Wie jedes Jahr im Oktober hat der für die Fischerei zuständigen EU-Minister heute die Fangmengen und Bewirtschaftungsregeln für die Fischbestände der Ostsee für das kommende Jahr beschlossen. Aus Sicht des Thünen-Instituts für Ostseefischerei wurde dabei ein vernünftiger Kompromiss zwischen Schutz der Bestände und Erhalt der Fischerei gefunden. Für Ostsee-Scholle (maximale Fangmenge 11.313 Tonnen), Hering westliche Ostsee (788 Tonnen) und Dorsch östliche Ostsee (595 Tonnen, nur für Beifänge) bleiben die Regeln unverändert. Für Dorsch westliche Ostsee, der schon seit mehreren Jahren nur noch als Beifang gefangen werden darf, wurden die erlaubten Mengen erneut um 30 Prozent auf 340 Tonnen reduziert. Diese Höchstfangmengen liegen damit aber immer noch deutlich über dem, was die Fischerei im Jahr 2022 angelandet hat. Die Plattfischfischerei dürfte durch die Beifangquote daher nicht behindert werden. Für Sprotte wurden die Fangmengen um zehn Prozent reduziert, um den Fischereidruck so zu senken, dass er in den grünen Bereich liegt. Die Fänge für Hering in der zentralen Ostsee wurden entsprechend des Vorschlages des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) um 43 Prozent reduziert. Die EU-Kommission hatte dagegen eine Schließung der Fischerei vorgeschlagen. Mit dem jetzigen Beschluss ist einerseits eine zügige Erholung des Bestandes möglich, andererseits sind die Quoten noch hoch genug, um die Ausfischung der Sprottenquote zu ermöglichen. Hering wird in dieser Fischerei unvermeidlich beigefangen.
Institut für
OF Ostseefischerei
Fangmengen für die Ostsee: Situation bleibt 2024 angespannt
Aus deutscher Sicht betrifft die wesentliche Änderung für 2024 die Angelfischerei: Die wird auf Dorsch der westlichen Ostsee komplett eingestellt. Viele Jahre war Dorsch die wichtigste Zielart. Seit 2022 durften Angelnde schon nur noch einen Dorsch pro Tag fangen. Sollen die Fänge der wirtschaftlich wichtigen Freizeitfischerei weiter reduziert werden, bedeutet das automatisch die Schließung. Angelnde können nun nur noch Hering und Plattfische unreguliert in der Ostsee fangen. Für die Entnahme von Lachs und Meerforelle gelten dagegen starke Beschränkungen.
Der Fischereirat ist mit seinem Entschluss in einigen Punkten von den Vorschlägen der EU-Kommission abgewichen. Diese hatte größere Einschränkungen vorgesehen. So sollte insbesondere die gerichtete Heringsfischerei in der westlichen Ostsee für die kleine Küstenfischerei mit passiven Fanggeräten verboten werden. Damit wäre das Ende dieses Metiers beschleunigt worden und die Kompetenz der Fischerei in einer Zeit verloren gegangen, in der der Heringsbestand der westlichen Ostsee erste Anzeichen der Erholung zeigt. Entwickelt sich der Bestand weiterhin positiv, werden schon in wenigen Jahren wieder Fischer gebraucht, die Hering fangen können. Nach dem heutigen Beschluss kann die deutsche Küstenfischerei mit Stellnetzen und Reusen weiter 435 Tonnen Hering fangen
Das Ende der Heringsfischerei hätte auch bedeutet, dass sich die Datenlage verschlechtert und damit die Unsicherheiten der wissenschaftlichen Bestandsberechnung steigen.
Auch für Dorsch der westlichen Ostsee hatte die Kommission größere Reduzierungen vorgeschlagen, als sie der Rat nun beschlossen hat. Die gerichtete Fischerei ist bereits seit 2022 verboten. Die Fischerei spielt für die weitere Entwicklung des Dorschbestandes keine nennenswerte Rolle mehr – egal, ob die Fangmengen 100, 300 oder 500 Tonnen betragen. Der Bestand wird sich jedoch nicht erholen, wenn sich die Umweltbedingungen nicht drastisch verbessern. Zu hohe Nährstoffeinleitungen sorgen für ausgedehnte sauerstoffarme Zonen, der Klimawandel für eine starke Erwärmung der Meeresoberfläche. Der Dorsch wird zwischen zu warmem Oberflächenwasser und sauerstoffarmem Tiefenwasser „gesandwicht“ und verliert den größten Teil seines Lebensraums. Ohne eine Reduzierung der Nährstoffeinträge wird sich das Ökosystem Ostsee wohl nicht erholen, selbst wenn es keine Fischerei mehr gäbe.
Ansprechperson: Dr. Christopher Zimmermann