring im Bereich Holz.
Aktuelle Ergebnisse
Sägewerke haben nach wie vor die größte Bedeutung für die Verwendung von Rohholz: Im Jahr 2016 wurden circa 36,2 Millionen Kubikmeter Rohholz in Sägewerken genutzt. Allerdings landen auch rund 18 Millionen Kubikmeter Rohholz und 10 Millionen Kubikmeter andere Holzrohstoffe wie z.B. Schnittholzreste oder Holzpellets in den Kaminen privater Haushalte.
Dagegen wird Altholz, also Holz, das bereits einen Verwendungszyklus durchlaufen hat, hauptsächlich in großen Holzheizkraftwerken verbrannt (ca. 11 Mio. Kubikmeter). Nur ein kleiner Teil (ca. 2 Mio. Kubikmeter) geht in die Herstellung von Spanplatten (Mantau et al. 2018).
2000 | 2010 | 2016 | Verwendung |
---|---|---|---|
30,3 | 37,3 | 36,2 | Sägeindustrie |
14,3 | 16,9 | 15,7 | Holzwerkstoffe |
7,2 | 10,6 | 9,8 | Holzschliff und Zellstoff |
3,7 | 2,3 | 1,7 | sonst. stoffliche Nutzung |
0,4 | 4,6 | 4,2 | Energieprodukthersteller |
8,6 | 22,6 | 23,0 | Energetisch > 1MW |
4,3 | 7,2 | 8,2 | Energetisch < 1MW |
12,0 | 33,9 | 28,3 | Hausbrand |
0,0 | 0,1 | 0,0 | sonst. energetische Verwendung |
0,0 | 0,0 | 0,1 | Bilanzausgleich |
80,8 | 135,4 | 127,2 | Insgesamt |
Das Rohstoffmonitoring Holz liefert auch wichtige Informationen zur Schätzung des jährlichen Holzeinschlags in Deutschland. Für die Einschlagsrückrechnung, die wir ebenfalls mit INFRO entwickelt haben, nutzen wir vorwiegend Daten aus dem Rohstoffmonitoring Holz. Diese kombinieren wir mit entsprechenden Handelsdaten sowie Daten zu Änderungen von Lagerbeständen und ermitteln so verwendungsseitig den Holzeinschlag in Deutschland.
Der jährliche Holzeinschlag ist die zentrale Größe zur Nutzung der Ressource Holz und damit eine wesentliche Kennzahl für die Beurteilung von Nachhaltigkeit und für die Abschätzung ungenutzter Rohholzpotenziale. Zusätzlich ermitteln wir u.a. über diese Größe die Kohlenstoffspeicherung in Wald und Holz. Die amtliche Einschlagstatistik unterschätzt den tatsächlichen Einschlag erheblich (siehe Abbildung oben).
Die Analysen zeigen, dass die amtliche Einschlagsstatistik nur etwa 79 Prozent des tatsächlichen Holzeinschlages erfasst (im Mittel von 1995 bis 2021). Das bedeutet, dass durchschnittlich jährlich ca. 14,1 Millionen Kubikmeter geschlagenes Holz nicht erfasst wurden. Die Ergebnisse der verwendungsseitigen Rückrechnung weichen im Durchschnitt (2003 bis 2012) um etwa 1,8 Millionen Kubikmeter (Erntefestmeter ohne Rinde) bzw. um ca. 2,4 Prozent von den Ergebnissen der dritten Bundeswaldinventur ab.
Im Rahmen der Einschlagsrückrechnung werden zunächst alle rohholzverwendenden Sektoren identifiziert und eine Analyse der Datenverfügbarkeit und Datenqualität durchgeführt. Sofern keine amtlichen Daten zur Verfügung stehen, oder die Datenqualität unzureichend ist, wird auf andere Datenquellen, wie z.B. das Rohstoffmonitoring Holz, Verbandsstatistiken oder andere empirische Studien zurückgegriffen.
Identifizierte Datenlücken in den verwendungsseitigen Statistiken werden durch individuelle sektorspezifische Modelle geschlossen. So werden etwa im Bereich der Sägeindustrie zunächst die durchschnittliche Ausbeute und der Erfassungsgrad der amtlichen Statistik geschätzt. Unter zusätzlicher Berücksichtigung des Außenhandels und der Änderung der Rohholzlagerbestände kann der Rohholzeinschlag rechnerisch bestimmt werden.
Genutzt werden die Daten sowohl für die nationale als auch internationale Berichterstattung. Dazu zählen auf nationaler Ebene u.a. die Waldgesamtrechnung und die Forstwirtschaftliche Gesamtrechnung. Auf nationaler Ebene werden sie ferner für die sogenannten Holzbilanzen verwendet. Auf internationaler Ebene fließen die Daten u.a. in den Joint Forest Sector Questionnaire (JFSQ) und in die European Forest Accounts (EFA) ein.