Weiter zum Inhalt
Expertise

Stress lass nach: Kann sich die Buche an den Klimawandel anpassen?

Pascal Eusemann, Katharina Liepe und Niels Müller | 26.01.2023


FG Institut für Forstgenetik

Auch die Buche leidet unter der zunehmenden Trockenheit in Deutschland. Am Thünen-Institut wird untersucht, wie sie mit Trockenstress umgeht und wie man ihr helfen kann, sich an den Klimawandel anzupassen.

Deutschland ist ein Buchenland. In den meisten Waldgebieten Deutschlands würde die Buche unter natürlichen Bedingungen die Hauptbaumart stellen. Nur in den trockensten Gegenden, auf den nassesten Standorten oder in den kältesten Lagen muss sie anderen Baumarten weichen. So war es zumindest bis vor Kurzem. Die Dürresommer ab 2018 haben aber auch der Buche zugesetzt. Fast überall in Deutschland hat sie deutlich gelitten, wie die letzten Waldzustandserhebungen zeigten.

Dass die im Zuge des Klimawandels erwarteten trockeneren und heißeren Sommer ihr zu schaffen machen, war nicht grundsätzlich unerwartet. Denn die Buche ist eine Baumart des gemäßigten, ozeanisch geprägten Klimas. Sie liebt vergleichsweise kühle, regenreiche Sommer und milde Winter. Das ganze Jahr über benötigt sie ausreichend Wasser und Niederschlag. Trotzdem war es eine Überraschung zu sehen, wie schnell und wie stark die Buchenwälder in nur wenigen Jahren geschädigt wurden.

Es ist daher von größter Wichtigkeit, besser zu verstehen, wie groß die Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der Buche gegenüber Trockenstress ist. Hiervon hängt ab, wie verbreitet sie in Zukunft bei uns sein wird und wie gefährdet sie in ihrer Funktion als wirtschaftlich und ökologisch wichtigste Laubbaumart ist.

Dabei ist gerade die Widerstandsfähigkeit gegenüber Trockenstress ein schwieriges Merkmal, denn sie unterliegt ganz verschiedenen Einflüssen. Die Fähigkeit zum Umgang mit Trockenstress kann sich genetisch bedingt schon zwischen einzelnen Bäumen stark unterscheiden. Außerdem unterscheiden sich Populationen in verschiedenen Regionen des europaweiten Verbreitungsgebiets deutlich voneinander. Buchen in wärmeren und trockeneren Regionen wurden durch die Evolution besser an Trockenheit angepasst als solche in kühl-feuchten Regionen. Aber auch die Umwelt hat einen maßgeblichen Einfluss. So bestimmen etwa die Dichte eines Buchenwalds oder lokale Unterschiede in der Bodenzusammensetzung, wie gut die einzelnen Bäume mit Trockenstress umgehen können.

Um diese vielen unterschiedlichen und sich gegenseitig beeinflussenden Faktoren zu trennen und gezielt die für die Anpassung an den Klimawandel wichtige genetische Komponente der Trockenstresstoleranz zu untersuchen, gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Thünen-Instituts, der Universität Freiburg und der Technischen Universität Dresden von mehreren Seiten an die Frage heran.

Wie groß ist der Anteil von Genetik und Umwelt auf die Trockenstresstoleranz?

Die Untersuchungen zu dieser Frage finden in einem ausgedehnten Buchenwald auf der Schwäbischen Alb statt. Auf mehreren sorgfältig ausgewählten Flächen wird zunächst die Verwandtschaft aller Bäume bestimmt. Dies geschieht mit denselben Methoden, die auch bei Vaterschaftsanalysen beim Menschen angewendet werden. Anschließend werden den Stämmen Bohrkerne entnommen. Diese enthalten in den Jahrringen Informationen zum Wachstum eines Baumes über sein gesamtes Leben hinweg. Mit ihrer Hilfe kann bestimmt werden, wie die Buchen auf die Umweltbedingungen in jedem einzelnen Jahr ihres Lebens reagiert haben und wie gut sie mit besonders warmen und trockenen Jahren umgehen konnten.

Verwandtschaft und Trockenstresstoleranz können dann gemeinsam betrachtet werden, um herauszufinden, ob sich Bäume innerhalb einer Familie in ihrer Trockenstresstoleranz mehr ähneln als nicht miteinander verwandte Bäume. So lässt sich der vererbbare Einfluss der Gene auf die Widerstandsfähigkeit gegenüber Trockenheit von dem eher zufällig verteilten Einfluss der Umwelt trennen.
 

Wie verteilt sich die Widerstandsfähigkeit gegen Trockenstress über das Verbreitungsgebiet der Buche?

Um Unterschiede zwischen Buchen aus verschiedenen Gegenden des europaweiten Verbreitungsgebiets zu untersuchen, werden sogenannte Herkunftsversuche genutzt. Dabei werden Buchenbestände (sogenannte Herkünfte) aus verschiedenen Teilen des Verbreitungsgebiets beerntet, Pflanzen aus dem Saatgut angezogen und unter identischen Umweltbedingungen kultiviert. Hierdurch kann man die Bäume direkt miteinander vergleichen und herausfinden, ob in der Natur beobachtete Unterschiede genetisch bedingt sind oder durch die Umwelt am Wuchsort hervorgerufen werden. Die Aussagekraft dieser Herkunftsversuche lässt sich noch weiter verbessern, indem man Buchen derselben Herkunft auf mehreren Flächen mit unterschiedlichen Umweltbedingungen pflanzt und vergleicht.

Auf drei Flächen in Schleswig-Holstein, Hessen und Baden-Württemberg wachsen Buchen aus 30 unterschiedlichen Herkünften aus ganz Europa gemeinsam miteinander. An diesen Pflanzen können Merkmale, die für die Widerstandsfähigkeit gegenüber Trockenstress verantwortlich sind, erfasst und direkt miteinander verglichen werden. Neben den schon erwähnten Bohrkernen werden hier auch Blattmerkmale und das Wuchsverhalten der Bäume untersucht. Durch diese Untersuchung lässt sich die Trockenstresstoleranz der Buche in unterschiedlichen Populationen innerhalb ihres gesamten Verbreitungsgebiets vergleichen.
 

Welche Gene sind für die Widerstandsfähigkeit der Buche gegenüber Trockenheit verantwortlich?

Ein dritter Ansatz will es ganz genau wissen und versucht herauszufinden, welche Gene im Einzelnen für die Widerstandsfähigkeit gegenüber Trockenstress verantwortlich sind. Dazu nutzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wiederum einen Herkunftsversuch. In diesem wachsen Buchen aus über 100 Beständen in ganz Europa.

Indem man nun bei allen diesen unterschiedlich angepassten, jetzt unter identischen Umweltbedingungen wachsenden Bäume vergleicht, wie sie auf Trockenstress reagieren, kann man die einzelnen an dieser Reaktion beteiligten Gene identifizieren. Damit das gelingt, muss man natürlich sämtliche Gene der Buche kennen. Darum muss das gesamte Genom, also die Gesamtheit aller Gene, aller untersuchten Buchen vollständig entschlüsselt werden. Außerdem muss eine ausreichend große Anzahl an Bäumen untersucht werden. Nur dann können die vermutlich zahlreichen beteiligten Gene mit ihrem jeweils nur kleinen Einfluss auf die Widerstandsfähigkeit des Baumes gegen Trockenheit sicher bestimmt werden.

Diese drei, in ihrem Vorgehen jeweils ganz verschiedenen Ansätze ermöglichen ein sehr genaues Verständnis darüber, wie die Buche mit Trockenheit umgeht. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler versprechen sich hiervon Aufschluss darüber, wie gut sich unsere Buchenwälder aus eigener Kraft an den Klimawandel anpassen können und wie diese Anpassung durch die gezielte Auswahl und Vermehrung besonders gut angepasster Buchen unterstützt werden kann.


Projekte

BucheTIG - Genetik und Dendroökologie der Rotbuche

Die Rotbuche ist die ökonomisch und ökologisch wichtigste Laubbaumart in Deutschland. Aufgrund ihrer Bedeutung für die Waldökosysteme kommt der Erforschung ihrer Angepasstheit und Anpassungsfähigkeit ein besonderer Stellenwert zu.

Mehr erfahren
BucheTIG - Genetik und Dendroökologie der Rotbuche

Nach oben