Institut für
SF Seefischerei
Weniger Betriebe, kaum Auszubildende: Fischerei, ein Berufsstand mit ungewisser Zukunft
Die Fischerei steht unter wirtschaftlichen und demografischen Druck. Der Brexit, der Verlust von Fanggebieten durch Naturschutz und Windparks und der Klimawandel lassen die Fischerei in eine unsichere Zukunft blicken. Ungefähr die Hälfte der deutschen Fischereibetriebe wurden im Laufe der Jahre 2002 bis 2021 aufgegeben (siehe Projekt Zukunftswerkstatt Küstenfischerei 2045). Trotz hoher Schwankungen bei den Fangmengen werden in der Nordsee ähnliche Erlöse wie vor 20 Jahren von nun weniger Unternehmen erwirtschaftet. Für die deutsche Ostseefischerei sind die Verluste dagegen fortwährend. Durch die aktuell sehr schlechte Bestandsentwicklung der Hauptfischarten Dorsch und Hering vor allem in der westlichen Ostsee wird eine Stabilisierung des Fischereisektors hier immer unwahrscheinlicher.
Mit der Aufgabe von Betrieben ist auch die Fischereiflotte im letzten Jahrzehnt (2012-2021) um ca. 20% geschrumpft. 2021 gab es noch 1.314 Trawler, Kutter und Boote, wovon ca. 400 als inaktiv gemeldet waren (Edebohls et al. 2022). Zudem ist die Flotte mit durchschnittlich rund 40 Jahren alten Fahrzeugen überaltert.
2021 waren selbständige Fischer in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig Holstein im Schnitt 58 Jahre alt, in Niedersachsen 50 Jahre alt. In der Tendenz sind Fischer an der Ostsee älter als an der Nordsee, Eigner größerer Fahrzeuge jünger als solche kleinerer Fahrzeuge. Die aktuellen wirtschaftlichen Risiken verschärfen zusätzlich zum demografischen Wandel die Sicherung von Fachkräften.
2022 besuchten nur acht junge Menschen im 1. Ausbildungsjahr Fachrichtung „Küsten- und kleine Hochseefischerei“ die Berufsschule.
Wie die deutsche Fischerei in Zukunft aussehen wird, ist ungewiss.
(Die Zahlen stammen vom Fischereiamt Bremerhaven, Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (LLUR) und dem Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei M-V Abt. Fischerei und Fischwirtschaft (LALLF) aus Mecklenburg-Vorpommern)
Gleich mehrere Forschungsprojekte des Thünen-Instituts nehmen diese anspannte Lage in den Blick:
- Strukturwandel Küstenfischerei
- Zukunftswerkstatt Küstenfischerei 2045
- CoastalFutures - Zukunftsszenarien zur Förderung einer nachhaltigen Nutzung mariner Räume
Für mehr Hintergrundwissen
- Lasner T, Barz F (2023)Küstenfischerei 2045: Erste Zielbilder der Thünen-Zukunftswerkstatt. Z Fischerei 3:4, (DOI:10.35006/FISCHZEIT.2023.22)
- Döring R (2023)Relative Stabilität in Zeiten des Wandels - Warum es lohnt, über die Fangquotenverteilung in Europa nachzudenken! Z Fischerei 3(Artikel 2):1-11 (DOI:10.35006/fischzeit.2023.26)
- Goti L, Hoof L van, Virtanen J, Guillen J, Barz F, Lasner T, Döring R, Stransky C, Ballesteros M, Brigaudeau C, Cepic D, Cozzolino M, Davidjuka I, Delaney A, Frangoudes K, Gomez S, Hadjimichael M, Jackson E, Kraan M, Liontakis A, et al (2023) Scientific, Technical and Economic Committee for Fisheries (STECF) - Social Data in Fisheries - update of the national profiles (STECF-23-14). Luxembourg: Publications Office of the European Union, iv, 73 p, JRC Sci Pol Rep 133702 (DOI:10.2760/31328)
- Bastardie F, Feary DA, Brunel T, Kell LT, Döring R, Metz S, Eigaard OR, Basurko OC, Bartolino V, Bentley J, Berges B, Bossier S, Brooks ME, Caballero A, Citores L, Daskalov G, Kempf A, Kühn B, Püts M, Taylor MH, et al (2022)Ten lessons on the resilience of the EU common fisheries policy towards climate change and fuel efficiency - A call for adaptive, flexible and well-informed fisheries management. Front Mar Sci 9:947150, (DOI:10.3389/fmars.2022.947150)
- Goti-Aralucea L, Berkenhagen J, Sulanke E, Döring R (2021) Efficiency vs resilience: The rise and fall of the German brown shrimp fishery in times of COVID 19. Mar Policy 133:104675 (DOI:10.1016/j.marpol.2021.104675)
- Döring R, Berkenhagen J, Hentsch S, Kraus G (2020)Small-scale fisheries in Germany: A disappearing profession? MARE Publ Ser 23:483-502 (DOI:10.1007/978-3-030-37371-9_23)
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